Papier gegen Plastik: Wer gewinnt das Ökoduell?

Papier gegen Plastik: Wer gewinnt das Ökoduell?
Die EU sagt den Verpackungsmüll den Kampf an. Der Vergleich der Umweltbilanz von Papier und Kunststoff fällt durchaus überraschend aus.

Die EU rückt dem Verpackungsmüll zu Leibe. So müssen bis 2030 alle Verpackungen recyclebar sein und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft umgesetzt werden. Um wichtige Details der neuen EU-Verpackungs- und Verpackungsabfallverordnung (PPWR, Packaging and Packaging Waste Regulation), die bis Jahresende feststehen sollen, wird heftig gerungen. Für Aufregung sorgt der Plan, dass Obst und Gemüse unter 1 Kilo oder Fast Food nicht mehr in Karton, sondern in wiederverwertbaren Plastiktassen verkauft werden muss.

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Laut Wellpappeverband ein Unfug, denn dafür müssten bis 2040 mehr als 8 Milliarden neue Plastikboxen hergestellt und in Umlauf gebracht werden. Ökologisch sinnvoll sei das nicht. Die Kunststoffindustrie hält das für durchaus machbar. Die Umweltorganisation Greenpeace will sich auf das Match Papier gegen Plastik erst gar nicht einlassen. Die eine umweltfreundliche Verpackung gebe es nicht. Hauptproblem bleibt die Vermüllung der Umwelt – egal mit welchem Verpackungsmaterial.

Stellt sich die Frage für Konsumenten: Wie gut schneiden Papier und Plastik im Öko-Check überhaupt ab? Der KURIER stellte die beiden Materialien gegenüber und fasste die wichtigsten Pro- und Contra-Argumente zusammen. Machen Sie sich selbst ein Bild.

Papier gegen Plastik: Wer gewinnt das Ökoduell?

PRO & CONTRA KUNSTSTOFF: Vielseitig nutzbar, aber Tücken beim Recycling

Strengere Umweltauflagen – Stichwort Mikroplastik – zwingen die  Industrie, Plastik-Verpackungen ressourcenschonender zu produzieren und recyclingfähiger zu machen.    Es spricht aber einiges für  das Material.

+ Langlebigkeit
Kunststoff braucht 450 Jahre, bis er sich zersetzt. Was ein Riesen-Müllproblem ist, stellt technisch gesehen einen großen   Vorteil gegenüber anderen Materialien  dar.    Verpackungen  aus Kunststoff haben eine viel längere Lebensdauer als jene aus Papier und können wesentlich vielseitiger eingesetzt werden, da  sie bruchfest, elastisch und wasserabweisend sind und  hohen sowie  niedrigen Temperaturen trotzen.

+ Bioplastik
Mehrweg (z. B. PET-Flaschen) statt Einweg und neue  Materialien sind das große Thema in der Kunststoffindustrie. So gibt es bereits kompostierbare Kaffeekapsel oder  Bioplastik-Folien aus holzbasiertem Cellophan.  Recycelbar ist dieses Bio-Plastik allerdings nicht.

+ Produktschutz
Lebensmittel, vor allem Obst und Gemüse, sind in Kunststoff-Verpackungen länger haltbar. Damit können  Lebensmittel-Verluste   und -Abfälle deutlich reduziert  werden. Zudem werden die Verpackungen immer leichter, was wiederum Kunststoff erspart.

Symbolbild: Abgepacktes Obst und Gemüse in Plastik

Symbolbild: Abgepacktes Obst und Gemüse in Plastik

- Tücken beim Recycling
Ob Kunststoff recycelt werden kann, hängt davon ab, woraus er zusammengesetzt ist und ob er zum Beispiel gefärbt ist. Mischungen aus verschiedenen Kunststoffen können in der Regel nicht mehr getrennt werden. Die Recyclingquote beträgt 38 Prozent. Dazu kommt, dass recycelter Kunststoff viel teurer als neuer Kunststoff ist.

- Fossiler Rohstoff
Der Rohstoff Erdöl  ist irgendwann erschöpft. Wenn Kunststoffverpackungen in der Umwelt landen und verbleiben, stellen sie ein großes Problem dar. Kleine Plastikpartikel verschmutzen die Weltmeere.

- Sammelsystem fehlt
Zwar gibt es in Österreich eigene Sammelcontainer für Plastikflaschen. Für    Kunststoff-Mehrwegverpackungen  fehlt es im Gegensatz zum Papier vielerorts aber noch an einem Sammelsystem samt der dazugehörenden Logistik.    Wenn   Verpackungen wie Plastikboxen nur ausgewaschen, aber nicht an den Ursprungsort retourniert werden, wächst der Plastikmüllberg weiter an. Hohe Transport- und Reinigungskosten im Vergleich zu Papierrecycling verursachen auch höhere -Emissionen.    

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PRO & CONTRA KARTON: Nachwachsender Rohstoff, gut recyclebar

Ein Rundblick im Supermarkt zeigt: Verpackungen aus Papier oder Karton ersetzen – vor allem bei Bio-Ware – das weitverbreitete Einweg-Plastik. Aber ist Papier wirklich so „grün“?

+ Rohstoff Holz
Papier wird aus dem  nachwachsenden Rohstoff Holz erzeugt, der   aus der für den Wald notwendigen Durchforstung stammt (Faser- bzw. Schleifholz) oder als Sägenebenprodukt (Hackgut) anfällt.  Die Wälder werden meist wieder aufgeforstet.   

+ Recycling
Verpackungen auf Papierbasis haben mit 85 Prozent die höchste Recyclingquote in Österreich; EU-weit sind es 80 Prozent. Die Altpapiersammlung ist lange etabliert. Altpapierfasern können bis zu siebenmal wiederverwertet werden. Und werden es auch. Im Schnitt bestehen  75 Prozent der Verpackungen aus Recyclingfasern, nur 25 Prozent aus Frischfasern.  

+ Plastik-Ersatz
Papierbasierte Lebensmittelverpackungen enthalten bis zu 90 Prozent weniger Kunststoff als vergleichbare Kunststoffverpackungen und werden immer dünner.   Verbundverpackungen  mit Beschichtungen sind aber  nicht so gut recyclebar wie  Verpackungen aus nur einem Material. Dafür braucht es spezielle  Anlagen.

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- Abholzung 
Klimaschützer sehen das großflächige Abholzen der Wälder kritisch.  Der steigende Papierbedarf   trägt maßgeblich zur weltweiten Waldzerstörung bei. Rund 28 Prozent der in Österreich verarbeiteten Fasern stammt aus dem Ausland mit teils langen Transportwegen.

- Energiefresser
Die Papierproduktion benötigt sehr viel Energie. Für die heimische Produktion lag er laut Branchenverband Austropapier (AP) im Jahr 2020 bei 16.000 GWh, davon 4.400 GWh Strom und 11.600 GWh Dampf (Wärme). Aber: Die Branche erzeugt auch viel Energie. Laut AP rund  16.100 GWh (2020).  60 Prozent der  Energieträger sind  erneuerbar. Es kommen auch Reststoffe aus der Produktion wie Rinde, Biolauge oder Schlämme aus der Abwasserreinigung   zum Einsatz.  

- Chemikalien
Bei der Papierherstellung werden viele Chemikalien verwendet. Vor allem Take-away-Verpackungen  wie Pappbecher werden zudem oft mit Chemikalien behandelt. Für  die Produktion wird viel Wasser benötigt, das gereinigt werden muss, um wieder in den Fluss zurückgeleitet zu werden.

Fazit: Verpackung wenn geht vermeiden

„Weder Einweg-Plastik, noch Einweg-Papier ist die Lösung. Sinnlose Produkte müssen komplett weggelassen und notwendige Verpackungen auf Mehrweg umgestellt werden“, sagt Lisa Panhuber, Expertin für Konsumentenfragen bei Greenpeace. Wenn Supermärkte Wegwerfprodukte wie die neuen Papier- oder Bioplastiksackerl gratis anbieten,  seien sie Teil des Problems, nicht der Lösung. Für Konsumenten heißt das: Die beste Verpackung für die Umwelt ist jene, die vermieden wird.

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