"Die Deutschen sind die einzig Vernünftigen"
Auf völliges Unverständnis stößt Griechenlands Haltung bei RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek. "Syriza macht die bisherigen Reformen zunichte." Es sei eine Zumutung und Frechheit, ohne Konzepte um Geld zu bitten und dann noch zu verlangen "mischt euch nicht ein, was wir damit machen". Dies sei auch ungerecht gegenüber jenen Ländern wie Spanien, die die Regeln einhalten und ihre Sparvorlagen erfüllen.
Das Problem sei, dass Athen die Auflagen bisher nur ungenügend umgesetzt habe. So sei bei Pensions- und Gesundheitsreformen noch nichts passiert, die Privatisierungen hätten erst fünf von ursprünglich 50 Milliarden Euro erzielt und es gebe noch immer 120.000 Beamte zu viel.
Die Probleme des Landes liegen laut dem Experten weit in der Vergangenheit. Der Industrieanteil betrage unter zehn Prozent, die Löhne seien nominell um neun Prozent im Jahr gestiegen. "Es gab die höchsten Gehälter bei gleichzeitig niedrigster Produktivität", sagt Brezinschek. Ein Zu-Tode-Sparen erkennt er nicht. "Die Griechen liegen jetzt auf dem Niveau von 2005 und verdienen mit 72 Prozent des EU-Schnitts ungefähr so viel wie die Portugiesen."
Generell sieht Brezinschek in der Haltung der Griechen eine Umkehr der "Täter-Opfer-Rolle", die auch Österreichs Kanzler Faymann beeindruckt habe. Ironisch schlägt er daher vor, auf die Steuerreform zu verzichten, indem Österreich seine direkten Forderungen von rund 5,8 Mrd. Euro abschreibt.
Lob gibt es hingegen für die Deutschen. "Sie sind die einzigen Vernünftigen." Einen Grexit hält er zu 30 Prozent für möglich. "Besser ein Ende mit Schrecken", ist er dem Szenario nicht abgeneigt, sollten die Griechen weiter stur bleiben.
Ähnlich wie Brezinschek schätzt Ulrich Kater, Chefökonom der deutschen Dekabank (Wertpapierhaus der Sparkassen) die Chance für einen Grexit mit 25 bis 30 Prozent ein. Die unmittelbaren Folgen könnte Euroland dank neuer Institutionen jetzt besser in den Griff bekommen als vor vier Jahren. Mittelfristig wäre ein Grexit für den Euro aber negativ. An den Kapitalmärkten wäre dann klar: "Austritte sind möglich." Das schwäche den Euro.
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