Null Komma nichts

Null Komma nichts
Ein Spritzmittel-Verbot in der EU brächte mehr Hunger in ärmeren Ländern.

Droht ein neuer Lebensmittelskandal? Die bange Frage der deutschen Bild-Zeitung war eine Folge von Dioxin-Funden in Eiern. Wegen Grenzwertüberschreitung wurden deutsche Betriebe geschlossen. „Gefahr soll bei dem Verzehr der Dioxin-Eier nach Behörden-Angaben nicht bestehen“, heißt es am Ende des Artikels. Man müsste nämlich 20 Jahre lang täglich 27 der Dioxin-Eier essen, damit möglicherweise ein gesundheitlicher Schaden eintritt, lautet die Experten-Rechnung. Grenzwerte werden mit einem hohen Sicherheitsfaktor festgelegt.

Totalverbot

Doch das reicht Greenpeace nicht mehr. Mittlerweile geht es um ein völliges Verbot von Pflanzenschutzmitteln. „Leben ohne Pestizide als Antwort auf das Bienensterben“, heißt die neue Greenpeace-Kampagne. Das Verbot der Neonicotinoide war der erste Schritt. Ob diese Wirkstoffgruppe tatsächlich für das Bienensterben verantwortlich war, ist umstritten. Derzeit laufen mehrere Untersuchungen. Faktum ist, dass die Kampagne gegen Neonicotinoide sehr erfolgreich war.

Erklärtes Ziel der Ökoorganisationen ist der Ausbau der Förderung für die biologische Landwirtschaft. Die Greenpeace-Kampagne ist nur der Auftakt. Richtig zur Sache geht es nach der EU-Wahl. Dann steht die Neufassung der EU-Pflanzenschutzrichtlinie auf der Tagesordnung.

Die Umweltorganisationen drängen auf einen Paradigmenwechsel. Statt Grenzwerten für Rückstände soll künftig absolute Rückstandsfreiheit als Norm festgeschrieben werden. Das würde auf ein völliges Verbot von Spritzmitteln und eine Umstellung der Bauern auf biologische Landwirtschaft hinauslaufen.

Die Folgen würden weit über Europa hinausreichen. Beim biologischen Anbau sinken verglichen mit der konventionellen Landwirtschaft die Erntemengen um durchschnittlich 30 Prozent. Unterschiede bis zu 50 Prozent sind möglich.

Höhere Preise

Neben einer massiven Steigerung der Nahrungsmittelimporte nach Europa wären deutliche Preissteigerungen unvermeidlich. Auch bei Beibehaltung der konventionellen Landwirtschaft rechnen Experten mit einer weltweit steigenden Nachfrage und höheren Preisen für Lebensmittel. Der massive Ausbau der Biolandwirtschaft würde das Problem der Lebensmittelknappheit verschärfen. Die reichen Mitteleuropäer könnten die teureren Nahrungsmittel bezahlen, die Bewohner ärmerer Regionen wohl kaum.

Der Geschäftsführer von Bayer CropScience Deutschland, Helmut Schramm, sieht daher in den guten Voraussetzungen für die Landwirtschaft „Auftrag und Verpflichtung“, die „verfügbaren Ackerflächen produktiv zu bewirtschaften“. Deutschland müsse seinen Beitrag zur Welternährung leisten.

Schramm verweist auf eine Studie der Berliner Humboldt Universität. Die vollständige Umstellung auf Ökolandwirtschaft würde in Deutschland zu einem Rückgang der Weizenproduktion von jährlich 12,1 Millionen Tonnen führen. Das entspricht dem Jahresverbrauch der Bevölkerung von Deutschland, Frankreich und Polen.

Bayer in der 1. Liga

Geschichte Im Jahr 1863 gründeten Friedrich Bayer und Friedrich Weskott einen Farbstoffbetrieb. 1899 wurde Aspirin als Warenzeichen eingetragen. Heute besteht das Unternehmen mit über 100.000 Mitarbeitern aus der Bayer Healthcare (Medikamente), der Bayer CropScience (Agrarbereich) und der Bayer MaterialScience (Kunststoffe).

Umsatz Der Umsatz betrug 2012 knapp 40 Milliarden Euro. Derzeit läuft die Übernahme der Sparte rezeptfreie Unternehmen vom US-Konkurrenten Merck um 10,4 Milliarden Euro.

Die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA haben den Streit um die Gentechnik verschärft. In Europa gibt es Befürchtungen, dass der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sowie der Import von Genfood durch das Abkommen ermöglicht wird.

Derzeit werden bereits große Mengen an gentechnisch veränderten Sojabohnen vor allem aus Südamerika importiert. Die Sojabohnen werden auch in Österreich als Futtermittel für Nutztiere verwendet. Das wird sich auch so bald nicht ändern. Die Befürworter der Gentechnik nennen als Vorteile Ertragssteigerungen und bessere Resistenz gegen Schädlinge. Bislang überwiegt die Skepsis.

Die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass die deutsche Bundesregierung dabei ist, ihren Kurs zu ändern. Bisher war die deutsche Kanzlerin Angelika Merkel strikt dagegen, die Entscheidung über den Anbau von gentechnisch veränderter Pflanzen den EU-Mitgliedsstatten zu überlassen. Nun scheinen nationale Anbauverbote für die deutsche Bundesregierung eine akzeptable Lösung zu sein.

Der Widerstand gegen Gentechnik werde nachlassen, „wenn die Vorteile für die Konsumenten deutlich werden“, ist der Geschäftsführer von Bayer CropScience, Helmut Schramm, überzeugt. Als Vorteile nennt er neben niedrigeren Lebensmittelpreisen die Möglichkeit, Inhaltsstoffe wie den Proteingehalt und die Fettsäuren zu beeinflussen.

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