Osteuropa zurück auf der Überholspur

Andrang auf der Karlsbrücke in Prag – östliche Nachbarn sind im Aufwind
Dauerhaft kräftiges Wachstum: Rot-weiß-rote Firmen aus allen Branchen profitieren.

Die Zeiten, in denen sich Unternehmen für ihr Osteuropa-Engagement rechtfertigen mussten, sind vorbei. Österreichs Nachbarschaft ist nach Jahren der Krise auf der Überholspur. Weil das Wachstum solide auf mehreren Beinen steht, sind die Forscher zuversichtlich, dass das auch in den kommenden Jahren so bleibt.

"Der Aufholprozess wird wahrscheinlich für den Rest des Jahrzehnts anhalten", sagte Peter Havlik vom Wiener Institut für Wirtschaftsvergleiche. Der Abstand, den es wettzumachen gilt, ist beträchtlich. Selbst rasch wachsende Länder wie Polen und Ungarn werden in den nächsten 10 Jahren bestenfalls 80 Prozent des EU-Wohlstandsniveaus erreichen.

Positiv betrachtet bedeutet das gute Geschäftschancen für Investoren, denn die Konjunktur zieht kräftig an – am stärksten unter den EU-Mitgliedern. Selbst Kroatien, das am schlechtesten abschneidet, soll heuer 3 Prozent Plus erreichen. Noch viel besser sind die Prognosen etwa für Tschechien (+3,7 Prozent), Polen (+3,8 Prozent), oder Rumänien (+5,7 Prozent). In ähnlicher Tonart soll es 2018 und 2019 weitergehen. Und sogar Russland hat sich nach schwierigen Rezessionsjahren stabilisiert und wächst heuer um 1,7 Prozent.

Große Investitionen

Der gute Ausblick für Österreichs erweiterten Heimmarkt freut heimische Unternehmen aus allen Branchen:

Banken

Die Raiffeisen Bank International, die 16,5 Mio. Kunden in der Region betreut, meldete Gewinne aus allen 14 Märkten. "Der breite Wirtschaftsaufschwung in Zentral- und Osteuropa spiegelt sich in allen unseren Segmenten wider", kommentierte RBI-Chef Johann Strobl. Auf Sicht der nächsten drei Jahre wird besonders in Tschechien, Rumänien und der Slowakei ein starkes Geschäftswachstum erwartet.

Industrie

Der Tiroler Holzkonzern Egger expandiert kräftig. Neben einem Zukauf in Argentinien und Plänen in North Carolina (USA) entsteht in Biskupiec im Nordosten Polens um 250 Mio. Euro ein neues Werk. Rund 400 Mitarbeiter sollen ab Ende 2018 die boomende Möbelindustrie der Region mit Spanplatten beliefern. In Russland hatte Egger trotz damals schwacher Konjunktur investiert. Und profitiert jetzt: Die modernisierte Anlage in Gagarin läuft seit Anfang 2016.

Services

Die gute Auslastung macht sich bemerkbar; Arbeitskräfte werden knapp. Das sei schon in Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Rumänien zu spüren, sagt Trenkwalder-Chef Oktay Erciyaz zum KURIER. Was einen Personalvermittler natürlich freut, weil seine Dienste gefragt sind. Trenkwalder will künftig mit Partnern verstärkt Arbeitskräfte in der Ukraine rekrutieren, wo in naher Zukunft eigene Organisationseinheiten geplant seien.

Bauen

Der Baustoffkonzern Wienerberger musste jüngst zwar sein Jahresziel senken. Osteuropa ist aber ein großer Lichtblick; insbesondere öffentliche Infrastrukturaufträge lassen die Nachfrage nach Rohrsystemen steigen.

Flüge

Auch der Flughafen Wien spürt den Boom: Das Passagieraufkommen in Richtung Osteuropa ist von Jänner bis September um elf Prozent gestiegen.

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