Preisabsprachen-Verdacht: So wurde im Straßenbau gemauschelt

Preisabsprachen-Verdacht: So wurde im Straßenbau gemauschelt
Mit „Kampfschutz“ und „Vollschutz“ sollen Baufirmen Aufträge an Land gezogen haben.

Am 29. August 2014 hat die Arbeitsgemeinschaft (Arge) Straßenbau 2014, bestehend aus den Firmen Strabag, Kostmann und Terrag-Asdag (Porr), ein Angebot in Höhe von netto 5,157 Millionen Euro beim Magistrat Klagenfurt abgegeben. Es handelte sich dabei um die Ausschreibung für den Jahresbauvertrag. Die Arge hat den Zuschlag erhalten, weil die Angebote der Mitbewerber deutlich höher waren.

Das soll kein Zufall gewesen sein. Glaubt man dem Prokuristen der Kärntner Baufirma Kostmann, der als „Kronzeuge“ die Tiefbaubranche belastet, dann sind jene Baufirmen, die nicht zum Zug kamen, von der Arge entschädigt worden – in dem Fall mit 0,5 bis zu 1,25 Prozent des Angebotspreises. Die Baufirmen sollen dieses Vorgehen zuvor abgesprochen haben.

Am Ende sollen zehn „unterlegenen“ bzw. an der Ausschreibung nicht teilnehmenden Baufirmen 8,05 Prozent als „Ausgleich“ gutgeschrieben worden sein; umgerechnet machte das fast 414.000 Euro aus. Laut Zeugen nennt man das in der Baubranche „Vorkosten“.

Bei den Klagenfurter Jahresbauverträgen für die Jahre 2006, 2010 und 2012 besteht ebenfalls ein Verdacht von Mauscheleien; der Prokurist hat über diesbezüglichen „Besprechungen“ penibel Buch geführt. „Ich habe das System nicht erfunden. Als ich dazugekommen bin, war es bereits etabliert“, gab er zu Protokoll. Er ist dort seit Juli 2006 an Bord.

81 Landesbaustellen

Der Skandal um mutmaßlich illegale Preisabsprachen in der heimischen Tief- und Straßenbaubranche, den die Ermittler des Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung (BAK) akribisch aufarbeiten, hat viel größere Ausmaße, als bisher bekannt. Offenbar geht es um mehr als 350 Bauprojekte und gut 70 Baufirmen samt Asphaltwerken.

Alleine 81 Landesbaustellen-Projekte in Niederösterreich werden derzeit von den Ermittlern durchleuchtet.

Dazu sollen in der Straßenbaubranche zwei Absprachevarianten ausgetüftelt worden sein. Der „ Kampfschutz“ und der „Vollschutz“. Beim „Kampfschutz“ soll sich eine kleine Gruppe von vier bis fünf Baufirmen abgesprochen und sich gegenseitig die Angebote vorab offengelegt haben. Der Billigstbieter kam dann zum Zug, weil die anderen Mitbewerber entweder höhere Angebote oder gar keine legten. In diesem Fall bestand aber das Restrisiko, dass ein Mitbewerber (außerhalb der Kampfschutz-Gruppe) mit einem niedrigeren Angebot doch zum Zug kam.

Absprachen mit Vollschutz

Beim „ Vollschutz“ sollen „möglichst alle relevanten Mitbewerber“ eingebunden worden sein. So soll bei Besprechungen genau festgelegt worden sein, „welche Unternehmen an welche ihnen näher bekannten Mitbieter herantreten und Vereinbarungen für eine Zurückstehung, sprich einen Angebotsverzicht, treffen sollten“.

„Einen Unterschied zwischen dem Zurückstehen oder dem Legen eines höheren Angebots gibt es nicht“, sagte der Prokurist. „Die Vereinbarungen haben gegolten, unabhängig davon, ob sie ein Angebot gelegt haben oder nicht.“ Man sicherte sich offenbar so die Aufträge. Der gewinnende Bieter stand mit diesen „Vorkosten“ dann bei den „Unterlegenen“ in der Schuld. Am Ende wurden die Beträge mit Forderungen aus anderen mutmaßlich manipulierten Auftragsgewinnen gegenverrechnet; oder durch Subaufträge bzw. einem Abtausch von Projekten ausgeglichen.

Laut Aktenlage soll die Baufirma Kostmann über die Jahre 1,7 Millionen Euro „Vorkosten“ Mitbewerbern „in Rechnung gestellt“ haben und sie soll selbst mit 1,4 Millionen Euro „Vorkosten“ bei den Mitbewerbern in der Kreide gestanden sein.

Wenn man das hochrechnet, dann sollten Auftragsvolumina in Höhe von 150 bis 300 Millionen Euro von wettbewerbsbeschränkenden Absprachen betroffen gewesen sein. Die Ermittler rechnen eher vorsichtig. Sie sprechen von mehr als 100 Millionen Euro.

„Wir bitten um Verständnis, dass wir zu Akteninhalten der Staatsanwaltschaft keine Stellungnahme abgeben“, so die Porr. „Wir arbeiten intensiv an der Aufklärung der Vorwürfe und kooperieren mit den Behörden. Die internen Untersuchungen sind noch am Laufen.“ Auch bei der Strabag ist man einsilbig. „Wir sind gerade intensiv beschäftigt, alle neuen Erkenntnisse aufzuarbeiten und die Unterlagen zu sichten“, heißt es bei der Strabag. „Der Vorgang wird noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. Die Strabag wird in Fällen von nachgewiesenem Fehlverhalten angemessene Konsequenzen ziehen.“

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