Pharmakonzern Takeda: Fertigspritzen aus Linz für den Weltmarkt

Pharmakonzern Takeda: Fertigspritzen aus Linz für den Weltmarkt
Der japanische Pharmakonzern expandiert in Österreich. Auch weil das Risiko von Naturkatastrophen hier gering ist

In Linz herrscht wieder Aufbruchstimmung: Als Takeda 2011 den Schweizer Arzneimittelhersteller Nycomed schluckte, schaute es schlecht aus für dessen Forschungsstandort im Chemiepark Linz. Auch eine Schließung stand im Raum. Zwölf Jahre später wird kräftig investiert und die Oberösterreicher übernehmen eine Schlüsselrolle innerhalb des japanischen Pharmakonzerns. Um 100 Millionen Euro wird der Standort zum weltweiten Zentrum für vorabgefüllte Spritzen und Pens ausgebaut

„Für die neue Anlage laufen aktuell die Validierungs- und Qualifizierungsläufe. Ab dem Geschäftsjahr 2024 soll dann hier produziert werden“, kündigte Standortleiter Roland Fabris bei einem Werksbesuch des KURIER im Rahmen einer Pressereise des Fachverbandes der Chemischen Industrie an.

Pharmakonzern Takeda: Fertigspritzen aus Linz für den Weltmarkt

Neues Medikament

Konkret geht es um das von Takeda entwickelte, neue Medikament zur Behandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen, das als Infusionslösung mittels Fertigspritze oder Fertigpen verabreicht wird. 32.000 Fertigspritzen pro Stunde werden dann weitgehend automatisiert abgefüllt. Linz decke damit „über 70 Prozent des weltweiten Bedarfs für das Hauptprodukt von Takeda ab“, erläutert Fabris. Zusätzlich würden 20 neue Tiefkühlschränke für die Lagerhaltung des Wirkstoffs installiert, um die globale Lieferketten zu verkürzen.

Zum Hintergrund: Das Medikament ist bereits in Europa zugelassen und soll dank Selbstapplikation den Alltag der Patienten erleichtern. Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn betreffen mehr als zwei Millionen Europäer. In Österreich sind etwa 60.000 Menschen betroffen.

Pharmakonzern Takeda: Fertigspritzen aus Linz für den Weltmarkt

"Spritzen-Zentrum"

Als neues „Spritzen-Zentrum“ habe sich Linz erst im konzerninternen Wettbewerb mit den 30 anderen Standorten durchsetzen müssen“, berichtet Fabris. Ausschlaggebend für den Zuschlag vom Headquarter in Tokio sei auch der Umwelt- und Sicherheitsaspekt gewesen. „Wir sind ein lebenswertes Land mit hochqualifiziertem Personal und auch das Risiko von Natur-Katastrophen wie Tsunami oder Erdbeben ist gering.“ Weiters sei die Diversifizierung der Produktion derzeit das große Thema in der Pharmabranche. Kein Hersteller könne riskieren, von einem einzigen Standort abhängig zu sein.

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Personalsuche

Etwa 150 Mitarbeitende werden im 3-Schicht-Betrieb in der Spritzenabfüllung tätig sein. Qualifiziertes Personal für die Arbeit im Reinraum zu finden sei im Raum Linz „fast unmöglich“, heißt es. Die hauseigenen Ausbildungen dafür dauern bis zu einem Jahr. Um sie abzukürzen, werden neuerdings VR-Brillen für eine Art Trockentraining im Labor eingesetzt.

Takeda beschäftigt derzeit 700 Mitarbeitende im komplett renovierten, ehemaligen Gebäude der Chemie Linz AG. Strom kommt von der hauseigenen Photovoltaik-Anlage, das Unternehmen legt auch Wert auf Biodiversität. Neben dem Firmenparkplatz betreut ein „Green Team“ ein Biotop, um der seltenen Wechselkröte eine neue Heimat mitten im Chemiepark zu bieten. Mit Erfolg. Mehr als 20 Krötenpaare seien schon gesichtet worden. Beschwerden der Beschäftigten über allzu lautes Quaken inklusive.

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