Razzia bei Hausverwaltung

Mit Aufschlägen auf Handwerkerrechnung dreht die IVS die Preisspirale hoch
Verdacht des gewerbsmäßigen Betrugs bei IMV-Schwester IVS.

Es ist ein beachtliches Imperium, das die Wiener IMV Immobilien Management GmbH in den vergangenen Jahren aufgebaut hat: Mit mehr als neun Millionen Quadratmeter Fläche ist die IMV nach Eigendefinition Österreichs größte Hausverwaltung. "Wir machen das", lautet der Slogan des Unternehmens, das bis zum 25. März dieses Jahres – indirekt über Zwischengesellschaften – Wolfgang Macho, Michael Tojner und Dr. Jelitzka & Partner gehörte. Ob die IMV ihrem Slogan weiterhin folgen kann, ist allerdings fraglich.

Denn Mitte der vergangenen Woche rückten Beamte der Wiener Staatsanwaltschaft in den Büros der IVS, der für die Abwicklung von Hausreparaturen zuständigen Schwesterfirma der IMV, in der Wiener Paulanergasse ein. Der Grund: Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sechs Personen und zwei Firmen wegen des Verdachts auf ein "gewerbsmäßiges Betrugssystem im Sinne der § 146 ff Strafgesetzbuch", wie es in der Anzeige, die dem KURIER vorliegt, heißt. Bis zu zehn Jahre Haft stehen darauf.

Über Jahre hinweg soll über die IVS Schadensmanagement GmbH laut Anzeige Folgendes gelaufen sein: Die IVS reichte im eigenen Namen manipulierte Rechnungen für Schäden an Gebäuden, die von der IMV verwaltet werden, bei Versicherungen ein – und zwar mit saftigen Aufschlägen von 20 bis 50 Prozent auf die Originalrechnungen der Handwerker. Der Professionalist erhielt den Betrag, den er in Rechnung stellte, die Differenz streifte IVS ein.

Ewald Scheucher, der Rechtsanwalt, der den Ex-Kunden Wienwert vertritt, die die Anzeige eingebracht hat, geht von Tausenden Schadensfällen aus. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls hat bisher bei zwei Versicherungen 6000 solcher Schadensfälle festgestellt. Geschädigt wurden durch das "System IVS" nicht nur Versicherungen, sondern auch Hauseigentümergemeinschaften in jenen Fällen, in denen die Reparaturen kein Versicherungsfall waren. Die IMV selbst betont, dass die Aufschläge in der Branche üblich seien (siehe Artikel unten).

"Geschulte" Mitarbeiter

Die IVS baute ihr System jedenfalls äußerst akribisch auf. Neue Mitarbeiter wurden detailliert in die "Rechnungslegung IVS" eingeführt, wie eine dem Akt beigelegte Aufzeichnung eines Ex-Mitarbeiters zeigt.

Schritt eins: Umschreiben der Professionalistenrechnung auf IVS-Rechnung; Aufbereiten der IVS-Rechnung; Berechnung mit IVS- oder Versicherungsaufschlägen der einzelnen Positionen. Und wörtlich heißt es in diesen Anweisungen: "Wichtig ist hier, dass keinesfalls die Professionalistenrechnungen an den Scan angefügt werden, ansonsten wissen die Versicherer unsere Aufschläge."

Vertrauensleute

Rechtsanwalt Scheucher zieht den Schluss, dass das System vermutlich nur "bei ausgewählten Versicherungsanstalten funktioniert", in welchen die IVS über einen persönlichen Zugang – das heißt eine Vertrauensperson, die die jeweiligen Machenschaften deckt – verfügt. Andere Versicherungsanstalten würden die von der IVS vorgelegten Rechnungen vielleicht nicht anerkennen, wird in der Anzeige gemutmaßt.

Seltsam ist für Scheucher auch die Tatsache, dass die IVS Ende März verkauft wurde. "Genau in einer Zeit, als die Ermittlungen seitens der Wienwert auf Hochtouren liefen", wie er sagt. Über die Gründe des Verkaufs kann nur gemutmaßt werden. Es könnte sein, dass sich Tojner und Dr. Jelitzka & Partner, die sich nicht unter den Beschuldigten finden, damit aus dem Schussfeld nehmen wollten.

Seitens der IVS Schadensmanagement GmbH sieht man die Causa nicht nur naturgemäß anders, sondern fügt ihr noch ein Kapitel hinzu. Die Vorgeschichte sei der "wahre Kriminalfall" hinter der Causa, erklärt Rechtsanwalt Nikolaus Rast, der die angezeigten Gesellschafter vertritt.

Ende 2014 schluckte eine Beteiligungsholding aus dem Firmengeflecht die "Susanna Rösch Hausverwaltung GmbH" – selbstredend samt den Mitarbeitern und Verwaltungsobjekten. Der Deal erwies sich als "faul", sagt Rast, da sich wenig später mehrere Mitarbeiter mit 40 Prozent des Geschäfts in eine neu gegründete Hausverwaltung verabschiedet hätten.

Die Betroffenen seien wegen Verstoßes gegen vertragliche Konkurrenzklauseln mit Schadenersatzklagen eingedeckt worden. Die darauf folgende Strafanzeige wertet der Anwalt als "vollkommen haltlose Retourkutsche". Das wiederum weist der gegnerische Anwalt Ewald Scheuch "vehement zurück. Mit der Strafanzeige hat das nichts zu tun", betont er. Laut Rast steht nicht nur die IVS am Pranger, sondern ein übliches Geschäftsmodell einer "umfassenden Schadensabwicklung", die auch von Mitbewerbern angeboten werde. Waren die IVS-Honorare überzogen, wie es die Anzeige nahelegt? Rast bestreitet dies vehement. Die durchschnittlich in Rechnung gestellten "zehn bis fünfzehn Prozent sind branchenüblich". Man habe nach dem Bestbieterverfahren agiert und sich innerhalb der Deckungszusage der Versicherung bewegt.

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