„Wir halten diese Entscheidung für sehr wichtig. Damit dürften wahrscheinlich auch die jahrelangen Rechtsstreitigkeiten mit den Chinesen ausgeräumt sein“, zeigt sich Goldscheider im Gespräch mit dem KURIER erleichtert.
Im Weltraum-Krimi geht es um viel Geld – und um die politische Macht im Orbit. Wer die Satellitennetzwerke hat, der kann auf die Daten der Kunden zugreifen.
Das Berliner Wirtschaftsministerium unter dem Grünen Robert Habeck begründete seine Entscheidung im Prüfungsverfahren mit der Gefährlichkeit Chinas. Die Involvierung des Bundeskabinetts (wäre in Österreich der Ministerrat) zeigt, welche Bedeutung die Regierung der Causa beimisst. Deutschland sieht China heute wesentlich kritischer als noch vor einigen Jahren, als sich die Shanghai Spacecom Satellite Technology (SSST) bei Kleo Connect einkaufte.
Ängste und Warnung
Jetzt warnt das Ministerium eindringlich. „Die Volksbefreiungsarmee kontrolliert alle chinesischen Satelliten“, heißt es in der Entscheidung. Die militärische Durchdringung im Raumfahrtsektor sei besonders tief, daher sei es realistisch, dass die Volksbefreiungsarmee auch die Satelliten von Kleo Connect kontrollieren würde. Kleo könne die Übertragung von Daten unterbrechen, verlangsamen oder die Kommunikation manipulieren. Mit gravierenden Auswirkungen für Unternehmen, kritische Infrastruktur und Überwachungs- sowie Sicherheitssysteme.
Die Kleo-Gründer, Wissenschafter und Techniker der europäischen Raumfahrtindustrie, brauchten damals Geld und ließen die SSST ins Unternehmen. Damit begann ein erbitterter Streit um die Vorherrschaft, mittlerweile sind 70 Verfahren anhängig. Die Gründer riefen Rivada gegen die Chinesen zu Hilfe. Heute ist nicht einmal rechtsgültig geklärt, ob Rivada oder Shanghai die Mehrheit hat.
Milliarden-Investitionen
Aus Sicherheitsgründen wurden die von Liechtenstein erteilten Lizenzen für die Frequenzen, auf denen die Satelliten senden sollen, von Kleo bereits an Rivada übertragen. Die US-Gruppe will groß ins Weltraum-Business einsteigen. „Wir werden 2024 und 2025 jeweils 300 Satelliten starten“, erklärt Goldscheider. Die ersten 300 Satelliten, je 500 Kilo schwer und doppelt so groß wie jene von Starlink, werden von der Boeing-Tochter Terran Orbital produziert und belaufen sich auf 2,4 Milliarden Dollar – die Startkosten noch nicht inkludiert.
Trägerraketen sind Mangelware und werden von Musks Weltraumfirma SpaceX angemietet. „Wir haben eine Reihe technischer Vorteile. So brauchen wir keine Bodenstationen, sondern haben nur Point-to-Point-Verbindungen über Lasertechnologie“, erklärt Goldscheider. Das Netz sei abhörsicher und 100 Mal schneller als eine 100-Megabit-Internetleitung. Potenzielle Kunden sind Staaten, Behörden und große Streamer.
Der Rivada-Verwaltungsrat erhielt heuer prominente Verstärkung. Im August kam Michéle Flournoy, Vize-Verteidungsministerin unter Barack Obama. Kurz zuvor dockte Mike Pompeo (Ex-Außenminister und CIA-Direktor) an. Schon länger drin sind u. a. George Foresman (Vize-Heimatschutzminister) und Martin O’Malley, Ex-Gouverneur von Maryland, sowie Field Marshal Lord Guthrie, ehemaliger Generalstabschef der britischen Armee.
Goldscheider begann seine Karriere bei George Soros, für den er in Osteuropa bei Kupon-Privatisierungen mitarbeitete. In Österreich gründete Goldscheider, Nachfahre der weltbekannten Keramik-Dynastie, die Investment-Gruppe Epic. Das Geschäftsmodell ist breit, von Finanzierungen bis zu Hotels (Valamar). Aufsehen erregte der Verkauf der ukrainischen Ukrtelecom für eine knappe Milliarde Euro an den Oligarchen Rinat Achmetov.
hodoschek.andrea@gmail.com
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