Rüstungsauftrag: Panzertürme aus der Steiermark

Zusammenfassung
- Maschinenfabrik Liezen sichert sich Großauftrag zur Lieferung von Turmgehäuse-Komponenten für den Panzer Leopard 2.
- Der Auftrag soll MFL als Schlüsselakteur in der Rüstungsindustrie etablieren und Arbeitsplätze sichern.
- MFL fordert politische Maßnahmen zur Sicherung österreichischer Wertschöpfung bei militärischen Aufträgen.
Lange wollte man in Liezen von Rüstungsaufträgen nichts mehr wissen. Denn vor mehr als 40 Jahren wurden bei der früheren Voest-Tochter Noricum die berühmt-berüchtigten Haubitzen GHN-45 gefertigt. Nachdem die GHN-45 illegal in den Iran und Irak verkauft worden waren, verursachte die Aufdeckung dieses Skandals ein politisches Erdbeben samt Strafprozess. Doch diese Zeit ist lange vorbei. Aus der Firma Noricum ging die Maschinenfabrik Liezen und aus dieser die heutige Maschinenfabrik Liezen und Gießerei GmbH (MFL) hervor.
Heute ist man wieder stolz in Liezen darauf, dass man einen Rüstungsauftrag an Land ziehen konnte. Auftragssumme: ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag. Die Steirer liefern an den deutsch-französischen Rüstungsriesen KNDS in den nächsten Jahren Komponenten für die Geschütztürme des Panzers „Leopard 2“.
KNDS ist aus einer Fusion der deutschen Krauss-Maffei Wegmann-Gruppe und der französischen Nexter-Gruppe hervorgegangen. KDNS Deutschland stellt diverse Panzer, Haubitzen und Mehrfachraketen-Werfer her.
Tonnenschwere Schweißkonstruktionen
Der Rüstungsauftrag sichert die Maschinenfabrik Liezen nicht nur wirtschaftlich ab, die mit 675 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2023 rund 122,29 Millionen Euro Umsatz und 12,68 Millionen Euro Bilanzgewinn verbuchen konnte. Die Liezener wollen künftig ein „Schlüsselakteur für Aufträge der Rüstungsindustrie“ werden. Im Zuge der Aufrüstung in Europa, die EU will 800 Milliarden Euro investieren, wollen die Steirer am lukrativen Rüstungskuchen mitnaschen.
„Die Verteidigungsindustrie ist ein Markt, in dem wir unsere Kompetenz und Leistungsfähigkeit erfolgreich einbringen können. Zugleich sichert dieser Auftrag Arbeitsplätze in unserer Region und stärkt damit den Wirtschaftsstandort Österreich“, sagte MFL-Geschäftsführer Herbert Decker am Freitag. „Wir sind unternehmerisch durch die massiven kostenmäßigen Mehrbelastungen der vergangenen Jahre gezwungen, uns neben unseren angestammten Märkten strategisch breiter aufzustellen, um langfristig überlebensfähig zu bleiben.“
Der Auftrag umfasst die Fertigung der Turmgehäuse für den Panzer „Leopard 2“.
Diese anspruchsvollen und tonnenschweren Schweißkonstruktionen gewährleisten den Schutz der Besatzung wie auch der hochtechnischen Systeme.
Jeden Rüstungskonzern zur Fertigung im eigenen Land zwingen
Dazu muss man wissen, dass der Kampfpanzer „Leopard 2A4“ ist auch das Hauptwaffensystem der österreichischen Panzertruppe ist. „Mit unserer jahrzehntelangen Expertise in der Fertigung hochqualitativer und präziser Schweißkomponenten und Gussteile leisten wir einen aktiven Beitrag, um diejenigen zu schützen, die uns schützen“, sagte Decker. Mit dem Auftrag legt die MFL den strategischen Grundstein für weiteres Wachstum in der Branche.
Erklärtes Ziel sei es, ein verlässlicher Fertigungspartner für Hersteller von gepanzerten Fahrzeugen und schwerem Equipment in Europa und den NATO-Staaten zu werden.
Das Portfolio der Liezener, die auch Güterwaggons bauen, umfasst neben Gehäusen für Geschütztürme, Panzerwannen und andere Baugruppen sowie Gussteile.
Wertschöpfung in Österreich
Bei der Produktion kann MFL auf eine der größten Schweißroboteranlagen Mitteleuropas zurückgreifen. Reinhard Haider, MFL-Geschäftsführer und Mitglied der Eigentümerfamilie, fordert in Richtung Politik, dass eine heimische Wertschöpfung bei öffentlichen Aufträgen zur Bedingung werde. „Große militärische Beschaffungsvorgänge des Bundesheers müssen vertraglich einen verpflichtenden Fertigungsanteil für den Wirtschaftsstandort Österreich sichern, so wie es im Regierungsprogramm auch endlich angesprochen wird“, sagte Haider. Während andere Staaten kompromisslos jeden Rüstungskonzern zur Fertigung im eigenen Land zwingen, verzichtet Österreich darauf. Das sei untragbar.
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