Rocket-Polizzen: Erste Klage gegen Ergo

Rocket-V-Polizze wurde mit einem Bild des startenden Space Shuttle beworben
Anleger wollen Versicherer für allfällige Verluste bei Lebensversicherungen in die Haftung nehmen.

Die Lebensversicherungs-Polizzen "Rocket" des Versicherers Ergo, die 14.000 Österreichern verkauft wurden, sorgen weiter für Wirbel. Die Polizze "Rocket V", die als "sichere Veranlagung" mit der "sensationellen Garantieverzinsung von 4,88 Prozent pro Jahr" im Vergleich zum Sparbuch beworben wurde, dürften für die Ergo zum Bumerang werden. Ihr Ertrag basiert auf Anleihen und Garantien der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG). Die Problembank wurde im Juli 2015 zur "Bad Bank" Immigon umfirmiert. Sie muss laut EU bis 2017 abgewickelt werden. Die Zinsen der Rocket-Polizzen werden am Ende der zehnjährigen Laufzeit fällig. Im schlimmsten Fall drohen den Anlegern herbe Verluste.

"Wir haben eine erste Musterklage für ein Ehepaar eingebracht, das 20.000 Euro in die Rocket-V-Polizze investiert hat. Es muss befürchten, dass Immigon am Ende der Laufzeit im Jahr 2020 die Anleihe nicht bezahlen kann", sagt Anwalt Lukas Aigner, ein Experte für Kapitalmarktrecht, zum KURIER. "Um sich Schadenersatz-Ansprüche gegen die Ergo zu sichern, müssen Anleger schon jetzt klagen, obwohl die Polizzen noch jahrelang laufen." Zur Erklärung: Nach österreichischem Recht verjähren Schadenersatzansprüche schon drei Jahre ab Kenntnis eines möglichen Schadens.

Aigner wirft Ergo vor, dass "Rocket V" gar kein richtiges Garantieprodukt sei. Die ÖVAG/Immigon ist nämlich gleichzeitig Emittent und Garantiegeber. "Die Garantie ist damit reine Makulatur, ein Verkaufstrick", wird in der Klage behauptet. Bei sorgfältiger Vorgangsweise hätte ein anderes Institut der Garant sein müssen.

Vom Staat gestützt

Auch sei die ÖVAG zum Zeitpunkt der Emission der Polizze im Jahr 2010 schon "erheblich angeschlagen" gewesen. "Bereits 2009 musste die ÖVAG mit einer Milliarde Euro aus dem staatlichen Banken-Hilfspaket gestützt werden", heißt es in der Klageweiter. Die Bad Bank Immigon hat laut eigenen Angaben den Ergo-Kunden zwei Rückkaufprogramme angeboten. Sie sollen zum Teil mit Verlusten angenommen worden sein. "Was unseren Mandanten bisher angeboten wurde, hätte zu Verlusten geführt", sagt Anwalt Aigner zum KURIER.

Selbst die Ergo räumt in einem Schreiben an den Anwalt ein, dass das (erste) Rückkaufprogramm im Juli 2015 "für Versicherungskunden schlichtweg nicht geeignet, sondern allein an institutionelle Investoren gerichtet war". Angeschrieben wurden aber auch die privaten Anleger.

Der Versicherer bestreitet auch, dass der Begriff Garantie "irreführend" ist. "Immigon ist nach wie vor verpflichtet, die Anleihe zum garantierten Endwert zurückzubezahlen", heißt es im Ergo-Schreiben an den Anwalt weiter. Sollte die Immigon selbst aber ausfallen, so der Versicherer, sprich pleitegehen, "haftet die Ergo nicht". Mit ihrer Musterklage wollen die Anleger nun den Versicherer in die Haftung nehmen.

Kein Schaden?

Die Klage soll dem Versicherer noch nicht vorliegen. Auch könne es keinen Schaden geben, sagt ein Ergo-Sprecherzum KURIER: "Die Rückkaufswert beim Rocket V liegt derzeit knapp 18 Prozent über den eingezahlten Prämien." Also keine Spur von Verlusten? Laut Werbung müsste dieser Wert heute aber schon bei 30 Prozent liegen. Dazu kommt, dass bei vorzeitiger Kündigung sieben Prozent nachträgliche Versicherungssteuer und ein Rückkaufabschlag anfallen. Immigon-Sprecher Thomas Heimhofer sagt zum KURIER: "Unser Ziel ist es weiterhin, die Anleihen zu bezahlen."

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