„Ohne billigeren Strom keine Wasserstoff-Technologie“

„Ohne billigeren Strom keine Wasserstoff-Technologie“
Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner stellt seine Strategie vor – und liefert dabei Überraschungen.

Nachdem der Gewinn des Stahl- und Technologiekonzerns Voestalpine im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2019/’20 um 60 Prozent eingebrochen ist, muss sich Neo-Vorstandsvorsitzender Herbert Eibensteiner etwas einfallen lassen. Nach einer jahrelangen Rekordserie ist das Linzer Unternehmen fast über Nacht von einem rauen Umfeld umgeben. Mit dem Ausmaß des Gegenwinds hätten vor einigen Monaten nur wenige gerechnet.

Keine Panik

Der Handelskonflikt zwischen China und den USA, die allgemeine Konjunktureintrübung und hohe Rohstoffpreise zwingen Eibensteiner zum Handeln. Dass er sich seinen Start im Chefsessel anders vorgestellt hätte, lässt er sich auch auf mehrfaches Nachfragen nicht abringen. Schwierige Zeiten habe es immer wieder gegeben, die habe er schon fußfrei in erster Reihe im Vorstand miterlebt. Und die habe man managen können. Er erinnert an die Finanzkrise 2008 und die folgenden Jahre.

Internationales Echo

Ähnlich unaufgeregt will er die aktuellen Turbulenzen bewältigen. Effizienzsteigerungen und Kostensenkungen hat er bereits im August angekündigt, nun liefert Eibensteiner Details: Er will die Kapazitäten anpassen, den Einkauf verbessern und Leasingpersonal abbauen. Die Voestalpine soll sich weiter weg vom Stahlkocher hin zum Technologiekonzern entwickeln. Lieferte das Unternehmen früher Schienen, so sind es heute High-Tech-Weichen. „Und das wollen wir ausbauen“, sagt Eibensteiner. Konkret will sich die Voestalpine durch Komponenten in den Bereichen E-Mobilität, High-Tech-Werkstoffe, Flugzeugkomponenten und 3D-Metall-Druck etablieren.

Digitalisierung wird dabei eine dominante Rolle spielen. Erste Leuchtturmprojekte sind das vollautomatische Drahtwalzwerk in Donawitz und das in Bau befindliche Edelstahlwerk in Kapfenberg. Über beide wird inzwischen sogar in großen internationalen Medien berichtet.

Der Umwelt- und Klimaschutz soll bei all dem nicht zu kurz kommen, doch muss hier auch die Politik mitspielen, meint Eibensteiner: „Die technologischen Potenziale zur -Einsparung in der Stahlindustrie sind nahezu ausgeschöpft.“ Die Klimaziele seien nur über „grünen Strom“ zu erreichen. Investitionen in erneuerbare Energie müssten drastisch erhöht werden, auch müsse der Strom aus erneuerbarer Energie günstiger werden.

Kein Wundermittel

Dass Wasserstoff das zukünftige Wundermittel ist, stellt er in Frage: „Wir werden langfristig sehen, ob die Wasserstoff-Technologie das bringt, was sie verspricht.“ Die Voestalpine baut derzeit eine Wasserstoffanlage für Stahlerzeugung, der Probebetrieb soll Mitte Oktober beginnen. Man werde aber erst in den kommenden Jahren herausfinden, ob Wasserstoff wirtschaftlich sei. Derzeit werde er aus Erdgas hergestellt, und das sei definitiv nicht wirtschaftlich. Denn das gehe nur mit günstigerem Strom. Ohne diesen werde es keine Wasserstoff-Technologie geben.

Kommentare