Privatkonkurs: Streit um Mindestquote

Privatkonkurs: Streit um Mindestquote
Zwei Drittel der Privat-Pleitiers erfüllen die mit den Gläubigern ausgemachten Zahlungen.

Vor 20 Jahren wurde das so genannte Schuldenregulierungsverfahren, besser bekannt als Privatkonkurs, eingeführt. Fast 110.000 überschuldete Personen haben seit 1995 diese Möglichkeit der Sanierung ihres privaten Haushalts in Angriff genommen.

„Die Zahl der Privatkonkurse ist in den vergangenen neun Monaten um sieben Prozent auf 7149 Fälle zurückgegangen“, weiß Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform. „6300 Verfahren konnten auch eröffnet werden, der Rest musste mangels Vermögens abgewiesen werden.

Abschaffung der Mindestquote gefordert

„Es gibt in Österreich derzeit über 300.000 überschuldete Personen. Jährlich werden etwa 9.000 Privatkonkurse eröffnet. Hier bleiben viele Menschen auf der Strecke“, meint Berîvan Aslan, Konsumentenschutzsprecherin der Grünen."Vielen hoffnungslos überschuldeten Menschen bleiben ein finanzieller und gesellschaftlicher Neustart verwehrt, weil sie sich die Kosten des Privatkonkurses einfach nicht leisten können, oder die geforderte Mindestschuldenrückzahlungsquote nicht erreichen können.“ Stattdessen sind sie ihr Leben lang mit Pfändungen und Exekutionen konfrontiert. Als einziger Ausweg bleibt ihnen oft nur mehr das gesellschaftliche Abtauchen.

„Wir müssen uns endlich von der eigentümlichen Vorstellung verabschieden, dass ein Privatkonkurs ein Instrument der Erziehung oder Bestrafung ist“, fordert Aslan. „Es ist lächerlich zu glauben, dass mit dem Abschaffen der Mindestquote die Zahlungsmoral der SchuldernInnen in den Keller rasseln würde. Niemand überschuldet sich freiwillig.“ Die häufigsten Gründe für Schulden sind Arbeitslosigkeit oder eine gescheiterte Selbstständigkeit. Berîvan Aslan: „Daher können wir nicht länger an der zu oft unerreichbaren Mindestquote festhalten.“

Mindestquote muss bleiben

Gerhard Weinhofer, vom Gläubigerschutzverband Creditreform, kann diese Ansicht überhaupt nicht teilen. Laut Creditreform hat der durchschnittliche Privat-Pleitier rund 70.000 Euro Schulden. Die Privatschuldner haben in der Regel Kredite aufgenommen, Möbel angeschafft, ein Auto oder einen TV-Gerät gekauft oder Verträge mit Telekommunikationsunternehmen abgeschlossen. Sie haben Leistungen erhalten, aber dabei ihr Haushaltbudget massiv überschritten. Zugleich gibt es aber auch immer wieder Fälle, bei denen Scheidung, Arbeitslosigkeit oder Erkrankung in die finanzielle Bredouille geführt hat.

„Warum sollte ein Gläubiger Zahlungen an seine Schuldner leisten, wenn er keine Mindestquote erfüllen muss“, sagt Insolvenzexperte Weinhofer im Gespräch mit dem KURIER. „Warum sollte dann jemand einen Job annehmen, wenn er seine keine Mindestquote aufbringen muss.“ Nachsatz: „Die Abschaffung der Mindestquote im Privatkonkurs wäre ein falsches Zeichen an die Gesellschaft.“

Schwierige Situationen

Der Privatkonkurs kann in zwei verschieden Verfahren, dem Abschöpfungsverfahren oder dem Zahlungsplanverfahren, abgewickelt werden.

Im Abschöpfungsverfahren muss ein Privat-Schuldner laut Weinhofer seinen Gläubigern innerhalb von sieben Jahren zumindest zehn Prozent Quote zahlen. Das heißt: Von seinem Lohn oder Gehalt wird in der Regel der pfändbare Teil bis auf das sogenannte Existenzminimum (857 Euro im Monat) abgeschöpft. Diesen pfändbaren Teil überweist der Arbeitgeber direkt an einen Treuhänder, der das Geld verwaltet und dann an die Gläubiger aufteilt.

„Erfüllt der Schuldner diese Quote von zehn Prozent in sieben Jahren, wird ihm die Restschuld erlassen und er kann neu durchstarten“, sagt Weinhofer. „Er kann aber auch schon nach drei Jahren von der Restschuld befreit werden, wenn er 50 Prozent der Schulden zurückgezahlt hat.“ Das Abschöpfungsverfahren hat aber oft böse Konsequenzen: Die Arbeitnehmer werden von ihren Arbeitsgebern mitunter gekündigt, sobald diese von der misslichen Lage des Mitarbeiters erfahren. Oft wollen die Arbeitgeber laut Weinhofer den damit verbundenen buchhaltärischen Aufwand nicht übernehmen.

Der Zahlungsplan

Rund 70 Prozent der Privatkonkurse werden als Zahlungsplanverfahren abgewickelt. In diesem Verfahren werden weder der Arbeitgeber informiert noch wird ein Treuhänder eingesetzt. „Hier wird zwischen dem Schuldner und den Gläubigern eine Quotenhöhe und eine Laufzeit festgelegt, zum Beispiel 20 Prozent Rückzahlung in fünf Jahren“, sagt Weinhofer. „Vorab muss die Mehrheit der Gläubiger den Zahlungsplan absegnen.“ Nachsatz: „Mehr als zwei Drittel der Zahlungsplanverfahren werden erfüllt.“

Auch seien die Kosten eines Privatkonkurses relativ gering, so Weinhofer. Sind alle drei Gläubigerschutzverbände AKV, Creditreform und KSV1870 beteiligt, fallen laut Weinhofer lediglich einmalig 360 Euro an Kosten an.

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