ÖIAG-Chef Kemler muss im Herbst 2015 gehen

Rudolf Kemler leitet die Staatsholding bis zu ihrem Umbau.
Der Vertrag von Holding-Chef Kemler wird nicht verlängert. Nachfolger gibt es noch keinen.

Den ersten Schritt in Richtung des politisch heftig umstrittenen Umbaus der ÖIAG setzte der Aufsichtsrat der Staatsholding am Donnerstag selbst. Er beendete den Vertrag von ÖIAG-Vorstand Rudolf Kemler mit 31. Oktober 2015. Einstimmig.

Kemler ersuchte – wie der KURIER bereits berichtete – den Aufsichtsrat, von der Option der Verlängerung des Vertrags bis Oktober 2017 keinen Gebrauch zu machen. Als Grund nannte er, dass die Politik offenbar wieder mehr in der Staatsholding mitreden wolle: "Das ist nicht das Umfeld, in dem ich mich betätigen wollte. Das war der Grund, die Verlängerungsoption nicht zu ziehen."

Kemlers Vertrag könnte – so Aufsichtsratschef Sigi Wolf – noch früher enden: "Wenn die Regierung beschließt, die ÖIAG in jetziger Form oder Struktur zu ändern oder aufzulösen, wird der Vertrag zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst."

Bis spätestens Frühjahr 2015 wollen ja die Koalitionsparteien aushandeln, welche Unternehmen in die ÖIAG eingegliedert werden. und wie sie künftig strukturiert wird. Außerdem will die Republik als Eigentümerin wieder selbst über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats entscheiden.

OMV- und Telekomkrise

ÖIAG-Chef Kemler muss im Herbst 2015 gehen
Gründe für einen vorzeitigen Abgang Kemlers hatte es in den vergangenen Monaten einige gegeben. Der ÖIAG-Chef hatte sich als Aufsichtsratspräsident der OMV bei der Bewältigung der Vorstandskrise und des Streits um die Strategie des Konzerns nicht eben als Krisen-Profi erwiesen. Bereits damals wurden – wie der KURIER als erstes Medium berichtete – Rufe nach seiner Ablöse laut. Der vorzeitigeAbgang von gleich drei Vorständeneinschließlich OMV-Boss Gerhard Roiss hatte der ÖIAG vor allem von seiten des neuen Finanzministers Hans Jörg Schelling heftige Kritik eingebracht. Schelling hatte den ÖIAG-Aufsichtsrat öffentlich gewarnt, Kemlers Vertrag zu verlängern.

Unter massiven Beschuss war Kemler aber bereits vorher geraten. Der Syndikatsvertrag mit dem jetzigen Mehrheitseigentümer der Telekom Austria, dem Telekomriesen America Movil, hatte heftige Kritik ausgelöst. Der mexikanische Konzern des Telekom-Milliardärs Carlos Slim übernahm die Mehrheit und die industrielle Führung der Telekom.

Kemler weist die Kritik zurück: "Ich habe mir nichts vorzuwerfen." Dass OMV-Chef Gerhard Roiss gehen muss, sei durch das Aktienrecht zwingend gewesen. Auf die Frage, ob die Öffentlichkeit die wahren Gründe für den Abgang von Roiss nicht kenne, meinte Kemler, man könne dies so sehen. Details wollte er freilich nicht nennen. Der Verkauf der TA an America Movil sei ein Erfolg.

Die Telekom wird die ÖIAG in den nächsten Jahren noch viel beschäftigen. Zwar hat es die TA im dritten Quartal operativ wieder in die Gewinnzone geschafft. In den ersten drei Quartalen freilich hat sie wegen hoher Abschreibungen bei der bulgarischen Tochter 190 Millionen Euro Verlust eingefahren. Der Umsatz der TA schrumpfte um 4,5 Prozent auf 2,99 Milliarden Euro.

Die erste Kapitalerhöhung, die bis zu eine Milliarde Euro auch für den Abbau des hohen Schuldenberges einspielen soll, kommt voraussichtlich noch heuer. Kostenpunkt für die ÖIAG, damit sie ihren Anteil von 28,4 Prozent halten kann: Gut 280 Millionen Euro.

Änderungen gibt es auch im ÖIAG-Aufsichtsrat: Wolfgang Leitner, Chef und Miteigentümer des Anlagenbauers Andritz, verlässt das Kontrollgremium der Staatsholding. Seine Begründung: Er sei erst seit kurzer Zeit dabei, aber es verändere sich derzeit so viel, darin wolle er sich nicht zu sehr vertiefen. Neue Aufsichtsratsvorsitzende werden für die Telekom und die OMV gesucht.

Wer braucht eine ÖIAG, so wie sie jetzt dasteht? Wahrscheinlich niemand. Erstens müssten in Wahrheit auch ÖBB, Asfinag und Verbund darin enthalten sein, um sie wirklich ernst zu nehmen. Zweitens ist dringend mehr Professionalität nötig. Österreichs Verstaatlichten-Holding hat sich heuer nicht mit Ruhm bekleckert. Die Aufsichtsratssitzung zum Syndikatsvertrag zwischen Telekom und America Movil geriet zur Lachnummer. Und der Rauswurf der OMV-Vorstände war nicht nur unelegant, sondern auch unverständlich teuer. Trotzdem stimmt es nicht optimistisch, dass in der ÖIAG nun wieder die Politik die Zügel übernehmen will. Als gelernter Österreicher weiß man: Normalerweise bedeutet das nichts Gutes.

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