"Photovoltaikmodule sind teilweise günstiger als Fliesen"

Arbeiter installieren Module für eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses.
Die vergangenen Monate waren für die heimische Photovoltaikbranche nicht einfach. Förderungen wurden radikal gekürzt, die neu installierte PV-Leistung ging im ersten Quartal 2025 um 26 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück. Vera Immitzer, Geschäftsführerin des Fachverbands PV Austria, zeigt sich im KURIER-Interview überzeugt, dass momentan dennoch ein guter Zeitpunkt wäre, um in die Solarstromerzeugung zu investieren.
Wie kommt die PV-Branche mit der Kürzung der Förderungen zurecht?
Momentan werden noch Projekte umgesetzt, die eine Mehrwertsteuerbefreiung erhalten haben. Andererseits gibt es auch neue Projekte, die mit oder ohne Förderung vorangetrieben werden. Auch ganz ohne Förderung rechnet sich eine PV-Anlage. Mit Förderung amortisiert sie sich beispielsweise nach 8 Jahren, ohne Förderung nach 9 Jahren. Der Unterschied ist gering. Außerdem sind die Anlagenpreise in den vergangenen 2 Jahren um 10 Prozent gesunken und man kann sich hohe Strompreise und Netzgebühren ersparen.

Vera Immitzer ist seit 2019 Geschäftsführerin des Verbandes PV Austria.
Hat sich die Erhöhung der Netzentgelte seit 1. Jänner 2025 auf die Verkaufszahlen ausgewirkt?
Dazu haben wir noch keine Zahlen. Im März und April war die Nachfrage etwas höher wegen des angekündigten Auslaufens der Mehrwertsteuerbefreiung. Aber das Thema Netzkosten und Strompreise wollen wir in den nächsten Monaten verstärkt kommunizieren.
Manche Interessenten zögern durch den Wegfall der Mehrwertsteuerbefreiung mit der Installation einer PV-Anlage. Was raten Sie diesen Personen?
Ich sehe überhaupt keinen Grund zu warten. Je früher man eine PV-Anlage am Dach hat, desto früher erspart man sich Netzkosten. Die Anlagen werden auch nicht mehr wesentlich billiger werden. Module sind teilweise günstiger als Fliesen, auf den Quadratmeter gerechnet. Chinesische Hersteller haben bereits Mindestpreise festgelegt, weil sie selbst bemerkt haben, dass sie Preise nicht weiter senken können. Projekte können momentan auch sehr rasch umgesetzt werden, innerhalb von ein bis zwei Monaten.
Haben Elektriker und Montageunternehmen so viel freie Kapazität?
Ja, weil die Nachfrage doch ein bisschen zurückgeht, aber mehr Unternehmen am Markt präsent sind. Auch die Speicherkosten sind in den vergangenen 2 Jahren um 25 Prozent gesunken. Das ist auch gut so, Speicher sind wichtig. Jede zweite PV-Anlage wird schon mit Speicher errichtet.
Was ist, wenn es in einem Jahr doch wieder eine höhere Förderung gibt?
Wir kennen die Budgetzwänge der Regierung. Es wird eher überlegt, wo man überhaupt noch fördern muss. Es könnte etwa in Zukunft eine Förderung für Batteriespeicher geben. Aber schön langsam werden die PV-Förderungen ausgedünnt. Das ist aber auch positiv. Wir wollen ja eine marktfähige Technologie.
Beim zweiten Fördercall der PV-Förderung 2025 wird der "Made in Europe"-Bonus eingeführt. Welche Komponenten einer Anlage bekommt man überhaupt aus Europa statt aus China?
Es gibt eine Liste von Produkten europäischer Hersteller, für die man den Bonus erhält. Aus Österreich sind etwa Module von Kioto Solar dabei, Wechselrichter von Fronius oder Speicher von Varta. Diese Produkte musste man überprüfen und zertifizieren lassen. Dass es den Bonus jetzt in Österreich gibt ist einzigartig in Europa.
Wieso macht Österreich das als einziges Land?
Österreich ist vorgeprescht. Dass Europa an einer Förderung für europäische Produkte rund um erneuerbare Energie arbeitet, ist schon lange bekannt. Ministerin Gewessler hat schon vor einem Jahr angekündigt, dass es hier einen "Made in Europe"-Bonus geben soll. Jetzt wurde das umgesetzt. In einem Jahr muss es dann in der ganzen EU umgesetzt werden.
Ist Österreich jetzt quasi das Versuchskaninchen?
Ja, vielleicht. Wir wurden schon vor einem Jahr von anderen PV-Verbänden in Europa gefragt, wie Österreich den Bonus umsetzt. Sie haben Best-Practice-Beispiele gesucht. Jetzt kennen wir Details und können damit arbeiten.
Aus den USA ist zuletzt der Vorwurf gekommen, dass China die Kontrolle über die Steuerung von Wechselrichtern übernehmen könnte. Werden derartige Sorgen auch an PV Austria herangetragen?
Ja. Das ist ein ernst zu nehmendes Thema, mit dem man sich beschäftigen muss. Die Umstände des Tests in den USA sind dubios. Irgendwelche Menschen haben irgendwelche Wechselrichter getestet und irgendwas gefunden. Wir würden das gerne bewerten können, aber notwendige Informationen liegen nicht vor. Aber natürlich muss man aufpassen, dass Wechselrichter nicht missbraucht werden können. Auf europäischer Ebene ist dazu etwas in Bewegung.
Wie begeistert sind Sie, dass die Regierung das lange erwartete Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) in Begutachtung schicken will?
Grundsätzlich sind wir begeistert, dass etwas in die Gänge kommt, aber ich befürchte, vor dem Sommer wird sich die Umsetzung nicht ausgehen. Wir als Erneuerbare-Energie-Branche wurden in den aktuellen Gesetzesprozess nicht eingebunden, wir wissen also nicht im Detail, was im ElWG drinnen steht. Wir haben nur erfahren, dass beim Thema Spitzenkappung nachgeschärft werden soll und dass Netztarife für Einspeiser kommen.
Was bedeutet das für PV-Anlagen-Betreiber?
Die Spitzenkappung ist für private Anlagen bzw. Anlagen mit viel Eigenverbrauch weniger problematisch. Aber für größere Anlagen ist das schon ein Thema. Auch unter den Netztarifen für Einspeiser leiden die größeren Anlagen stärker.
Erschwert das Investitionen in große neue Projekte?
Ja. Auch der Energiekrisenbeitrag Strom stellt Erzeugungsanlagen vor wirtschaftliche Herausforderungen. Das sind keine guten Signale, die die Bundesregierung da ausschickt.
Welches Land macht den PV-Ausbau derzeit am besten?
Das kann man gar nicht vergleichen. Jedes Land in Europa hat einen anderen Fokus. Aber ein interessantes Beispiel ist Deutschland. Dort werden PV-Anlagen auf ausgetrockneten Mooren gefördert, die mit Renaturierungsmaßnahmen kombiniert werden. Die Flächen werden wieder bewässert und werden wieder zum Lebensraum. Da wird Naturschutz mit Stromerzeugung kombiniert. In der Schweiz interessant sind PV-Anlagen in den Bergen, direkt bei Skigebieten. Sie liegen oberhalb der Nebelgrenze, damit gibt es auch im Winter eine schöne Ausbeute. Das Geniale bei PV ist, dass der Fantasie in der Anwendung keine Grenzen gesetzt sind.
Wer eine Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses errichten will, muss mit Ausgaben für Solarmodule, Wechselrichter, Verkabelung, Haus-Elektrik und Montage rechnen. Je nach Hersteller und Anbieter kann die Höhe der Ausgaben stark variieren. Die Kosten für Anlagenkomponenten sinken seit Jahren, dafür gab es zuletzt noch höhere Förderungen.
Kunden, die vor dem 6.3.2025 einen Vertrag über die Lieferung bzw. Installation einer PV-Anlage abgeschlossen haben, profitieren noch bis Ende 2025 von einer Mehrwertsteuerbefreiung. Dadurch sind die Kosten klarerweise gleich um 20 Prozent niedriger.
Ab 1.000 Euro/kW
Für eine PV-Anlage mit einer Spitzenleistung von 5 Kilowatt muss man mit ungefähren Kosten zwischen 6.000 und 10.000 Euro rechnen – inklusive Montage. Kommt ein Speicher dazu, kalkuliert man besser mit 14.000 bis 20.000 Euro. Der Preis pro Kilowatt liegt bei 1.000 bis 1.800 Euro ohne Speicher, bei 2.000 bis 2.800 Euro mit Speicher.
Durch den Stromertrag amortisiert sich eine PV-Anlage bei 1.000 Sonnenstunden im Jahr laut dem Wohnbau-Finanz-Portal Infina nach 10 bis 12 Jahren.
Förderschienen
Vom Bund kann man PV-Anlagen über den EAG-Investitionszuschuss fördern lassen. Die Förderung für 2025 wird in drei Fördercalls vergeben. Einer ist bereits abgeschlossen, der 2. Fördercall beginnt am 23. Juni.
Eine 5-kW-Anlage würde in die Kategorie A mit dem höchsten Fördersatz von 160 Euro pro kW fallen. Erhält man eine Förderzusage, bekäme man somit 800 Euro.
Zusätzlich gibt es auch Förderungen in den Bundesländern. Sie sind aber höchst beliebt. Der diesjährige Fördertopf für Wien war etwa schon Anfang Juni ausgeschöpft.
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