Reichensteuer: Hollande entsorgt sein Prestigeprojekt

Reichster Franzose, unbeliebtester Präsident: Arnault und Hollande eröffneten im Oktober 2014 gemeinsam das Louis-Vuitton-Museum.
75-Prozent-Steuer brachte dem Präsidenten kein Glück und dem Staat kaum Geld.

Es grenzt schon an Kindesweglegung: Sang- und klanglos hat Frankreichs Präsident François Hollande sein einstiges Prestigeprojekt verabschiedet. Die Reichensteuer von 75 Prozent, die auf Jahreseinkommen über einer Million Euro anfällt, ist seit Anfang 2015 Geschichte.

Bei ihrer Ankündigung 2012 hatte die Steuer noch Entrüstungsstürme ausgelöst. Der reichste Franzose, Bernard Arnault, beantragte sogar die Staatsbürgerschaft in Belgien. Allerdings konnte der Chef des Luxusgüterkonzerns LVMH (Marken wie Louis Vuitton, Moët Hennessy oder Givenchy), dessen Familienbesitz auf 33,5 Milliarden Dollar taxiert wird, nicht belegen, dass sein Lebensmittelpunkt in Belgien liegt. Schauspieler Gerard Depardieu ergriff nach hitzigen Wortgefechten die Flucht und nahm den von Wladimir Putin angebotenen russischen Pass an.

"Kuba ohne Sonne"

Sogar in linken Kreisen war die hochprozentige Steuer umstritten. "Ich war dagegen, das war eine schlechte Idee", sagte Thomas Piketty vor zwei Monaten zum KURIER. Der Starökonom ist an sich ein vehementer Verfechter progressiver Reichensteuern. Er kritisiert jedoch, Hollande habe sich mit diesem "Symbolakt" eine tief greifende Reform ersparen wollen.

"Das ist Kuba ohne Sonne", ätzte der damalige Wirtschaftsberater Emmanuel Macron. Ausgerechnet: Der frühere Investmentbanker ist nun seit August 2014 Wirtschaftsminister und soll das Land unternehmerfreundlicher und wettbewerbsfähig machen. Ein Kurswechsel, den Präsident Hollande noch einmal unterstrich: "Frankreich ist fähig, sich zu wandeln", betonte er in seiner Neujahrsansprache.

Vermögenssteuer bleibt

Kein Wunder: Hollande ist massiv unter Druck. Nur noch jeder fünfte Franzose ist mit Hollandes Arbeit zufrieden – so schlecht wurde noch kein amtierender Präsident bewertet. Und im März entscheidet die EU-Kommission, ob Frankreich wegen der verfehlten Budgetpläne eine Geldbuße auferlegt wird.

Der Spitzensteuersatz von 75 Prozent war zuletzt ohnehin Etikettenschwindel. Ende 2012 hatte der Verfassungsrat das ursprüngliche Konzept zu Fall gebracht, sodass die Steuer von den Unternehmen eingehoben werden musste – und zwar effektiv nur 50 Prozent. Bezahlt wurden diese von 1000 Topverdienern aus 470 Firmen; laut Schätzungen flossen binnen zwei Jahren 420 Mio. Euro in die Staatskasse.

Ein Hochsteuerland für Wohlhabende bleibt Frankreich dennoch: Es hebt eine Substanzsteuer ein, wie sie auch AK und ÖGB vorschwebt. Für Privatvermögen abzüglich Schulden über 800.000 Euro fallen zwischen 0,55 und 1,5 Prozent an. Diese 1982 von Mitterrand eingeführte "Solidaritätssteuer" wirft mehr ab denn je: 2012 waren es 5,03 Mrd. Euro.

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