Porr-Chef: Auch im Schulsystem muss "Leistung wieder sexy werden"

Porr-Chef Strauss: Sieht bei Immobilien noch keine gefährlichen Preisblasen
Der Boss des Baukonzerns über Preiskämpfe, Arbeitszeiten und die Bildungsmisere.

Das österreichische Arbeitszeitgesetz sei vor allem durch die Verquickung von Beschränkungen geprägt, ärgert sich Karl-Heinz Strauss, Chef und Miteigentümer des heimischen Baukonzerns Porr. Er fordert flexiblere Arbeits- und längere Durchrechnungszeiten ein – was nach der Europäischen Arbeitszeit-Richtlinie schon möglich wäre. Auch beim Schulsystem wünscht er sich Änderungen. Die Zeit der Orientierung an den Schwächsten sollte vorbei sein. Ein engagierter und leidenschaftlicher Österreicher im Interview.

KURIER: Deutschland wird in den nächsten Jahren 264 Milliarden Euro in Sanierung und Neubau der Infrastruktur stecken. Wie viel davon erhoffen Sie sich für die Porr?

Karl-Heinz Strauss: Viel natürlich (lacht). Da wird es viel zu tun geben. Da müssen unter anderem mehr als 4000 Brücken saniert werden. Jedenfalls sind wir auf dem Weg, das Geschäftsvolumen in Deutschland bis 2018 auf eine Milliarde Euro nahezu zu verdoppeln. Wir wollen hier bald zu den Top 5 gehören. Bis aus dem deutschen Infrastruktur-Paket die ersten Aufträge kommen, wird es aber noch ein, zwei Jahre dauern. Die Auftragsbücher in Deutschland sind ohnehin jetzt schon voll.

Wie läuft das Baugeschäft in Österreich?

Hier haben wir bewusst Leistung zurückgenommen und schauen darauf, dass Ertrag vor Umsatz kommt. Durch Überkapazitäten ist der Preiskampf in Österreich nach wie vor ruinös.

In Deutschland ist der Preiskampf nicht so schlimm?

Der ist dort auch hart. Aber da sind auch Flächen frei geworden, etwa durch Konzerne wie Holzmann (ging schon vor Jahren Pleite, Anm.) oder Bilfinger (steht vor der Zerschlagung). In Österreich wird von der öffentlichen Hand weniger für den Hochbau ausgegeben. Da regiert das Diktat der leeren Kassen.

Tragen zum heftigen Preiswettbewerb nicht auch die vielen Sub-Unternehmer aus Osteuropa bei?

Daran, dass so viele ausländische Firmen hier sind, hat unter anderem die öffentliche Hand schuld. Beim geförderten Wiener Wohnbau beispielsweise gibt es seit 2007 eine Preissperre. Die Löhne und Kosten sind aber seither weiter gestiegen. Bis jetzt konnte man das noch mit Effizienzsteigerungen auffangen, aber mit diesen Spielräumen ist es jetzt vorbei. Mit zig Subunternehmen verlernt man aber das Bauen.

Bei öffentlichen Aufträgen gilt seit Kurzem das Bestbieter- und nicht das Billigstbieterprinzip. Hilft das der Baubranche nicht?

Ja, wenn man bei der Vergabe auf Größe, Kompetenz und Bonität des Bauunternehmens schaut. Wichtig ist, dass man auch auf die Leistungsfähigkeit schaut. Zum Beispiel, wer in zehn oder zwölf Jahren Mängel beheben kann. Auch auf die Verhältnismäßigkeit zum Auftrag muss geschaut werden. Eine Firma mit einem Umsatz von 40 Millionen Euro wollte den Auftrag für einen 100-Millionen-Rohbau haben. Dass kann doch nicht passen.

Zum Kapitalmarkt in Österreich: Wie zufrieden sind Sie mit der Wiener Börse?

Wenn eine Börse von der Regierung völlig negiert wird, was soll die Börse dann machen?

Sie sind mit Ihrem Syndikat mit der Ortner-Gruppe an der Porr und an der UBM beteiligt. Wird die UBM- der Porr-Aktie ins Topsegment der Börse folgen?

Ich gehe davon aus. Der Weg in den Prime Market ist vorgezeichnet.

Geld ist derzeit so billig wie noch nie. Sehen Sie bei Immobilien die Gefahr, dass es zu Preisblasen kommt?

Für Europa sehe ich keine Blase. Gefährlich wird es dann, wenn sich die Renditen von B- und C-Immobilien jener von A-Immobilien annähern. Das ist aber noch nicht der Fall.

Von Unternehmern ist immer wieder zu hören, dass viele Jugendliche, die sich um Lehrstellen bewerben, so gut wie nicht lesen und schreiben können. Ist das auch Ihre Erfahrung?

Wir bemühen uns, der "best place to work" für Lehrlinge zu sein. Aber das Bildungsthema in Österreich ist wirklich eine große Herausforderung. Die breite Qualität hat nachgelassen.

Was ist aus Ihrer Sicht bei der Bildung zu tun?

Es ist eine Zeiterscheinung, dass man sich an den Schwächsten orientiert. Das gehört geändert. Es ist unbedingt notwendig, dass Leistung wieder sexy ist. Und das Hickhack muss endlich aufhören. Diese ideologischen Grabenkämpfe sind unerträglich.

Wo sehen Sie noch dringenden Handlungsbedarf?

Ich fordere flexiblere Arbeitszeiten in Österreich. In unserer Branche heißt es: Arbeiten, wenn ein Auftrag da ist und das Wetter passt. Wenn es dann länger dauert, sind wir derzeit auf Gedeih und Verderb vom Good Will des Arbeitsinspektors abhängig.

Wie wäre die flexiblere Arbeitszeit rein rechtlich machbar?

Wir könnten Jahresarbeitszeitkonten führen. Das hätte auch den Vorteil, dass die Betroffenen im Winter länger angestellt wären.

Sehen Sie sich als Wut-Unternehmer?

Ich bin ein engagierter und leidenschaftlicher Österreicher. Ich finde es unerträglich, wenn es von der Politik immer wieder heißt: Hört auf zu meckern. Wer ist denn für wen da? Die Politik doch für uns!

Zur Person: Karl-Heinz Strauss

Neben der Basisausbildung an der HTL für Tiefbau kann der gebürtige Kärntner diverse Studien vorweisen – etwa an der Harvard University und der Management School in St. Gallen. Bis zur Jahrtausendwende war Strauss (55) bei der RZB für den Aufbau des Immobiliengeschäfts verantwortlich. Dann machte er sich mit Strauss&Partner, einem Immobilienentwickler, selbstständig. Im September 2010 übernahm er den Chefposten beim Baukonzern Porr. Im Syndikat mit der Ortner-Gruppe ist er mit 53,7 Prozent an der Porr beteiligt.

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