Pflegelehre: So machen das die Schweizer

Pflegelehre: So machen das die Schweizer
Beim Nachbarn werden heuer 4.500 Jugendliche ihre "Pflegelehre" abschließen. Ein Modell für Österreich?

Um den akuten Mangel an Pflegekräften zu lindern, plant die Regierung die Einführung des Lehrberufs "Pflegeassistenz". Als Vorbild dazu dient das so genannte "Schweizer Modell". Die Schweiz änderte aufgrund des Pflegenotstands schon 2004 das Berufsbildungsgesetz und führte eine eigene betriebliche Ausbildung ein.

Das Hilfswerk lud dazu den "Vater" des Schweizer Pflegelehre-Modells, Urs Sieber, nach Wien. Sieber ist Geschäftsführer der Dachorganisation der Arbeitswelt Gesundheit "OdASante", dem Branchenverband für die Bildung im Gesundheitswesen. Die Schweiz leide genauso wie Österreich am Personalmangel im Pflegebereich, sagte Sieber. Daher entschloss man sich schon 2004, neue Ausbildungen zu schaffen. "Was wir in der Schweiz brauchen, müssen wir auch selbst ausbilden", so Sieber.

Zwei neue Lehrberufe

2004 trat das neue Berufsbildungsgesetz in Kraft, mit dem zwei neue Lehrberufe eingeführt wurden: Assistentin bzw. Assistent Gesundheit und Soziales sowie Fachfrau bzw. -mann Gesundheit. Diese dualen Ausbildungen können direkt nach Abschluss der Schulpflicht, also bereits mit 15 Jahren, aufgenommen werden.

Pflegelehre: So machen das die Schweizer

Urs Sieber und Elisabeth Anselm (Hilfswerk)

Weiterbildung möglich

Die Ausbildung Fachfrau/-mann Gesundheit dauert drei Jahre, die Lehre für Assistentin bzw. Assistent Gesundheit und Soziales zwei Jahre. Nach der Ausbildung Fachfrau/-mann Gesundheit gibt es die Möglichkeit der Weiterbildung durch eine verkürzte Ausbildung (zwei statt drei Jahre) zur diplomierten Pflegefachfrau bzw. zum diplomierten Pflegefachmann an einer Höheren Fachschule. Für Assistentinnen bzw. Assistenten Gesundheit und Soziales besteht die Möglichkeit einer verkürzten, zweijährigen Ausbildung zur Fachfrau bzw. zum Fachmann Gesundheit und anschließend die zuvor beschriebene verkürzte Diplomausbildung.

Jugendschutz gewährleistet

Wesentlich bei der Entwicklung des neuen Ausbildungsmodells war laut Sieber das Mitwirken der Spitäler, Pflegehäuser und Heimpflegedienste. Somit sei sichergestellt worden, dass die Ausbildungen den Bedarf in der Pflege decken. Durch eine Jugendschutzverordnung und Begleitung im Ausbildungsweg wird laut "OdASante" gewährleistet, dass die jungen Auszubildenden keinen psychisch überbeanspruchenden Situationen ausgesetzt sind oder gefährliche Arbeiten verrichten müssen.

Top 2 bei Lehrberufen

Die duale Ausbildung wird von Jugendlichen in der Schweiz gut angenommen, 2018 war die Ausbildung Fachfrau bzw. -mann Gesundheit der zweitmeist gewählte Lehrberuf in der Schweiz. 2020 werden voraussichtlich etwa 4.500 Menschen in der Schweiz die Ausbildung Fachfrau/-mann Gesundheit abschließen.

Hohe Drop-Out-Rate

Laut Schweizer Medien gibt es nach der Pflegelehre allerdings eine hohe Drop-Out-Rate. So sollen drei Jahren nach Lehrabschluss nur noch ein Drittel der Ausgebildeten in der Pflege tätig sein. Sieber relativiert diese Zahl, die meisten Absolventen würden sich weiterqualifizieren und damit in andere Berufe im Gesundheitswesen wechseln. "80 Prozent bleiben in einem Gesundheitsberuf". Somit wäre ein erster Einstieg in den Bereich erreicht.

7.000 Lehrlinge für Österreich möglich

Hilfswerk-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm schätzt, dass in Österreich nach Vorbild des Schweizer Modells bis zu 7.000 Pflegelehrlinge möglich wären. "Die Pflegelehre wäre ein wichtiger Lückenschluss zur schulischen Pflegeausbildung". Die Einführung der dualen Ausbildung müsse "vorbehaltlos und unideologisch" diskutiert werden.

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