Private Pleiten: Mama, den Konkurs hamma

Private Pleiten: Mama, den Konkurs hamma
Die Zahl der Privatkonkurse steigt. Nun soll die Laufzeit der Pfändung von derzeit sieben Jahren verkürzt werden.

Nichts geht mehr. Nach drei Jahren war der Traum vorbei, doch die Schulden in Höhe von 140.000 Euro sind geblieben: Frau R. ist als Pächterin eines Kaffeehauses in die Pleite geschlittert. Jetzt wohnt sie bei ihrer Tochter, weil sie sich eine eigene Wohnung nicht mehr leisten kann. Die Schulden bei mehreren Banken betragen 75.000 Euro und das Finanzamt wollte 40.000 Euro eintreiben. Die restlichen Verbindlichkeiten entfallen auf die Sozialversicherung und Lieferanten.

Wenn nichts mehr geht, hilft nur noch der Privatkonkurs. Für Frau R. war das die einzige Chance, zumindest mittelfristig ihre Schulden loszuwerden. Damit ist sie kein Einzelfall. Rund ein Drittel der Privatkonkurse betreffen ehemalige Unternehmer. Die restlichen zwei Drittel sind Konsumenten, bei denen die Ausgaben für Einkäufe deutlich größer waren als die Brieftasche.

Anstieg

Die Krise sorgt für Nachschub, die Zahl der Privatkonkurse ist deutlich gestiegen. 2001 wurden 3184 Verfahren durchgeführt, 2011 waren es bereits 9632. Das ist verglichen mit 2010 ein Plus von vier Prozent. Der Geschäftsführer des Dachverbandes der gesetzlich anerkannten Schuldenberatung, Hans W. Grohs, rechnet heuer mit dem hunderttausendsten Privatkonkurs in Österreich.

Seit mehreren Jahren wird über eine Änderung der Rahmenbedingungen für den Privatkonkurs verhandelt. Laut Justizministerium soll bei einer Enquete im Frühjahr die Reform finalisiert werden. Grohs wünscht sich eine „Erleichterung des Zugangs zum Privatkonkurs“.

Derzeit bedeutet ein Privatkonkurs sieben Jahre darben. Denn in dieser Zeit wird das Einkommen des Schuldners gepfändet. Übrig bleibt in jedem Fall das Existenzminimum von 814 Euro monatlich. Bei einem höheren Einkommen bleibt auch mehr als das Existenzminimum übrig. Für die exakte Berechnung gibt es Pfändungstabellen, Unterhaltszahlungen werden berücksichtigt. Bei einem Nettobezug von monatlich 1450 Euro bleiben nach der Pfändung etwa 1000 Euro für den Lebensunterhalt.

Österreich soll nicht länger in Europa das Schlusslicht bei der Entschuldungsdauer bleiben“, drängt Grohs auf eine Verkürzung der Laufzeit der Pfändung von sieben auf maximal fünf Jahre. „In Österreich wird die moralische Keule geschwungen. Dabei ist eine Entschuldung volkswirtschaftlich sinnvoll. Die Leute zahlen Steuern und driften nicht in die Schwarzarbeit ab.“

Grohs zweites Anliegen ist die Reduktion der Rückzahlungsquote von derzeit mindestens 10 Prozent. Nur wenn der Schuldner nach sieben Jahren diesen Wert erreicht, hat er einen Rechtsanspruch auf Entschuldung. Ansonsten entscheidet der Richter, ob weniger auch genug ist.

Hans-Georg Kantner, Leiter Insolvenz beim Kreditschutzverband von 1870, sieht keinen Grund, diese Rückzahlungsquote abzuschaffen. Ob eine Verkürzung der Laufzeit von sieben Jahren akzeptabel ist, hänge vom Gesamtpaket ab. Kantner: „Eine maßvolle Reduktion kann Teil eines Kompromisses sein. Es hat niemand etwas davon, wenn Menschen insolvent sind, sich vorm Exekutor verstecken und keinen ordentlichen Job bekommen.“

Entschuldung: 20 Prozent schaffen es nicht

Die Möglichkeit, beim Bezirksgericht Privatkonkurs anzumelden, gibt es seit 1995. Voraussetzung dafür ist ein regelmäßiges Einkommen. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen für die Außenstände keine Zinsen mehr gezahlt werden. Zwischen 80 und 85 Prozent schaffen laut KSV die Entschuldung. Der Rest bleibt auf seinen Schulden sitzen, weil die Rückzahlungsquote nicht erreicht wurde.

Der Privatkonkurs ist ein zweistufiges Verfahren. Zuerst wird versucht, eine außergerichtliche Einigung zwischen dem Schuldner und seinen Gläubigern zu erreichen. Die Rückzahlungsquote ist Verhandlungssache. Bisweilen akzeptieren die Gläubiger auch Rückzahlungsquoten deutlich unter 10 Prozent.

Wenn keine Einigung zustande kommt, wird der Schuldner sieben Jahre lang bis auf das Existenzminimum gepfändet.

Beratung: Gratis und vertraulich

Gemeinnützig Die staatlich anerkannte Schuldenberatung bietet Einzelpersonen und Familien kostenlose und vertrauliche Hilfe zur Selbsthilfe an. Die Beratungsstellen sind gemeinnützige Organisationen, die hauptsächlich von den Ländern finanziert werden. Für Wien lautet die Nr: 01 33 08 735, die Bundesländer-Kontakte gibt es im Internet unter: www.schuldnerberatung.at

Kostenpflichtig Es gibt auch private Anbieter, die ebenfalls Schuldner beraten. Diese Beratung ist aber kostenpflichtig.

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