Warum eine Packung Zigaretten in Österreich bald 10 Euro kosten könnte

Raucherin mit Zigarette vor dem Mund.
Der Nikotin-Konsum soll künftig um einiges teurer werden, wenn es nach der EU-Kommission geht. Während die Tabaksteuer für Zigaretten in Österreich seit April 83,50 Euro pro 1000 Stück beträgt, soll sie in Zukunft mindestens 215 Euro betragen. Außerdem soll es einen Kaufkraftzuschlag geben. In reicheren Staaten würden die Zigarettenpreise also noch mehr steigen, als in weniger wohlhabenden.
Einen Teil der Steuern will sich die EU auf direktem Weg von Produzenten einbehalten. Der so genannte TEDOR-Mechanismus soll rund 11,2 Milliarden Euro jährlich zum EU-Budget beitragen. Begründet wird die Maßnahme mit Gesundheitsförderung. Höhere Preise sollen Menschen vom Konsum von Zigaretten, E-Zigaretten, Kau- und Schnupftabak, Nikotinbeuteln und anderen nikotinhaltigen Produkten abschrecken.
Packung wäre um 3,50 bis 4,50 Euro teurer
Wie genau die Steuersätze gemäß den Vorstellungen der EU-Kommission in einzelnen Ländern aussehen sollen, ist noch nicht genau bekannt. "Vor allem die Kaufkraftzuschlagsberechnung ist nicht so einfach", sagt Ralf-Wolfgang Lothert von JTI Tabak Austria, einem der beiden größten heimischen Tabakunternehmen. "Nach ersten Schätzungen könnte der Preis um 3,50 bis 4,50 Euro pro Zigarettenpackung steigen." Statt aktuell rund 6,50 Euro müsste man künftig also mit rund 10 Euro pro Packung rechnen.
In der Branche stößt der Plan der EU-Kommission, wenig überraschend, auf Ablehnung. "In dem Maß ist das absolut unverhältnismäßig", sagt Lothert. Reiche Staaten würden im Prinzip bestraft, während die Steuern in anderen Staaten kaum steigen würden.
Mehr Schmuggel erwartet
Es sei absehbar, dass dies zu mehr Zigarettenschmuggel führen werde. "Man gießt Öl ins Feuer des Schwarzmarktes", so der Unternehmenssprecher. Ähnlich sieht es auch der deutsche Bundesverband der Tabakwirtschaft. Der Plan der EU-Kommission sei ein "Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt".
Der Anteil der nicht im Inland versteuerten Zigaretten sei in Deutschland und anderen europäischen Ländern ohnehin schon sehr hoch. Er könnte durch die Maßnahme weiter steigen. "Wer die Steuerschraube zu stark anzieht, riskiert, dass sich immer mehr Geschäft in die Schattenwirtschaft verlagert", warnt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Am Schwarzmarkt hätte man auch keine Kontrolle darüber, wie alt die Käufer von Tabakprodukten sind. Ein Anstieg der Raucherquote unter Jugendlichen könnte die Folge sein.
Abstufung nach Gesundheitsrisiken denkbar
Gesundheitsexperten sehen das anders. Tabaksteuererhöhungen seien die wirksamste Maßnahme, um rauchende Menschen zum Nichtrauchen zu motivieren. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat erst unlängst empfohlen, Tabaksteuern weiter anzuheben, sowie Werbeverbote und Rauchverbote in öffentlichen Räumen zu verschärfen. 1,3 Millionen Menschen sterben weltweit jährlich durch Passivrauchen, deshalb sei es so wichtig, mehr gänzlich rauchfreie Räume zu schaffen.
Laut dem Tabakkonzern Philip Morris könne man sich mit der Idee anfreunden, Zigaretten und "neuartige Produkte" (wie Tabak zum Erhitzen, Nikotinbeutel und E-Zigaretten) EU-weit unterschiedlich zu besteuern. Der Vorschlag der EU-Kommission gehe in diese Richtung. Viele EU-Länder, auch Österreich, haben bereits eine differenzierte Besteuerung eingeführt, die sich an den relativen Gesundheitsrisiken der Produkte orientiere.
Kommission am Pokertisch mit Mitgliedsstaaten
Die Chancen dafür, dass der Plan der EU-Kommission umgesetzt wird, sind aber nicht sonderlich groß. Ein einstimmiger Beschluss des Europäischen Rates wäre dafür notwendig. Aus einzelnen Mitgliedsstaaten hört man aber bereits Unmut. Italien und Griechenland sind etwa gegen eine steuergetriebene Preiserhöhung bei Tabakprodukten. Deutschland und Ungarn gefällt angeblich der TEDOR-Mechanismus nicht.
"Für mich wirkt es ein bisschen so, als ob die EU-Kommission einen hohen Preis nennt und dann versucht, einen Kompromiss zu finden", sagt Lothert. Die Kommission könnte also hoch pokern und so versuchen, ihre Verhandlungsposition zu stärken. An einer Verteuerung des Tabak- und Nikotinkonsums - vielleicht in geringerem Ausmaß - wird aber wohl kein Weg vorbei führen.
Kommentare