"Pfusch" wird immer weniger als Kavaliersdelikt angesehen

Schwarzarbeit gilt fälschlicherweise noch immer als Kavaliersdelikt
Schwarzarbeit am häufigsten bei Renovierung von Wohnung oder Haus. Diskrepanz zwischen eigenem Verhalten und allgemeiner Meinung.

Die Österreicher stehen der Schattenwirtschaft kritischer gegenüber. "Dinge im Pfusch erledigen lassen" wird immer weniger als Kavaliersdelikt betrachtet - zuletzt nur noch von circa 52 Prozent der Bevölkerung. Anfang vorigen Jahres waren es noch um 10 Prozentpunkte mehr, hat der Linzer Volkswirtschafts-Professor Friedrich Schneider ermitteln lassen.

Nur noch jeder Vierte sagt: "Kavaliersdelikt"

Selbst "schwarz" zu arbeiten sehen laut der Market-Linz-Umfrage von Jänner/Februar im Auftrag von Schneider jetzt nur noch 25 Prozent als Kavaliersdelikt an, nach 34 Prozent ein Jahr davor. Demgegenüber wird "zu schnell fahren mit dem Auto auf der Autobahn" von 44 Prozent (-7) als ein solches Bagatelldelikt betrachtet, Zeitungen ohne Bezahlung aus einem Zeitungsständer mitzunehmen von 29 (-2) und Kinder die Schule schwänzen zu lassen von 18 (-1) Prozent.

Haus, Auto, Dienstleistungen, Garten

Am häufigsten - zu 55 Prozent - werden "Pfuscher" im Bereich "Renovieren einer Wohnung oder eines Hauses" beschäftigt, sagten die im Jänner/Februar nach einer tatsächlichen Inanspruchnahme von Pfusch-Dienstleistungen Befragten, gefolgt von Reparaturen am Auto (21 Prozent). Danach folgen Kosmetik- und Friseurdienstleistungen (15 Prozent), die Inanspruchnahme von Hausarbeit (13 Prozent) und von Nachhilfestunden und Gartenarbeiten mit je 8 Prozent sowie der Kinderbetreuung mit 5 Prozent. Gegenüber 2015 ist der Anteil bei der Kategorie Wohnungs- oder Hausrenovierung mit 15 Prozentpunkten am stärksten gesunken.

Eine hohe Diskrepanz gibt es zwischen eigenem "Pfusch-Verhalten" und der Meinung, wie viel in verschiedenen Bereichen an sich schwarzgearbeitet wird. Beispielsweise haben 21 Prozent der Befragten bei Autoreparaturen einen Pfuscher in Anspruch genommen, 58 Prozent meinen aber, dass in diesem Sektor besonders häufig schwarzgearbeitet wird, also fast drei Mal so viel. Schneider: "Sehr wahrscheinlich wird die tatsächliche Inanspruchnahme von Pfuschleistungen zwischen diesen Werten liegen."

Zwei Drittel sagen: "Ohne Pfuscher kann man sich heute vieles nicht leisten"

"Ohne Pfuscher kann man sich heute vieles nicht leisten" - diesem Statement schlossen sich 67 Prozent der vom Linzer Institut für Markt-, Meinungs- und Mediaforschung Befragten mit einem "Ja" an, lediglich drei Prozentpunkte weniger als Anfang 2015. Auf die Aussage "Der Staat ist eigentlich selbst schuld, dass es so viele Pfuscher gibt. Die Steuern sind einfach zu hoch" antworteten 55 Prozent mit "Ja" - hier zeigte sich jedoch im Jahresabstand ein Rückgang um 10 Prozentpunkte.

Heuer gaben 36 Prozent zu, dass sie in den letzten zwei bis drei Jahren auf einen "Pfuscher" zurückgegriffen hätten, um sieben Prozentpunkte weniger als zuletzt. "Nur" 31 Prozent meinten, dass durch den Pfusch dem Staat viele Milliarden an Steuereinnahmen entgehen. Ganze fünf Prozent meinten, dass man "Pfuscher" anzeigen sollte. Befragt wurden 1.032 in Face-to-Face-Interviews, repräsentativ für die ab 15-Jährige Bevölkerung (Schwankungsbreite maximal +/- 3,11 Prozent).

Der Staat ist der Verlierer

Größter Verlierer beim "Pfusch" sei der Staat, betont Schneider, dem durch die Schattenwirtschaft hauptsächlich Sozialversicherungsbeiträge entgegen - nämlich Steuer- und SV-Beitrags-Ausfälle von 2,0 bis 3,5 Mrd. Euro pro Jahr. Die Steuerverluste würden sich aber in Grenzen halten, da das schwarz verdiente Geld wieder in die offizielle Wirtschaft fließe.

Etwa zwei Drittel der Wertschöpfung komme von "Pfuschern", die selbstständig oder unselbstständig in einem offiziellen Job beschäftigt sind, die volle Steuer- und Abgabenlast tragen und "nur" die "schwarzen" Überstunden nicht versteuern, so der Experte. 16 Prozent der Wertschöpfung des "Pfusches" gehen seinen Angaben zufolge auf organisierte Kriminalität zurück (Prostitution, Bau) und 17 Prozent auf Arbeitslose und Frühpensionisten.

Im Jänner hatte Schneider prognostiziert, dass der Anteil des "Pfuschs" an der offiziellen Wirtschaftsleistung Österreichs - nach einem Anstieg in den beiden Vorjahren - heuer wieder unter die Marke von 8 Prozent des BIP sinken dürfte. Als Grund nannte er vor allem die Entlastung durch die Steuerreform. Insgesamt dürfte das Pfusch-Volumen heuer um gut 700 Mio. Euro auf rund 20,64 Mrd. Euro schrumpfen, so Schneider damals. 2015 war mit 21,35 Mrd. Euro der höchste Wert seit mehr als einem Jahrzehnt erreicht worden. Um 2 Mrd. Euro gedrückt werden dürfte der Pfusch heuer durch die Steuerreform, dafür dürfte die höhere Arbeitslosigkeit die Schattenwirtschaft um 1 Mrd. Euro ankurbeln.

"Pfusch" wird immer weniger als Kavaliersdelikt angesehen

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