Paradox: Die Konjunktur brummt, die Aktienkurse fallen trotzdem

Paradox: Die Konjunktur brummt, die Aktienkurse fallen trotzdem
Aktienanleger fürchten sich vor steigenden Zinsen und einem zu starken Euro.

Die Daten sind hervorragend: Eine am Montag veröffentlichte Umfrage unter 5000 Unternehmen in der Eurozone zeigt, dass die Konjunktur im Währungsraum so gut in Schwung ist wie schon seit Mitte 2006 nicht mehr. Am Freitag gab es Positives vom US-Arbeitsmarkt. Dort hält die Arbeitslosenrate bei nur noch 4,1 Prozent – dem tiefsten Stand seit 17 Jahren. Und trotzdem werfen Anleger aktuell Aktien mit vollen Händen aus ihren Depots. An den Börsen in Asien und Europa ging es zum Wochenstart nahezu überall nach unten. Wirkt paradox, Experten finden aber einige Erklärungen dafür.

Steigende ZinsenDer gute US-Arbeitsmarktbericht zeigte etwas, was Börsianern so gar nicht schmeckt: Die Stundenlöhne waren im Jänner so stark gestiegen wie schon seit neun Jahren nicht mehr. Das schürt die Sorge, dass die Inflation stärker anzieht als erwartet. An Jerome Powell, der mit Wochenbeginn sein Amt als neuer Chef der US-Notenbank Fed angetreten hat, wird es liegen, mit den richtigen Zins-Dosen die Inflation im Zaum zu halten. Aktuell liegt der Fed-Leitsatz bei 1,25 bis 1,5 Prozent (siehe Grafik unten). Mindestens drei, wenn nicht gar vier Zinserhöhungen erwarten die Börsianer nun für heuer. Dabei stellt sich die Frage, wie gut Konzerne, die sich in Zeiten des Zinstiefs hoch verschuldet haben, um zu expandieren und Konkurrenten zu schlucken, das verdauen können. Die Börsen werden jetzt von der Droge Billiggeld mehr und mehr entwöhnt, formulieren das Veranlagungsexperten. Bei höheren Zinsen bleiben Aktien nicht alternativlos, weil andere Investments wieder interessanter werden.

Euro-Dollar-KursAnders als ihr US-Pendant wird die Europäische Zentralbank beim Leitzins voraussichtlich erst 2019 die Nulllinie verlassen. Aktienanleger im Euroraum treibt aber die Sorge um, der vergleichsweise hohe Euro-Kurs könnte die Konjunkturparty stören. Allein im Jänner hat sich der Euro gegenüber dem US-Dollar um 3,6 Prozent verteuert. Im Vorjahr waren es 15 Prozent. Nach dem Umrechnen in Euro sind Erträge, die im Dollar-Raum erwirtschaftet werden, gar nicht mehr so glänzend. Dass sich das Euro-Dollar-Verhältnis bald stark verschiebt, sei nicht zu erwarten, sagen die Profis voraus. Die Begründung: Mit der Steuerreform steigen die ohnehin enormen Staatsschulden der USA weiter. Die erwarteten Zinserhöhungen helfen dem Dollar da auch nicht auf die Sprünge.

Fazit der Börsenexperten: Die gute Konjunktur sollte die Kurse auch weiterhin beflügeln können. Die Schwankungen werden aber viel heftiger ausfallen als zuletzt, Korrekturen um zehn Prozent sind nicht ausgeschlossen.

Paradox: Die Konjunktur brummt, die Aktienkurse fallen trotzdem
Grafik

Kommentare