Riskanter Gesundheitscheck für Banken

Riskanter Gesundheitscheck für Banken
Harter Stresstest soll Europas Banken mehr Vertrauen bringen – birgt aber Gefahren.

Experten sind überzeugt: Die USA sind besser aus der Krise gekommen, weil sie ihre Bankenprobleme entschlossener angegangen sind. Stimmt nicht, widerspricht Vítor Constâncio, Vizepräsident der Europäischen Zentralbank. Europas Top-20-Banken hätten ihr Kapital seit der Krise um 289 Mrd. Dollar aufgestockt; ihre 20 US-Rivalen nur um 179 Mrd. Dollar, rechnete der Portugiese bei der 42. Jahreskonferenz der Nationalbank (OeNB) in Wien vor.

Europas Banken sind gesund: Den Beleg sollen ein Bilanzcheck und Stresstest liefern, dem sich die 128 größten Geldhäuser soeben unterziehen müssen. Schließlich will die EZB-Banken-Aufsicht (Single Supervisory Mechanism, SSM) sicher sein, dass sie keine Leichen im Keller findet, wenn sie am 4. November startet. 6000 Aufseher und Prüfer nehmen an die 135.000 Kreditverträge unter die Lupe, sagte SSM-Chefin Danièle Nouy. Die Behörde prüft, ob Geschäfte im Volumen von 3,72 Billionen Euro korrekt verbucht wurden. Danach kontrolliert ein Stresstest, ob die Kapitaldecke der Geldhäuser einen Wirtschaftseinbruch aushalten würde. Über das Ergebnis wird heftig spekuliert. "Blutspritzer an der Wand" müssten nicht unbedingt sein, aber ja, es werde Kandidaten geben, die durchfallen, lautete die Einschätzung von Aufsehern am Rande der Konferenz. Sonst würde die Prüfung nicht ernst genommen. Alle Schätzungen über den Kapitalbedarf kämen derzeit aber "aus der Kristallkugel".

Starker Euro kein Drama

Riskanter Gesundheitscheck für Banken
Axel Weber, chairman of UBS AG speaks during the annual meeting of the German business newspaper Handelsblatt in Frankfurt September 4, 2013. REUTERS/Ralph Orlowski (GERMANY - Tags: BUSINESS MEDIA HEADSHOT)
Axel Weber, Verwaltungsratschef der Schweizer Großbank UBS, sieht Analogien zu einer Gesundheitskontrolle. Diese sei zwar prinzipiell gut, aber riskant, wenn "einige Patienten, die einen Herzinfarkt hatten und gerade von der Intensivstation kommen, jetzt Belastungstests machen müssen", so Weber, viele Jahre Chef der Deutschen Bundesbank. Der Markt werde Banken, die erst auf Druck der Aufsicht aktiv werden, wohl kein Kapital zur Verfügung stellen – sie müssten schon vorher aktiv werden.

Zur Ukraine-Krise sagte Constâncio, die EZB rechne mehrere Szenarien durch. Noch seien die Märkte relativ ruhig. Sollte sich die Lage verschlimmern, wären die wirtschaftlichen Folgen aber massiv: Energiepreise würden steigen, auch Handel und Finanzsektor wären betroffen.

Die Klage der Industrie, dass der starke Euro die Exporte gefährde, bereitet OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny hingegen weniger Sorge: Österreichs Wirtschaft komme damit gut zurecht. Euro und Dollar seien auf lange Sicht in einem "vernünftigen Gleichgewicht". Vom Vorschlag, die EZB solle mit Dollarkäufen gegensteuern, halten die Notenbanker nichts.

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