Reformtempo in Deutschland, Österreich, Schweiz gebremst

Reformtempo in Deutschland, Österreich, Schweiz gebremst
2014 war "ein Jahr des Minus" für die Reformhoffnungen der Wirtschaft in Mitteleuropa.

Ein Jahr des Minus" nannte Michael Hüther, Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, das Jahr 2014 für die Reformhoffnungen der Wirtschaft in Mitteleuropa. Das Jahr zuvor sei noch eines des Stillstands gewesen, nun aber ginge es weiter überall bergab.

Am wenigsten nach unten ging es in Österreich, zumindest nach dem kompliziert berechneten Index: Das Minus im sogenannten "Reformbarometer" lag bei nur 0,1 Prozentpunkten. Die Schweiz hatte einen Rückgang von 0,6 Punkten im politischen Reformprozess, Deutschland sogar einen um einen ganzen Punkt.

Seit 10 Jahren erhoben

Das "Reformbarometer" wird seit genau zehn Jahren gemeinsam von Hüthers Institut, dem Schweizer Think Tank "Avenir Suisse" und der Wirtschaftskammer Österreich erarbeitet. Alle drei Institutionen werden überwiegend von der Wirtschaft finanziert.

Bei der Präsentation in Berlin begründete der Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung der WKÖ, Christoph Schneider, das österreichische Abschneiden mit dem "dritten Jahr der Tränen in Folge". Heuer werde wohl das vierte. Man habe Österreich diesmal sogar sehr wohlwollend beurteilt, "sozusagen als Vorschuss" auf die Hoffnungen der Wirtschaft, räumte Schneider gegenüber dem KURIER ein. Schlecht seien 2014 vor allem das Abgabenänderungsgesetz und die steuerliche Zusatzbelastung der Unternehmen gewesen, das belaste den Standort Österreich immer mehr.

Das gelte auch weiter für die Benachteiligung von Kapital, durch das die Unternehmens-Neuinvestitionen auf ein historisches Tief gefallen seien. Heute wirkten nur noch wenige Reformen der Regierung Schüssel von 2000 bis 2007 nach, als Österreich regelmäßig die Spitze des Barometers einnahm. Die Reformen seien meist "verpufft oder rückgängig gemacht worden", kritisiert WKÖ-Experte Schneider.

Der Schweizer Vertreter Gerhard Schwarz betonte den Charakter des Barometers: Es vergleiche nicht die absolute Wirtschaftskraft, sondern deren jährliche Veränderung in den Ländern zueinander. Die Schweizer seien laut aktueller Eurostat-Umfrage das glücklichste Volk Europas, deutlich dahinter rangierten Deutsche und dann erst die Österreicher. Politisch gäbe es aber eine Stagnation in der Schweiz. Das Land sollte versuchen, in der schwierigen Zuwanderungsfrage die Beziehungen zur EU nicht zu beschädigen.

Hüther warnte die deutsche Regierung vor überzogener Sozialpolitik, einem verfehlten Strommarkt und höheren Erbschaftssteuern.

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