Nach Weihnachten boomt das Tauschgeschäft. Auf unterschiedlichen Webseiten verkaufen und tauschen vor allem junge Menschen ihr Gewand. Der KURIER hat vier Verkaufsplattformen getestet
Ob der Pullover, der kratzt, oder die Handtasche, die nicht gefällt: Nicht alle Weihnachtsgeschenke stoßen bei ihrem Empfänger auf so viel Freude, wie erhofft.
Weil das bekannt ist, finden drei Viertel der Österreicher es in Ordnung, solche unpassenden Präsente weiterzuverkaufen, wie die Second-Hand-Plattform Willhaben in einer Umfrage herausfand. So wird man die unliebsamen Teile los und bekommt gleichzeitig noch Geld dafür.
Gerade bei Klamotten liegt Second-Hand voll im Trend. Längst vergessen ist das staubig muffige Image von gebrauchter Kleidung. „Pre-loved“ oder „pre-owned“ nennt man die Teile heute, die auf unterschiedlichen Online-Portalen – von bazar.at bis shpock – verkauft und getauscht werden. Das schont die Umwelt, weil weniger neue Waren produziert werden müssen, und funktioniert recht einfach.
Es wird ein Account erstellt und Fotos von den Kleidungsstücken gemacht, die verkauft werden sollen, dazu braucht man noch einen kurzen Beschreibungstext, und nach nur wenigen Klicks ist die Anzeige online. Die Nutzung ist grundsätzlich kostenlos, außer Anzeigen sollen besonders hervorgehoben werden. Umsatz erzielen die Plattformen durch Werbung oder Vermittlungsgebühren.
Das Grundprinzip ist bei den meisten Anbietern gleich, aber wo sind die Unterschiede und welche App funktioniert am besten? Der KURIER machte einen Test und bot zwei Kleidungsstücke je eine Woche lang zum Verkauf auf verschiedenen Plattformen an.
Willhaben: Der größte Anbieter im Land
Auf dem größten österreichischen Anzeigenportal wird nicht nur mit Kleidung, sondern auch mit Elektrogeräten, Gebrauchtwagen oder sogar Immobilien gehandelt. Die große Auswahl in den einzelnen Kategorien erschlägt den Nutzer fast.
Wenn er seine Anzeige erstellt, entscheidet der Verkäufer, ob er für seinen Artikel den Postversand, die Selbstabholung durch den Käufer oder beide Optionen anbieten möchte. Wer die Versandkosten trägt oder wo man sich trifft, kann er sich mit dem Käufer dann im Chat ausmachen. Mit dem Service „Paylivery“ können aber vorgefertigt Angebote gesendet und die Bezahlung direkt über Willhaben abgewickelt werden – Käuferschutz vor Betrug inklusive.
Fazit: Trotz gut funktionierender App konnte Willhaben beim Verkauf von Kleidung aber nicht überzeugen: Nach einer Woche haben die beiden Anzeigen nur wenige Klicks erreicht und es hat sich kein einziger Interessent gemeldet. Vermutlich gehen in der unendlich wirkenden Menge an Anzeigen unauffällige T-Shirts einfach unter.
Vinted: Trendig und jung aus dem Ausland
Seit dem Jahr 2021 ist die Plattform aus Litauen unter dem Namen „Vinted“ in Österreich aktiv, davor hieß sie Kleiderkreisel. Gerade bei jungen Nutzern liegt sie im Trend. Auf der Startseite sind die Anzeigen nach Marken sortiert, ansonsten ist die App übersichtlich. Zwischen den Anzeigen sind immer wieder Werbungen eingebettet, die aber die Nutzung kaum stören.
Nach einem Kauf hat der Verkäufer sieben Tage Zeit, den Artikel zu versenden. Die Versandkosten bezahlt der Käufer automatisch, zum Teil ist die Versendung aber völlig kostenfrei. Der Verkäufer kann für seine Sendung zwischen den privaten Anbietern UPS, GLS oder Hermes wählen. Für den Käuferschutz fällt eine Gebühr von etwa ein bis zwei Euro an, abhängig vom Kaufpreis.
Fazit: In unserem Test wurden die beiden Artikel nach einer Woche von insgesamt neun Nutzern gespeichert. Trotzdem wollte nur eine einzige Person auch eines der Oberteile kaufen und hat ein Angebot gesendet – leider aber nur in Höhe von 6 anstatt der gewünschten 10 Euro.
Woher kommt eigentlich der Trend zu Second-Hand? Der KURIER hat bei Burcu Gözet nachgefragt. Sie ist Forscherin für Kreislaufwirtschaft am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.
Für junge Menschen ist gebrauchte Kleidung eine Frage des Stils. „Second-Hand-Mode steht für Individualität“, so Gözet. Der Aspekt des Sparens sei als Beweggrund in den Hintergrund getreten und nur als angenehmer Nebeneffekt zu betrachten, wie die Forscherin erklärt.
Umweltbewusstsein
Auch unter Älteren nimmt die Akzeptanz für gebrauchte Mode stetig zu. Diesen gehe es aber vor allem um die Nachhaltigkeit, so Gözet. Große Marken haben den Trend zum umweltbewussten Konsum aufgegriffen und bieten neben ihrem primären Markt mittlerweile häufig auch gebrauchte Optionen an. Diese stärken das Vertrauen in Second-Hand und befeuern den Hype so noch weiter.
Für die Umwelt bringt die Wiederverwendung von Kleidung große Vorteile, weil keine neuen Ressourcen benötigt und zusätzliche Treibhausgase und Textilabfälle vermieden werden. Was zunächst gut klingt, ist aber mit Vorsicht zu genießen: Die Kleidung müsse eine gewisse technische Qualität aufweisen, um sie länger tragen zu können, was vor allem bei billigen Fast-Fashion-Anbietern wie etwa Shein nicht der Fall ist, erklärt Gözet.
Außerdem müsste durch Second-Hand der Konsum neuer Kleidung sinken, damit die Umwelt profitiert. Dies sei aber aktuell nicht zu beobachten. „Der Kauf neuer Kleidung steigt ungehindert weiter und Second-Hand Kleidung wird zusätzlich dazu konsumiert“, so die Expertin.
Uptraded: Dating-App für Klamotten
Das jüngste Unternehmen im Test: Uptraded wurde 2022 mit Sitz in Wien gegründet und ist aktuell in Österreich und Deutschland verfügbar.
Auf dieser App wird nicht verkauft, sondern getauscht. Der Verkäufer stellt seine Kleidungsstücke mit Fotos und Beschreibung online und gibt den geschätzten Verkaufswert an. Dann werden in der App andere Kleidungsstücke in derselben Preiskategorie angezeigt und man kann diese wie auf einer Dating-App nach rechts oder links wischen („swipen“), je nachdem, ob das Teil gefällt oder nicht. Wenn ein „Match“ zustande kommt, sich also zwei Personen finden, die ihre Kleidungsstücke gerne tauschen möchten, können sie über die Chatfunktion einen Kleidertausch vereinbaren.
Fazit: Der Spaßfaktor beim „Swipen“ ist hoch. Negativ ist, dass man die Größe aller Kleidungsstücke kontrollieren muss, weil diese in allen Größen und nicht nur in der eigenen vorgeschlagen werden. Im Test kam außerdem kein „Match“ zustande und damit auch kein Tauschgeschäft.
Shpock: Flotter Verkauf, leider viel Werbung
Das ehemalige Start-up gehört zur österreichischen Russmedia, der Name Shpock ist kurz für „Shop in your Pocket“ („Shop in deiner Tasche“). Auf der Plattform werden nicht nur Kleidungsstücke, sondern unterschiedliche Artikel und Dienstleistungen gehandelt.
Die App ist übersichtlich, aber dass in sehr kurzen Abständen verschiedene Werbungen auf dem Bildschirm aufpoppen, ist nervig. Shpock lässt den Nutzern Freiraum beim Organisatorischen: So vereinbaren Käufer und Verkäufer etwa die Versandkosten einfach im Chat. Einen eigenen Betrugsschutz für Käufer gibt es nicht, bei der Zahlung mit Paypal über die Shpock-App greift der Schutzmechanismus des Zahlungsanbieters.
Fazit: Die App ist im Versuch der Testsieger für schnelle Verkäufe. Nur 20 Minuten nachdem die Anzeigen online gestellt wurden, kam das erste Angebot an. Bis zum nächsten Tag folgten insgesamt drei weitere Angebote für die Kleidungsstücke. Danach folgten aber keine weiteren Nachrichten.
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