Die Produktionsstätte der Fahrerhäuser hat diesen Schritt bereits hinter sich: 14 Stationen benötigt ein Fahrerhaus, um vollständig einsatzbereit zu sein. Und das in insgesamt zwei Tagen.
Auf gelben Plattformen können die bis zu zwei Tonnen schweren Kabinen leicht transportiert werden. Arbeiter hauchen ihnen Schritt für Schritt Leben ein – vom Gaspedal über den Sitz, bis hin zur Funkantenne. An jeder Station stehen Kommissionierwägen auf Rädern. Hat das Fahrerhaus seine letzte Montagestation passiert, folgt eine Dichtheitsprüfung: Hierzu wird das fertige Produkt vollständig in einem Wasserbecken versenkt. Die Fahrzeuge müssen sowohl Sandstürmen als auch heftigen Regenfällen oder klirrender Kälte trotzen können.
„Sie sind rasch beweglich und aufgrund ihrer geringen Höhe von 1,6 Metern haben die Mitarbeiter kein beengtes Arbeitsumfeld, können die gesamte Halle im Auge behalten“, sagt Kayser.
Die Wägen selbst werden von eigens ausgebildetem Personal mit allen Werkzeugen und Arbeitsmaterialien befüllt, die für den jeweiligen Schritt notwendig sind. „Für viele der Einzelteile haben wir eigene Werkstätten, etwa eine Schlosserei, Sattlerei, eigene Schweißplätze.“
Auch Laserschneiden ist – falls notwendig – möglich. Seit Rheinmetall mit dem Lkw-Hersteller MAN vor zehn Jahren ein Joint Venture gebildet hat, wurden in Wien Lkw für Streitkräfte in 62 Ländern produziert.
Allein dieses Jahr stellte RMMV 63 Stück für das Österreichische Bundesheer fertig, insgesamt hat das Verteidigungsministerium in den vergangenen drei Jahren 479 bestellt. 244 wurden bereits geliefert. Es ist davon auszugehen, dass weitere Bestellungen folgen werden – vor allem die Milizverbände des Bundesheeres haben noch einen hohen Bedarf an Fahrzeugen.
Vor allem die Deutsche Bundeswehr und die Britische Armee gelten als treue Kunden von RMMV, doch auch Australien hat kürzlich einen Folgeauftrag für 1.000 weitere Lastkraftwagen erteilt, mehr als 2.500 befinden sich bereits in Down Under. Weltweit sind rund 25.000 Logistikfahrzeuge von RMMV im Einsatz.
An jedem Fahrgestell haben die Arbeiter in Wien bis zu 1.000 Schrauben angebracht, auch hier läuft die Produktion nach demselben Prinzip wie bei den Fahrerhäusern. Es dauert nur eine Dreiviertelstunde – inklusive Sicherheitscheck der Schrauben – pro Arbeitstakt.
1.200 Menschen arbeiten im RMMV-Werk, wo derzeit strenge Maskenpflicht herrscht. Volumen-Einschränkungen durch die Corona-Pandemie hat das Unternehmen nicht: „Unsere Aufträge sind so langfristig, dass wir bis übernächstes Jahr ausgelastet sind“, sagt Kayser. Für fünf Wochen musste der Betrieb am Anfang des ersten Lockdowns schließen, mittlerweile gelten strikte Sicherheitsmaßnahmen: „Seit einigen Wochen bieten wir für unsere Mitarbeiter Schnelltests an, unser ausgefeiltes Hygienekonzept hat sich bewährt und auch die Abstandsregeln können bei uns gut eingehalten werden. Den Rückstand der fünf Wochen haben wir mittlerweile wieder aufgeholt.“
Ist das Fahrgestell fertig, folgt die Lackierung: An eine Vorrichtung an der Decke gehängt, kann es in einen Raum geschwenkt werden, wo ihm Arbeiter in Schutzanzügen die richtige Farbe verpassen. Ist der Prozess abgeschlossen, bringt die Vorrichtung – betriebsintern nicht umsonst „Karussell“ genannt – das Fahrgestell wieder in die Montagehalle zurück. Schrittweise wird das nackte Gestell mit Achsen, Hydraulikleitungen und Motor ausgestattet und mit dem Fahrerhaus verbunden, ehe es am „Quality-Gate“ zur finalen Überprüfung geht. Ein wichtiger Schritt – bietet RMMV doch für mindestens 30 Jahre Garantie.
Der Rheinmetall-Konzern
Zwei Säulen
Der mehr als 130 Jahre alte Konzern mit Sitz in Düsseldorf konzentriert sich einerseits auf Automobiltechnik, wie beispielsweise die Fertigung von Motorblöcken. Der zweite große Unternehmensbereich ist jener der Verteidigungswirtschaft.
Rheinmetall Defence
RMMV ist nur ein Teil dieser Sparte: Daneben produziert Rheinmetall Waffen und Munition sowie „Elektronische Lösungen“ – etwa Drohnenabwehrsysteme oder IT-Programme.
Rheinmetall und Corona
Mit dem Ausbruch der Pandemie begann der Konzern, Covid-19-Schutzausrüstung an staatliche Stellen in Deutschland zu liefern. Im Juli 2020 erhielt Rheinmetall etwa von der deutschen Bundesregierung den Auftrag, persönliche Schutzausrüstung im Wert von 16 Millionen Euro bereitzustellen.
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