Wer hätte gedacht, dass die deutsche Infrastruktur einmal so viel schlechter sein wird, als die österreichische?
Viel Geld floss in die Wiedervereinigung Deutschlands, man hat für Westdeutschland nichts mehr gemacht. Wirtschaft und Tourismus stöhnen, und jeder Auto- und Bahnfahrer hat mittlerweile ein Problem.
Kümmert sich die Porr bald ums deutsche Eck? Als Bahnfahrer versumpert man dort.
Ich habe darüber mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Söder diskutiert und ihm gesagt, dass er uns Österreicher nicht mag. Zwischen München und Salzburg geht das Telefon nicht gescheit, Autobahn und Bahn sind nicht ausgebaut. Man fährt mit dem Zug von Wien nach Salzburg in zwei Stunden 20 und braucht noch einmal eineinhalb Stunden für die kurze Strecke Salzburg-München.
Was hat er geantwortet?
Dass es Probleme mit dem EU-Gemeinschaftsrecht gebe. Klingt nach Ausrede. Es fehlt der politische Wille, obwohl der Individualverkehr doch angeblich keine Zukunft hat.
Ist der Green Deal der EU ein Wachstumstreiber oder ein Wachstumshemmer?
In der ursprünglichen Absicht war er vernünftig. Die Politik sollte dafür aber nur Rahmenbedingungen schaffen und nicht überregulieren. Die Konzentration auf Elektro ist außerdem politisch-ideologisch motiviert. Damit schließt man alle Wissenschaftsergebnisse der nächsten Jahre aus, obwohl noch nicht einmal klar ist, wo man genügend Energie und Ladestationen herkriegt. Das wird scheitern. Denn der Rest der Welt sagt: So bitte nicht.
Dort wird das Verbrennerauto noch lange fahren?
Und es kommt auch in Europa wieder, das ist nicht aufzuhalten.
Hat der Bundeskanzler also recht?
Ja. Wenn man den ökologischen Fußabdruck eines Elektroautos und eines guten Diesels neuester Bauart über ihre jeweilige Lebenszeit hinweg vergleicht, ist nicht sicher, wer besser abschneidet.
Was halten Sie von Klimaklebern?
Wenn das der einzige Widerstand der Jugend heute ist, dann kann ich nur lachen. Ich vermisse Lösungen. Nur zu sagen, wie es nicht geht und allen anderen auf der Welt erklären, wie sie zu leben haben: Diese Moralkeule finde ich richtig widerlich. Außerdem redet niemand darüber, dass wir Europäer den CO2-Ausstoß seit 2012 schon um 30 Prozent reduziert haben. Wir können mit gutem Beispiel vorangehen und intelligente Industrie schaffen, aber nicht die ganze Welt retten.
Auch das Thema Zuwanderung ist heikel. Welche brauchen wir?
Probieren Sie es einmal, in den Einwanderungsländern USA, Kanada, Australien oder Neuseeland zu sagen: „Ich bin jetzt da, weil ich kann daheim nicht mehr leben.“ Da gibt es einerseits Asyl, andererseits Bedingungen für legalen Zuzug. Warum können wir in Europa nicht auch sagen: Wer bei uns leben möchte, muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen? Wir brauchen willige Leute, die etwas können, aber vor allem etwas lernen wollen. Denn Europa wird schrumpfen.
Bekommen Sie eigentlich genügend Lehrlinge?
Wir können uns die Lehrlinge Gott sei Dank aussuchen und haben zum Beispiel durch TikTok-Kampagnen genügend Bewerbungen.
Es gibt mehr heiße Tage durch den Klimawandel. Brauchen Bauarbeiter künftig eine Siesta?
Siesta nicht, aber mehr flexible Arbeitsmodelle. Dass man zum Beispiel früher anfangen oder später arbeiten kann. Aber das ist Thema der Sozialpartnerschaft.
Sie sind als Top-Manager mit zwei anderen „Sechzehnendern“ – Klaus Ortner und Hans-Peter Haselsteiner – beruflich verflochten. Geht sich das immer aus?
Als begeisterter Jäger schätze ich diesen Vergleich. Ortner ist seit 15 Jahren mein genialer Partner. Gemeinsam haben wir die Mehrheit an der Porr. Ich vertrete das Unternehmen, führe die Mitarbeiter und bin viel auf den Baustellen unterwegs. Haselsteiner hat mit Schaffung der Strabag eine Jahrhundertleistung vollbracht. Wir haben gute Diskussionen.
Und Sie sind immer einig?
Nein, aber man sucht pragmatische Lösungen auf hohem Niveau in unglaublich kurzer Zeit. Das macht richtig Spaß. Die Debatte zur Vamed war kurz und heftig.
Die Porr wurde 2021 wegen illegaler Preisabsprachen verurteilt. Von Baumafia war immer wieder die Rede. Gibt’s die noch? Der Begriff wird nur von Ahnungslosen verwendet. Wir dulden keinen Graubereich. Früher waren Preisabsprachen ja leider ein Kavaliersdelikt. Wir haben von der ersten Minute an mit der Behörde zusammengearbeitet und alles offengelegt.
Was war eigentlich das Problem des Signa-Zusammenbruchs?
Signa war für uns immer ein guter Partner. Vielleicht hat man sich mit anderen Themen verzettelt, aber die Immobilien waren alle gut.
Die Wiener Börse, wo die Porr notiert ist, gilt polemisch gesprochen immer ein wenig als Mickey Maus-Börse. Was wäre zu tun?
Die Wiener Börse hat sich gut gemausert, ist günstig, technisch gut und hat viel Volumen. Wichtig wäre eine echte Kapitalmarktunion (mehr freier Kapitalverkehr, Anm.).
Was braucht die Wirtschaft von der nächsten Bundesregierung?
Es wundert mich, dass sich die Politik weder in Deutschland noch in Österreich für die Hintergründe der riesigen Deindustrialisierung interessiert. Da gehen etliche Unternehmen unwiederbringlich ans Ausland verloren. In drei bis vier Jahren werden wir deshalb alle blöd aus der Wäsche schauen. Es braucht einen Plan und jedenfalls Entregulierung.
Und keine Übererfüllung von EU-Standards mehr?
Das ist mir sowieso ein Rätsel. Wer legt sich schon gerne selbst Fesseln an? Wir müssen den Österreichern nicht zu 100 Prozent zur Seite stehen, damit sie ja keinen Fehler machen. Und wir müssen leistungsbereit sein.
Ist das verloren gegangen?
Ja. Es geht nicht, dass Nicht-Leistung ähnlich belohnt wird wie Leistung. Die Demokratie stößt leider langsam an ihre Grenzen. Wenn man nur jene wählt, die einem die gebratene Gans in den Mund schieben, ohne zu überlegen, was das für die nächste Generation bedeutet, dann halte ich das für sehr bedenklich. Man müsste in den Schulen mehr lehren, was Demokratie bedeutet. Und den Damen und Herrn im Parlament müsste man sagen, dass sie nicht nur ihren Parteien dienen, sondern primär Österreich.
Wie entspannen Sie?
Ich bin gerne im Wald beim Jagen und lese sehr viel.
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