Rechnungen: Öffentliche Hand zahlt noch später

Viele Unternehmen verhängen gegen Kunden, die Rechnungen nicht zeitgerecht zahlen, Liefersperren.
Gemeinden, Länder und Bund zahlen erst nach 38 Tagen ihre Rechungen, das ist neun Tage später als Firmen.

Die Zahlungsmoral der österreichischen Unternehmen hat sich weiter verbessert. „Die Firmen zahlten im Schnitt nach 29 Tagen, das ist um einen Tage kürzer als im Vorjahr“, sagt Johannes Eibl vom Gläubigerschutzverband KSV1870. Die Privatpersonen zahlen schon nach 17 Tagen ihre Rechnungen, das ist ebenfalls ein Tag weniger als 2014.

Rechnungen: Öffentliche Hand zahlt noch später
Zahlungsmoral 2015
Nur die öffentliche Hand, sprich die Gemeinden, die Länder und der Bund, macht ihre Hausaufgaben immer noch nicht. Laut KSV1870-Chef Johannes Nejedlik zahlen die Öffentlichen im Schnitt erst nach 38 Tagen ihre offenen Rechnungen, das ist ein Tag langsamer als 2014. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage unter Klein- und Mittelbetrieben (KMU), die der KSV1870 gemacht hat. Detail am Rande: Aufgrund der EU-Zahlungsverzugs-Richtlinie, die 2013 in Kraft trat, müsste die öffentliche Hand ihre Rechnungen eigentlich binnen 30 Tagen begleichen.

Zahlungsausfälle bedrohen Existenz

„Die Wirtschaftslage lässt es nicht mehr zu, dass unbezahlte Rechnungen einfach hingenommen werden“, sagt KSV-Chef Nejedlik. „Ohne effizientes Forderungsmanagement schmelzen besonders bei schlechter Konjunktur die schwer erkämpften Umsätze rasch dahin. Wenn ein Unternehmen seine Liquidität verliert, geht es rasch ans Eingemachte.“ Denn: 37 Prozent der Befragten gaben an, bei Zahlungsausfällen ihrer Kunden in einen Liquiditätsengpass zu geraten.

Liefersperren gegen säumige Kunden

Jedes zehnte Unternehmen gestand sogar ein, dass es durch die unbezahlten Rechnungen „unmittelbar in seiner Existenz bedroht“ ist. Rund 58 Prozent klagen zumindest über Gewinneinbußen. Viele Unternehmen setzen mittlerweile bei säumigen Kunden die „Daumenschrauben“ an. „Bereits 53 Prozent der Unternehmen stellen ihre Lieferungen an Kunden ein, um künftige Forderungsverluste zu vermeiden“, weiß Eibl. „Um Forderungsverluste auszugleichen, stellt mehr als die Hälfte der Befragten, sprich 51 Prozent, die Zahlungskonditionen bei einzelnen Kunden auf Vorauskassa oder Nachnahme um.“ Nachsatz: „Nur neun Prozent geben an, ihre Verluste in Form von Preiserhöhungen an ihre Kunden weiterzugeben.“

Darüber hinaus räumten 58 Prozent der befragten Firmen ein, dass sie unbestrittene, offene Rechnungen immer und unabhängig von der Forderungshöhe eintreiben. Das ist ein Plus von fünf Prozent im Vergleich zu 2014.

Rund 67 Prozent der offenen Forderungen sind jünger als zwei Wochen, wenn die Firmen das erste Mal gemahnt werden. „Das ist sehr positiv, denn die Erfahrung zeigt, dass junge Forderungen die besten Chancen haben, einbringlich gemacht zu werden“, sagt Eibl. „Auch die erste Mahnung wird heuer schneller an die Kunden versendet als noch im Vorjahr.“

Keine Inkassoaufträge gegen öffentliche Hand

Zurück zur öffentlichen Hand: Sie setzt sich laut KSV1870 aus Gemeinden (50 Prozent), Ländern (25 Prozent) und dem Bund (25 Prozent) zusammen. Die meisten ihrer Lieferanten räumen den Öffentlichen seit einem Jahr jedoch wieder ein vertraglich vereinbartes Zahlungsziel von 31 Tagen ein. Und auch dieses wird von 23 Prozent der öffentlichen Kunden nicht eingehalten."Hinzu kommt, dass gerade im Umgang mit der öffentlichen Hand Vorsicht herrschen dürfte. So werden Außenstände weniger häufig an Inkassoinstitute zur Betreibung weitergegeben als etwa bei Firmen- und Privatkunden", so der KSV1870. „Böse Zungen könnten meinen, dass die Betriebe aus Angst davor nicht mehr beschäftigt zu werden, Eskalationen meiden“, erläutert KSV1870-Vorstand Nejedlik.

Umsatzrückgänge bei KMU

Aktuell berichtet beinahe jedes vierte befragte Unternehmen mit einem Umsatz zwischen zwei und zehn Millionen Euro von Umsatzrückgängen. „Die kleinen Unternehmen leiden auch deshalb am meisten, weil sie Umsatzrückgänge schlechter abfedern können als die großen. Daher ist diese Entwicklung gerade in einem klassischen KMU-Land wie Österreich besonders bedenklich“, erklärt Eibl. Es ist kein Wunder, dass auch die Einschätzung der eigenen Lage bei den Befragten gedämpfter ausfällt: Bereits 40 Prozent der Unternehmen, zwei Prozent mehr als 2014, schätzen sie gerade noch als befriedigend ein. Das Lager derer, die sie überhaupt mit mangelhaft bzw. ungenügend bewerten, ist um 3 Prozent gegenüber 2014 auf bereits 14 Prozent gestiegen. Auch bei den Prognosen macht sich steigender Pessimismus bemerkbar: Nur 39 Prozent, 2014 waren es noch 45 Prozent, rechnen noch mit einer guten bzw. sehr guten Entwicklung in den nächsten 6 Monaten. Immerhin 44 Prozent erwarten auch im nächsten halben Jahr nur befriedigende Geschäfte.

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