Pensionen: Die große Enttäuschung

Pensionen: Die große Enttäuschung
Bezieher von betrieblichen Zusatzpensionen klagen über fast alljährliche Kürzungen ihrer Pension.

Peter Fischer ist verbittert, wenn er an die jährliche Mitteilung seiner Pensionskasse denkt. Nur noch knapp 50 Euro im Monat erhält der mittlerweile 80-Jährige, der früher beim ABB-Konzern als Schweißer beschäftigt war. „Vor 20 Jahren habe ich noch 147 Euro an betrieblicher Zusatzpension bekommen“, erzählt er.

Nicht besser, wenn auch mit einer viel höheren Monatspension, ergeht es dem ehemaligen Banker Ernst Paleta. Seine Betriebspension schrumpft von Jahr zu Jahr. „Das kann doch nicht im Sinne des Gesetzgebers sein. Die Pensionskassen verdienen Geld, die Pensionisten verlieren Geld“, sagt er verärgert im Gespräch mit dem KURIER. Wie konnte das passieren?

Der Geburtsfehler

In Österreich wurden die ersten Pensionskassen Anfang der 1990er Jahre in der Boomphase der Kapitalmärkte gegründet. Der Glaube an langfristig erzielbare Renditen von sieben, acht oder mehr Prozent im Jahr war groß. Wenn man künftige Pensionen mit solchen Zinssätzen hochrechnet, kommen natürlich hohe Pensionserwartungen heraus. Diese sind bei niedrigeren Renditen niemals erzielbar.

Abgewälzt

Problem Nummer zwei entspringt dem Phänomen, dass die Unternehmen die Risiken der Betriebspension einfach auf die Mitarbeiter abgewälzt haben. Banken, E-Wirtschaft und Großunternehmen haben in den 1990er Jahren nämlich ihr Sozialkapital, das sie für die Betriebspensionen in den Bilanzen vorhielten, an die Pensionskassen übertragen. Und je höher sie die künftigen jährlichen Steigerungen des Pensionskapitals ansetzten, umso weniger mussten sie übertragen. Kurz gesagt: Banken- und Firmensanierung auf Kosten der Beschäftigten.

Börsencrashes

Als die ersten Mitarbeiter mit Anspruch auf Betriebspension in den 2000er-Jahren in Pension gingen, war von hohen jährlichen Renditen keine Rede mehr. Das Platzen der Dotcom-Blase 1999 hatte den Pensionskassen herbe Verluste beschert. Die Pensionen waren also schon zu Beginn bei Weitem nicht so hoch wie einmal versprochen. Einige Betriebspensionisten starteten mit Monatspensionen, die um ein Fünftel tiefer lagen als erwartet.

Pensionen: Die große Enttäuschung

Gesetz geändert

Kurzerhand wurde damals das Pensionskassengesetz zugunsten der Kassen geändert. Der ursprünglich garantierte Mindestzins von 1,5 Prozent im Fünf-Jahres-Durchschnitt wurde gekippt. Die Verluste hatten also die Pensionisten und Einzahler zu tragen.

Leere Polster

Das Ergebnis dieser Entwicklung: Die Pensionisten konnten die Verluste aus den Börsencrashes 1999/2000 und 2008 nie wieder aufholen. Die Pensionskassen mussten nämlich in guten Börsejahren mit den Erträgen ihre Polster (Schwankungsrückstellungen genannt) auffüllen, für die Pensionisten blieb somit wieder nichts übrig.

Mini-Erträge

Für die rund 950.000 Beitragszahler in die Pensionskassen sind die Aussichten nicht besonders erquicklich. Extrem volatile Börsen und Null-Zinsen bei Anleihen drücken die Ertragserwartungen. Künftige Pensionen werden mit viel niedrigeren jährlichen Renditeerwartungen berechnet. 2 bis 2,5 Prozent Rendite im Jahr hoffen die Pensionskassen im langjährigen Durchschnitt erwirtschaften zu können. Wird es mehr, könnte es sogar Pensionserhöhungen geben.

Risiken

Was bleibt ist die Erkenntnis: Vorsorge auf Kapitalmarktbasis ist mit Risiken verbunden. Wenn aber alles gut geht, kann die Pension auch höher sein als prognostiziert.

Alles hängt vom richtigen Zeitpunkt ab

Ob eine Veranlagung am Kapitalmarkt über einen längeren Zeitraum gut oder schlecht ausgeht, hat immer auch mit zwei Faktoren zu tun: dem Zeitpunkt des Beginns und dem Zeitpunkt des Ausstiegs, also dem Start der Pension. Wer in jungen Jahren als sogenannter Anwartschaftsberechtigter einer Pensionskasse einmal einen Verlust erleidet, weil eben die Kapitalmärkte negative Renditen abwarfen, hat gute Chancen, diesen Verlust bis zum Pensionsantritt mehr als wettzumachen.

Passiert ein größerer Verlust aber kurz vor Pensionsantritt, lässt sich das Minus kaum noch aufholen. Und wenn der Verlust zum Zeitpunkt des Übertritts in die Pension eintritt, ist das Minus gleich der ersten gekürzten Pension.

Österreichs Pensionskassen haben gegenüber ausländischen Beispielen wie den Niederlanden oder der Schweiz zudem einen Nachteil: Sie sind zu jung. Damit haben sie noch zu wenig Polster für schlechte Börsezeiten aufgebaut.  Die Niederlande haben Pensionskassen bereits seit Ende der 1950er Jahre. 

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