Pernkopf: "Atomstrom sollte teurer werden"

Pernkopf: "Atomstrom sollte teurer werden"
Der neue Präsident des Ökosozialen Forums vermisst im Sparpaket den Umweltgedanken und will Förderungen für Ölheizungen sofort abschaffen.

Stephan Pernkopf will frischen Wind in die Bundespolitik bringen. Warum er die OMV kräftig zur Kasse bitten will, er sich mit der Mineralöllobby anlegt und die Kioto-Strafzahlungen für "sinnlos" hält, erklärt der niederösterreichische Hoffnungsträger der ÖVP im Interview.

KURIER: Herr Pernkopf, Sie sind seit Jänner Präsident des Ökosozialen Forums und lösen Ex-EU-Kommissar Franz Fischler ab. Was wird der Generationenwechsel bringen?
Stephan Pernkopf: Wir sind der Thinktank im agrarischen Bereich und darüber hinaus. Ich möchte die Organisation zum "Do Tank" entwickeln: Es soll eine Umsetzungswerkstatt werden für die Ökosoziale Marktwirtschaft.

Das Sparpaket steht. Sehen Sie das Gleichgewicht zwischen Wirtschaft, Umwelt und Sozialem gewährleistet?
Es ist sicher nicht ökosozial ausgewogen, weil eine Ökologisierung nicht erkennbar ist. Ich gehe aber davon aus, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden wird.

Welche Maßnahmen fehlen, um die Wirtschaft ökosozialer zu machen?
Bei der Ökologisierung darf nicht die Mehrbelastung durch Steuern im Vordergrund stehen. Ich bin der Meinung, dass man es aufkommensneutral machen kann, indem man im Gegenzug den Faktor Arbeit entlastet. Mit ganz klaren Hebel- und Lenkungseffekten soll man das stärker belasten, was umweltschädlich ist und alles entlasten, was die Lebensqualität steigert.


Das Ökosoziale Forum fordert seit Jahren höhere Umweltsteuern. Aber keiner wagt es, sich beispielsweise mit der Partei der Autofahrer anzulegen, weil jede Erhöhung der Mineralölsteuer sofort zum Aufschrei führt. Wollen Sie das ändern?
Eine MÖSt-Erhöhung ist derzeit kein Thema. Aber im nächsten Steuerpakt muss eine ökologische Handschrift erkennbar sein.

Aber können Sie ein Beispiel nennen?
Die Elektrizitätsabgabe wäre eine Lenkungsabgabe im Bereich der Energie, die leicht umsetzbar wäre.

Wie könnte das konkret aussehen?
Ich bin für die Entlastung von Ökostrom und die Verteuerung von Atomstrom. Ein Atomstrom-Importverbot ist meines Wissens nach aufgrund von EU-Gesetzen derzeit nicht möglich. Aber bei der heimischen Elektrizitätsabgabe gibt es die Möglichkeit der Spreizung je nach Stromherkunft. Das ist sofort möglich und wäre aufkommensneutral.

Bisher hat das Ökosoziale Forum immer eine ökologische Steuerreform gefordert. Kann man nicht auch durch Einsparungen Lenkungseffekte erzielen?
Es wurden noch nicht alle Bereiche durchforstet. Was aber kräftige Mehreinnahmen bringen würde, wäre etwa die Anhebung des Förderzinses für die OMV, den sie für Öl- und Gasförderung im Land zahlt. Bei Anhebung auf Weltmarktniveau wären 50 bis 100 Millionen Euro möglich.

Österreich ist vom Klimaziel meilenweit entfernt, laut Kioto-Protokoll drohen Millionenstrafen. Ist das auch eine Lenkungsabgabe, die Sie sich vorstellen?
Ich halte nichts vom Kioto-System der Strafzahlungen für zu hohen -Ausstoß. Die drohende 500 bis 900-Millionen-Strafe für Österreich ist völlig sinnlos. Wenn man im Land Defizite feststellt, soll diese Strafzahlung im eigenen Land investiert werden. Das ist besser als im Ausland Zertifikate kaufen zu müssen. Uns wäre aber ohnehin lieber, man würde rechtzeitig vorsorgen, damit die Ziele erreicht werden.

Aber wie könnte Österreich beim Klimaproblem gegensteuern?
Durch Energiesparen und durch den Einsatz erneuerbarer Energien. Die Energieeffizienz wurde bereits durch die Ökologisierung in der Wohnbauförderung verbessert. Der große Ausreißer ist der Verkehr. Die Attraktivierung des öffentlichen Verkehrs geht in Städten, in den ländlichen Bereichen ist das schwieriger. Hier braucht es neue Ideen, etwa die Bevorzugung von Elektromobilität.

Müsste nicht auch auf gesetzlicher Ebene etwas geändert werden, wenn man die Klimabilanz verbessern will?
Da denke ich an die Investitionsförderung für neue Ölheizungen. Bis 2016 gibt es mehr als 100 Millionen Euro von der Mineralölwirtschaft für neue Ölkessel. Diese Maßnahme treibt die Menschen in eine Kostenfalle, weil sie 20 bis 25 Jahre gebunden sind, ohne Einfluss auf die Preisentwicklung. Gleichzeitig verursacht die Umstiegsförderung noch mehr Kioto-Strafzahlungen wegen des größeren -Ausstoßes. Das ist ein pervertiertes System, das müsste man von heute auf morgen abdrehen.

Wie stehen Sie zur umstrittenen Erhöhung des Biosprit-Anteils auf zehn Prozent?
Wir haben im Verkehrsbereich das größte Problem bei der Entwicklung des -Ausstoßes. Ich halte die Beimischung von Bioethanol für sinnvoll. In Europa werden nur zwei Prozent der Anbaufläche für Biosprit verwendet, während die EU gleichzeitig über eine Stilllegung von sieben Prozent der Flächen diskutiert. Es braucht aber klare ökosoziale Kriterien für Importe.

Ökosozial: Mehr als Wirtschaftswachstum

Ökosoziales Forum Die Einrichtung versteht sich als Plattform, die sich für die Idee der Ökosozialen Marktwirtschaft einsetzt. In dieser sollen neben dem Wirtschaftswachstum auch Umwelt und soziale Gerechtigkeit ausreichend Beachtung finden.

Stephan Pernkopf Der Agrar- und Umweltlandesrat aus NÖ löst Ex-EU-Kommissar Franz Fischler ab. Vor seiner Polit-Karriere in Niederösterreich war er Kabinettchef von Josef Pröll im Landwirtschafts- und im Finanzministerium.

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