Österreicher dirigiert Air Berlin

Wolfgang Prock-Schauer: Vor "großen Herausforderungen"
Wolfgang Prock-Schauer folgt ab sofort auf Interims-Chef Hartmut Mehdorn.

Seit der Österreicher Wolfgang Prock-Schauer, 56, im Oktober bei der schwer defizitären Air Berlin im Vorstand andockte, wird er als Nachfolger des 70-jährigen Hartmut Mehdorn gehandelt. Dass der Klosterneuburger schon gestern, Montag, das Steuerruder übernahm, überraschte die Branche dann doch. Wollte Mehdorn, Ex-Boss der Deutschen Bahn, doch erst mit Jahresende 2013 aus dem Chefcockpit der Air Berlin aussteigen. Nach dem Oberösterreicher Wolfgang Mayrhuber, der etliche Jahre an der Spitze der Lufthansa stand und die Übernahme der AUA durchzog, ist Prock-Schauer der zweite Österreicher, der es in die First Class der Airline-Industrie geschafft hat.

„Fachlich ist er unbestritten. Er hat international viel Erfahrung gesammelt und ist krisenerprobt“, attestiert ihm ein langjähriger Airline-Kollege viel Kompetenz. Allerdings, „der Wolfi ist sehr nett und umgänglich, deswegen ist er in der Branche auch so beliebt. Etwas weniger Nettigkeit täte ihm vielleicht ganz gut.“

Harter Job

Die börsenotierten Berliner, die von der aufsteigenden arabischen Fluggesellschaft Etihad mit einer 29-Prozent-Beteiligung und frischem Kapital vor der Bruchlandung gerettet wurden, sind immer noch ein dringender Sanierungsfall. Prock-Schauer wird hart durchgreifen müssen und das Sparogramm mit dem bezeichnenden Projektnamen „Turbine 2013“ beschleunigen. Die Kosten sollen um 15 Prozent hinunter, Hunderte Jobs wackeln, die Flotte wird von 158 auf 138 Flugzeuge verkleinert.

Der ehemalige Bahn-Chef Mehdorn hat in den 15 Monaten als interimistischer Airline-Chef die Aktionäre zwar eher enttäuscht, doch die Hauptprobleme hat Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold zu verantworten. Der größte strategische Fehlgriff war die Übernahme des Ferienfliegers LTU und der Start in die Langstrecke. Aus der ehemaligen Low-Cost-Airline wurde ein Mischmodell mit zu hohen Kosten, das nicht aus den roten Zahlen kommt. 2011 wurde ein operatives Minus von 247 Millionen eingeflogen, das sich im Vorjahr vermutlich nicht verkleinert hat. Dazu kommen die Probleme mit der immer wieder verzögerten Eröffnung des neuen Berliner Flughafens. In Österreich übernahm Air Berlin die von Niki Lauda gegründete Billig-Airline NIKI zur Gänze und ist am heimischen Markt nach Lufthansa/AUA die Nummer zwei.

Internationale Karriere

Prock-Schauer macht Tempo. Der Veränderungsprozess müsse rasch gehen, um „Lean & Smart“ zu werden. Zu langsam verlief dem Vater dreier Kinder, der mit einer ehemaligen AUA-Mitarbeiterin verheiratet ist, seine 1981 gestartete Karriere bei der rot-weiß-roten-Fluggesellschaft. Bei der AUA war er für das Netzwerk-Management, die strategische Planung und Allianzen zuständig, zwei Mal bewarb er sich – erfolglos – um den Chefposten.

2003 wechselte er als Chief Executive Officer zur privaten indischen Jet Airways, die er an die Börse brachte und zum international vernetzten Langstrecken-Carrier ausbaute. 2006 ging er von Delhi aus das zweite Mal um den AUA-Chefsessel ins Rennen. Der damalige ÖIAG-Chef Peter Michaelis gab allerdings dem Siemens-Manager und AUA-Aufsichtsrat Alfred Ötsch den Vorzug, dessen kurze AUA-Karriere wenig erfolgreich war.

2009 holte Wolfgang Mayrhuber Prock-Schauer an die Spitze der schwer defizitären Lufthansa-Beteiligung British Midland (BMI). Über sein Verhältnis zum Konzernboss scherzte Prock-Schauer einmal vor Journalisten: „Ich bin der kleine Wolfi, und das da drüben ist der große Wolfi.“ BMI erwies sich offenbar als unsanierbar und wurde im Vorjahr an British Airways verkauft.

Treibende Kraft beim Sprung an die Air-Berlin-Spitze dürfte Etihad-Chef James Hogan gewesen sein. Er kennt Prock-Schauer gut aus Indien. Hogan war selbst einmal BMI-Chef und setzte vor Kurzem seinen Ex-BMI-Kollegen Austin Reid für den abtretenden Niki Lauda ins Board von Air Berlin.

Rot-weiß-rote Manager in deutschen Chefetagen

Der neue Air-Berlin-Boss ist einer von drei Österreichern, die derzeit im Chefsessel eines deutschen Konzerns sitzen. Der wohl mächtigste ist der 55-jährige Kärntner Peter Löscher, seit Mitte 2007 Boss des Elektroriesen Siemens. Der stockte die Riege der Österreicher unter den Top-Managern in Deutschland um Brigitte Ederer auf: Ederer ist seit 2010 Siemens-Konzernvorstand. An der Spitze von MAN steht ebenfalls ein Österreicher: Georg Pachta-Reyhofen wurde 2010 zum Chef des Lkw-Bauers gekürt. Übrigens mit tatkräftiger Hilfe des wohl mächtigsten Österreichers in der deutschen Automobilindustrie: Der MAN-Boss war Wunsch-Kandidat von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch.

Die Aufsichtsratsspitze der mächtigen Deutschen Bank ist ebenfalls rot-weiß-rot: Dort sitzt der ehemalige Allianz-Finanzvorstand Paul Achleitner.

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