Ökonom Schneider: "Mit dem Pfusch geht es uns viel besser"

Vom Pfusch leben ganze Branchen
Viele Österreicher könnten sich den Bau des Eigenheimes ohne Pfuscher gar nicht leisten.

Die Schattenwirtschaft feiert in Österreich fröhliche Urständ. Laut dem Linzer Uni-Professor Friedrich Schneider wird die Schattenwirtschaft heuer 21,35 Milliarden Euro Umsatz generieren und damit mehr als acht Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung ausmachen.

"Das ist kein Schaden, sondern eine Wertschöpfung", sagt Schneider zum KURIER. Vom Pfusch leben ganze Branchen wie die Baumärkte. Schneider hat für seine aktuelle Studie 1000 Personen befragen lassen. 70 Prozent räumten ein, dass sie Schwarzarbeiter beim Renovieren der Wohnung oder dem Hausbau beschäftigten. 20 Prozent gaben an, dass sie ihr Auto schwarz reparieren lassen. Auch die Putzfrau oder die Frisörin werden von mehr als zehn Prozent unter der Hand bezahlt. Und viele legen bei den Nachhilfestunden für ihre Sprösslinge keinen Wert auf eine Rechnung. Dem Staat und der Sozialversicherung entgehen im Jahr rund zwei Milliarden Euro an Steuern und Beiträgen. Die Regierung hat zwar der Schwarzarbeit den Kampf angesagt, doch die hohen Lohnnebenkosten sind eine wesentliche Ursache der Schattenwirtschaft.

"Ich glaube, die Politik weiß genau, dass es uns mit dem Pfusch viel besser geht", sagt Schneider. "Dass viele ein Häuschen haben, das sie ohne Pfusch nicht hätten." Nachsatz: "Die Leute haben dadurch ein Zusatzeinkommen und sie würden recht narrisch werden, wenn man ihnen das wegnimmt." Laut Schneider pfuschen zwei Drittel im Nebenerwerb. "Das ist der Fliesenleger oder der Maurer, der unter der Woche im offiziellen Job die volle Steuerlast trägt, aber am Freitagnachmittag im Pfusch arbeitet", erklärt der Ökonom. "Der sagt sich, warum soll ich das versteuern."

Starke Anreize

Schneider empfiehlt dem Bund, die Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen wie die Altbausanierung in einem begrenzten Zeitraum stark zu reduzieren oder sogar auszusetzen. "Dann würden viele sagen, ich mache das offiziell mit Rechnung", sagt Schneider. "Der Finanzminister würde keinen Cent verlieren, weil zumindest in 40 von 100 Fällen nicht mehr der Pfuscher engagiert wird."

Indes gibt es in Österreich den Handwerkerbonus. Auf Rechnungen bis zu 3000 Euro kann man 20 Prozent Förderung einstreifen. Dieser Topf ist heuer mit 20 Mio. Euro begrenzt. Laut Schneider müsste der Fördertopf aber nach oben offen sein, um seriöse Schlüsse ziehen zu können, inwieweit der Pfusch dadurch reduziert wird.

Ökonom Schneider: "Mit dem Pfusch geht es uns viel besser"

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