Reizthema Nr. 1: Zuckerlkoalition auch an Pensionsreform gescheitert

Reizthema Nr. 1: Zuckerlkoalition auch an Pensionsreform gescheitert
Steigende Lebenserwartung, weniger Erwerbstätige, 30 Milliarden jährlich als Zuschussbedarf. Aber an einer Reform scheiden sich die Geister

Für politische Beobachter kommt es alles andere als überraschend, dass die Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und Neos auch an der Frage einer Pensionsreform gescheitert sind. Daran lassen die Aussagen von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger („für grundsätzliche Reformen gab es mehrfach diese Woche ein Nein“) keinen Zweifel.

Zwar wären zukunftsweisende (Reform-)Schritte in der Bildung, Pflege, Gesundheit, in der Steuer-, Budget- oder Standortpolitik nicht minder bedeutsam – um nur ein paar relevante Politikfelder zu nennen. Doch kaum ein Thema entzweit die Lager derart wie die Pensionsproblematik. Kein Wunder also, dass die letzte Pensionsreform, die diesen Namen verdient, vor rund 20 Jahren umgesetzt wurde.

Dabei haben sich spätestens seit dem Sommer so gut wie alle namhaften Experten für eine der vielen möglichen Reform-Optionen ausgesprochen, um schon im Vorfeld der Nationalratswahl Druck auf die späteren Verhandler aufzubauen. Zwecklos.

Weite Teile von AK, ÖGB, SPÖ und der Pensionistenverbände stemmen sich seit Jahren gegen jede Verschärfung. Ihre Argumente lauten: Bei entsprechendem Wirtschaftswachstum sind die Pensionen auch in Zukunft finanzierbar. Eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters sei der falsche Weg, denn es gebe schlicht und ergreifend zu wenige Jobs für Ältere. Zu viele Pensionsantritte erfolgten aus gesundheitlichen Gründen oder aus der Arbeitslosigkeit heraus.

Letzteres stimmt auch. Umso wichtiger wäre ein ganzheitlicher Ansatz, der die Aspekte des Arbeitsmarktes für Ältere, Anreize für längeres Arbeiten (ev. auch in der Pension), aber eben auch die demografische Entwicklung im Auge behält. Es geht dabei um Weichenstellungen, die über die Legislaturperiode hinausreichen, und die angesichts von Null-Wachstum und der gähnenden Leere im Staatshaushalt heute dringlicher denn je erscheinen.

Denn: Bis 2050 wird die Zahl der Pensionisten um eine Million steigen und jene der Erwerbstätigen um 300.000 sinken. Die demografische Schere geht massiv auf und dabei muss der Staat schon jetzt 30 Milliarden Euro pro Jahr zum Pensionssystem zuschießen.

Einzahler nötig

Es müsste daher alles getan werden, um die Menschen möglichst lange und möglichst gesund im Erwerbsleben zu halten – und somit als Einzahler ins System. Ein Vorschlag lautet: Die Bedingungen der Korridorpension, die einen Pensionsantritt mit Abschlägen ab 62 ermöglicht, zu verschärfen. Entweder beim Mindestalter oder bei der Höhe der Abschläge.

Reizthema Nr. 1: Zuckerlkoalition auch an Pensionsreform gescheitert

Arbeiten bis 70?

Eine andere Schraube, an der man bei entsprechendem politischen Willen drehen könnte, ist das Antrittsalter in der „normalen“ Alterspension. Es liegt derzeit bei 65 für Männer und ab heuer bei 62 Jahren für Frauen. Berechnungen zeigen: Würden die Österreicher ein Jahr später in Pension gehen, wären Einsparungen von 2,5 Milliarden jährlich möglich.

Dazu schlagen Experten vor, dass Pensionsantrittsalter an die ständig steigende Lebenserwartung zu koppeln. Auch hier gibt es Berechnungen der Agenda Austria, wie viele Milliarden das pro Jahr bringen würde (siehe Grafik).

Gibt es jetzt keine Pensionsreform, wird die Budgetkonsolidierung umso schwieriger. Auch deshalb, weil Schwarz-Grün zuletzt noch rasch Milliarden für Beamten-Gehälter und die Pensionserhöhung genehmigten.

Kommentare