Philip-Morris-Chefin: "Zigaretten nur noch im Museum"

In der Österreich-Zentrale von Philip-Morris in der Nähe des Wiener Praters gibt es zwar noch ein Raucherzimmer. Zigarettenrauch sieht man dort aber kaum. Anstatt mit Glimmstängeln wird in der verglasten Kammer neben der im Vorzimmer aufgebauten Mustertrafik mit Tabakerhitzern oder Vapes hantiert.
Auch die im vergangenen August berufene neue Österreich-Chefin des US-Konzerns, Özlem Dikmen, raucht schon lange keine Zigaretten mehr. Der KURIER hat mit ihr über den langen Weg zur rauchfreien Gesellschaft gesprochen.
11,2 Mrd. Zigaretten wurden 2024 in Österreich geraucht. Der Absatz sank im Jahresvergleich um 0,6 Prozent.
3,9 Mrd. Euro wurden in Österreich mit Tabakwaren umgesetzt. 290 Mio. Euro oder 7 Prozent entfielen auf Tabak zum Erhitzen. Der Anteil von Nikotinbeuteln betrug 4, der von E-Zigaretten 2,7 Prozent.
39 Prozent oder 14,7 Mrd. US-Dollar seines weltweiten Umsatzes von 37,9 Mrd. US-Dollar machte Philip Morris 2024 mit rauchfreien Alternativen.
KURIER: Wann haben Sie Ihre letzte Zigarette geraucht?
Özlem Dikem: Die letzte Zigarette hab ich 2016 geraucht. Ich war eine soziale Raucherin. Wenn wir mit Freunden beim Abendessen draußen waren und Wein getrunken haben, hab ich geraucht. Jetzt greife ich bei solchen Anlässen zu rauchfreien Alternativen.
Philip Morris will auch weg von der Zigarette, macht aber immer noch 60 Prozent seines Umsatzes damit. Wie lange werden Sie noch Zigaretten produzieren?
Wir haben für 2030 das Ziel, unseren weltweiten Umsatz zu 66 Prozent mit alternativen Produkten zu machen. In einigen Regionen sind es heute bereits 75 Prozent. Klar ist auch: Wenn wir sofort keine Zigaretten mehr produzieren würden, würden es andere machen. Wir brauchen eine Übergangszeit, um Raucher an die alternativen Produkte heranzuführen.
Ablaufdatum für die Zigarette gibt es bei Ihnen keines?
Wir haben, global gesehen mit Tabakerhitzern bereits den Umsatz unseres Marktführers im Zigarettenmarkt überschritten. Das Ziel, das wir uns gesetzt haben, werden wir schneller erreichen. Es ist mein Traum, dass es Zigaretten nur noch im Museum gibt.

Özlem Dikmen ist seit vergangenen August Chefin von Philip Morris Österreich. Zuvor hatte sie bei Philip Morris International diverse Führungspositionen inne.
In Österreich rauchen immer noch 21 Prozent der Bevölkerung täglich. Zur rauchfreien Gesellschaft ist es noch ein weiter Weg?
In manchen Ländern geht es schneller. Wir schaffen das nicht alleine. Wir brauchen Unterstützung durch die Regierungen. Wir müssen auch kommunizieren dürfen, warum die rauchfreien Alternativen besser sind. Wir würden dabei gerne mit der Regierung zusammenarbeiten.
Meine Ärztin hat mir zu Nikotinpflastern geraten, um mit dem Rauchen aufzuhören. Ersatzprodukte sind vielleicht weniger schädlich als Zigaretten, aber sicher nicht unbedenklich. Warum sollten Beschränkungen aufgeweicht werden?
Natürlich ist es das Beste, nicht zu rauchen oder aufzuhören. Aber es wird immer Leute geben, die Nikotin konsumieren wollen. Zum Beispiel meine Mutter. Für sie ist das Ritual wichtig. Morgens eine Zigarette zum Kaffee ist für sie ein Genuss. Sie will nicht aufhören. Ich habe mit ihr darüber gesprochen. Sie nutzt jetzt Tabakerhitzer.
Kann es die Aufgabe des Staates sein, solche Produkte zu fördern?
Die Regierung soll auch nicht dafür werben. Es ist aber ihre Aufgabe, die schädlichen Konsequenzen zu minimieren. Raucher, die nicht aufhören wollen, sind mit den Alternativen besser dran. Sie sind deutlich weniger schädlich. Wir wollen Erwachsene darüber informieren dürfen, im richtigen Umfeld, etwa der Trafik.
Will man mit dem Rauchen aufhören, gibt es wirksamere Alternativen als Nikotinbeutel, Tabakerhitzer und E-Zigaretten. Rat erhält man etwa beim Rauchfrei Telefon unter der Nummer 0800 810 013. Die Zigarettenalternativen sind wahrscheinlich weniger gesundheitsschädlich als Zigaretten, harmlos sind sie nicht.
Bei Nikotinbeutel verweisen Experten auf das Suchtpotenzial. Da sie Nikotin enthalten, könne man davon genauso süchtig werden wie von Tabakzigaretten. Dazu kommen Gefahren für die Gesundheit. Nikotin habe auch ohne Tabak vielfältige negative Auswirkungen auf den Körper.
Tabakerhitzer geben nicht so viele Schadstoffe ab wie Zigaretten. Das gilt etwa für Teer und andere schädliche Stoffe wie Formaldehyd und Kohlenmonoxid. Andere Substanzen, wie etwa Glyzerin, kommen in Tabakerhitzern in größeren Mengen vor. Die Erhitzer enthalten auch Schadstoffe, die im Tabakrauch nicht vorkommen. Langzeitstudien zu den Auswirkungen gibt es noch nicht. Weil sie auch Nikotin enthalten, machen die Tabakerhitzer auch abhängig.
E-Zigaretten dürften nach Einschätzung von Experten weniger schädlich sein als Tabakerhitzer und Zigaretten, weil weniger Schadstoffe in den Körper gelangen. Beim Erhitzen der Flüssigkeiten entstehen aber gesundheitsschädliche Substanzen, etwa das als krebsfördernd geltende Formaldehyd. Durch das Inhalieren werden die Atemwege gereizt. Enthalten die inhalierten Flüssigkeiten Nikotin, können sie ähnlich abhängig machen wie Zigaretten.
Mit der Zulassung der jüngsten Generation ihres Tabakerhitzers haben Sie in Österreich Probleme?
Das Gerät erhitzt den Tabak durch Induktion. In 21 Ländern in der EU ist es bereits zugelassen. In Österreich nicht. Viele kaufen es deshalb im Ausland. Damit fehlen natürlich Steuereinnahmen.
Sie verkaufen auch Nikotinbeutel. Sechs Prozent der 15-Jährigen konsumieren sie täglich. Die haben wahrscheinlich vorher nicht geraucht. Was tun Sie, um sie davon abzuhalten?
Wir haben in Österreich mit dem Tabakmonopol ein großartiges System. Alle Nikotinprodukte sollten unter das Monopol, weil dort der Jugendschutz am besten sichergestellt werden kann. Auch Nikotinbeutel sollten nur in Trafiken verkauft werden dürfen.
Reicht das, um Jugendliche davon fernzuhalten?
Wir arbeiten auch an technischen Lösungen, die sicherstellen sollen, dass unsere Produkte nur an Erwachsene verkauft werden. Wir wollen eine Lösung testen, bei der Künstliche Intelligenz zum Einsatz kommt. Sie sendet ein Signal an den Trafikanten, wenn nicht sicher ist, ob eine Person über 18 Jahre alt ist, damit er den Ausweis überprüft.

Ab 2026 sollen auch rauchfreie Alternativen besteuert werden. Sie sind davon nicht begeistert?
Ja und Nein. Die Steuer muss sinnvoll sein. Sie kann dabei helfen, dass wir Produkte von geringer Qualität nicht im österreichischen Markt sehen. Man darf die rauchfreien Alternativen aber nicht so hoch besteuern wie Zigaretten. Weil das den Umstieg erschweren würde. Die Produkte sollten desto geringer besteuert werden, je weniger schädlich sie sind. Wir müssen Leute auch mit günstigeren Preisen zu den Produkten bringen. Außerdem ist die Forschung sehr kostenintensiv.
Bei ihrem Amtsantritt haben sie gesagt, dass sie sich für eine Kultur der Vielfalt einsetzen wollen. Viele US-Konzerne sind angesichts der Trump-Administration von einer solchen Diversitätspolitik abgerückt. Gilt das Versprechen bei Philip Morris Österreich noch?
Wir haben allein in Österreich 31 verschiedene Nationalitäten in unserem Team. Diversität hat viele Farben, junge Leute, ältere Leute, Frauen, Männer, verschiedene Religionen. Wir rudern nicht zurück. Wir sind sehr stolz, dass wir in unserer Firma eine diverse Kultur haben. Wir werden damit auch weitermachen.
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