RBI wächst wieder – aber vorsichtig

Johann Strobl führt die Raiffeisen Bank International (RBI) seit März 2017
Der Bank-Chef über künftige Ertragchancen, Russland und Polen.

Am 20. März 2017 hat Johann Strobl die Führung der Raiffeisen Bank International von Karl Sevelda übernommen. Dem KURIER erzählt er, wohin er die Bank in den nächsten Jahren steuern will.

KURIER: Seit Sie RBI-Chef sind, ist der Börsenkurs fast um 50 Prozent gestiegen. Wie haben Sie die Investoren überzeugt?

Johann Strobl: Die Investoren haben verstanden, dass das, was wir tun, gut für das Unternehmen ist. Wir haben uns auf Kernmärkte fokussiert, haben uns aus Asien und den USA zurückgezogen und: Wir haben in kurzer Zeit das Eigenkapital sehr gestärkt. Wir haben die gesetzten Ziele frühzeitig erreicht. Früher haben Investoren vielleicht bezweifelt, ob das nicht zu herausfordernd für uns ist.

Trauen Ihnen die Anleger jetzt mehr zu?

Was Sie auch gesehen haben ist, dass wir im Unterschied zu anderen Unternehmen, die so einen Umbau vornehmen, keine hohen Kostenbelastungen damit verursacht haben. Da sind wir mit großem Augenmaß vorgegangen. Die Kosten sind überschaubar. Und es ist den Anlegern bewusst geworden, dass das Geschäft der RBI, die Kunden, die Märkte gut sind. Das war lange von politischen Unsicherheiten überlagert.

Spielt die Verbesserung der Wirtschaftslage in Osteuropa nicht die Hauptrolle für den Aufwärtstrend der RBI?

Die erste Phase der wirtschaftlichen Verbesserung wurde von vielen übersehen. Das, was wir seit einiger Zeit sagen: die Fundamentaldaten sind gut. Jetzt sind sich auch die Wirtschaftsforscher einig, dass das noch einige Zeit so gehen wird. In den mittel- und osteuropäischen Ländern gibt es mehr Arbeitsplätze und auch die Löhne und Gehälter steigen.

Werden Sie etwas anders machen? Kommt nach den Jahren der Schrumpfung der Bank wieder Wachstum?

Was wir jetzt machen können, ist, dass wir sagen, wir können die gesamte Aufmerksamkeit auf unsere Kunden und das Wachstum legen. Wir haben keine Diskussionen mehr im Vorstand, was man schließen soll.

Alle Banken gehen in Richtung Digitalisierung. Auch die RBI?

Das werden wir jetzt sicher mehr machen. Wir sind im Bereich Digitalisierung mit der Tatra Banka, unserer slowakischen Tochter, führend und werden das auf die anderen Länder ausweiten. Und wir sind dabei, unsere Kooperation mit Fintechs zu verbessern. Es geht um engeren Kundenbezug. Aber wir bleiben eine Bank. Die Kunden rücken von der Idee, dass es eine Filiale in der Nähe gibt, nicht ab. Auch die Jungen nicht.

Sperren Sie keine Filialen mehr zu?

Wir bauen Filialen um: Selbstbedienung im Foyer und dahinter den Kontakt zu Beratern, so wie in Österreich. Aber es wird auch weitere Schließungen geben, weil Kunden früher regelmäßig in die Bank gegangen sind und jetzt gehen sie im Quartal nur noch selten. Ob und wo wir schließen, hängt von der Kundenfrequenz in der jeweiligen Filiale ab. Manches Mal reicht es auch, die Filiale zu verkleinern.

Sie haben zuvor gesagt, die Bank gehe wieder auf Wachstumskurs. Nur digital?

Digital ist nicht wirklich eine Wachstumsstrategie, sondern eine Möglichkeit, die Technik zu nutzen. Beim Kreditvolumen wollen wir einstellig wachsen. Das ist nichts Aggressives, aber eine deutliche Veränderung zu dem, was wir in den letzten Jahren gemacht haben. In Tschechien, der Slowakei und Rumänien könnte das Kreditwachstum höher sein, in Russland nicht. Dort wollen wir den Anteil halten.

Wieso so vorsichtig in Russland? Das ist der größte Gewinnbringer der RBI ...

Das stimmt. Viele Investoren und Analysten schätzen heute das wirtschaftliche Potenzial in Russland deutlich besser ein als vor einigen Jahren. Wir haben die Entscheidung getroffen, das Risikoprofil der Bank zu reduzieren und haben auch den Anteil des Kreditvolumens in Russland am Gesamtkreditvolumen reduziert. An dieser Entscheidung halten wir fest, weil es keinen wichtigen Grund gibt, davon abzugehen.

Mit dieser moderaten Wachstumsstrategie können Sie genug Erträge generieren?

Das ist die Idee. Wenn das Kreditwachstum zum Beispiel bei fünf Prozent im Jahr ist, bringt das über drei Jahre im Zinsüberschuss schon etwas.

Bisher hat die RBI das Ergebnis vor allem durch den Rückgang der Kreditrisikokosten erreicht, nicht aber operativ ...

Wir mussten unsere Kreditrisikokosten vor allem im Konflikt Russland-Ukraine erhöhen. Die Donbas-Region haben wir aufgegeben. Das ist verdaut. Wir glauben, die Ukraine ist jetzt stabil. Auch die Extrakosten aus dem Rückzug aus Asien sind inzwischen verdaut.

Muss die RBI weiter sparen?

Um das Ziel, beim Verhältnis Kosten zu Erträgen 50 bis 55 Prozent zu erreichen, wird das notwendig sein. Wir liegen aktuell bei knapp über 58 Prozent. Aber das Ziel kann nicht nur durch Kostensenkung erreicht werden, es muss auch Ertragsteigerungen geben. Ich gehe davon aus, dass zwei Drittel aus den Erträgen kommen, ein Drittel aus Kostensenkungen. Aber das Cost/Income-Ratio ist von allen Zielen, die wir bekannt gegeben haben, sicher das ambitionierteste.

Was müssen Sie noch tun?

In Polen haben wir schon bekannt gegeben, dass wir über 18 Monate 50 Millionen Euro einsparen müssen. Und in den anderen Ländern wird überall ein bisschen gespart werden müssen.

Wie geht es in Polen weiter?

Sobald wir die Zahlen vom Jahresende haben, starten wir die Börse-Vorbereitungen neu. Bis Mai 2018 muss das fertig sein.

Hoffen Sie auf einen besseren Preis als heuer?

Man muss das anders sagen. Wir haben die Verpflichtung und wir machen das. Aus heutiger Sicht sind zwei Entwicklungen für einen erfolgreichen Börsengang wichtig: Der Umbau der Polbank muss gelingen. Das haben wir in der Hand. Und die Unsicherheit über die Schweizer-Franken-Kredite muss reduziert werden. Das liegt in den Händen der Regierung in Polen.

Sind mit der Fusion RZB/RBI im Februar dieses Jahres die Zusammenschlüsse im Raiffeisenbereich erledigt?

Ich glaube, der Sektor hat sich entschieden, dass er jetzt einmal sagt, optimieren wir die Kooperation und schauen, was wir da an Kosten reduzieren können.

Der 58-jährige RBI-Chef hat nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften an der WU in Wien als Assistent gearbeitet. 1989 bis 1998 war er als Risikomanager und Treasurer bei der CA tätig, dann bei der Bank Austria, 2004 bis 2007 war er im Vorstand dieser Bank. Seit 2007 ist Strobl bei Raiffeisen.

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