Öffentliche Berichte als Hebel gegen Steuertricks von Konzernen

Multinationale Konzerne wie Amazon sollen gezwungen werden, ihre Umsätze und Gewinne zu veröffentlichen.
Multinationale Konzerne sollen ihre Finanzberichte veröffentlichen und so unter Druck kommen, ihre Praxis der Steuervermeidung einzubremsen.

In der Praxis sieht es oft so aus: Multinationale Konzerne verschieben ihre Milliardengewinne zu Tochtergesellschaften. Und die sind in Steueroasen oder in Ländern angesiedelt, wo nur niedrige Steuersätze gelten. In der EU machte etwa Amazon mit Luxemburg so einen Deal, oder Irland mit Apple. Durch derartige Steuervermeidungsstrategien entgehen der EU jährlich bis zu 70 Milliarden Euro an Einnahmen. Insgesamt betrage der jährliche Schaden durch "Steuervermeidung und Steuerflucht in der EU eine Billion Euro", sagt EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP).

Noch immer fehlen EU-weit die Werkzeuge, um das lukrative Umleiten von Konzerngewinnen zu unterbinden. Ein erster Schritt dahin aber könnte die Pflicht für multinationale Konzerne werden, ihre Geschäftsberichte zu veröffentlichen – ein Vorstoß der EU-Kommission, den das EU-Parlament derzeit mit aller Vehemenz vorantreibt. "Mit der länderweisen Berichterstattung sind Unternehmen gezwungen, offen zu legen, in welchem Land sie welchen Gewinn erwirtschaften und wie viele Steuern sie dort tatsächlich zahlen", schildert die Delegationsleiterin der SPÖ-Abgeordneten im EU-Parlament, Evelyn Regner. Dies, so die Hoffnung der EU-Parlamentarier, würde den Druck auf die Konzerne enorm erhöhen. Gewinne nicht zu versteuern, schade dem Image jener Großunternehmen, die jährlich Zig-Milliarden in ihre Imagepflege investierten.

Schlupflöcher

An die 6000 Unternehmen mit Jahresumsätzen ab 750 Millionen Euro wären so aufgefordert, ihre Geschäftsberichte öffentlich zu machen. "Diese Berichterstattung allein löst das Problem der Steuerschlupflöcher noch nicht" führt Karas aus, "aber es wird klar, wo die Eiterbeulen sind, die wir aufstechen müssen." Ab 2019 könnte die Vorgabe wirksam werden. Noch sperrt sich allerdings der Rat der EU-Finanzminister, darunter auch Hans-Jörg Schelling. Er erachtet eine Berichtpflicht gegenüber der Finanzverwaltung für ausreichend.

Auch aus Sicht des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac wären öffentliche Konzernberichte "ein Riesenfortschritt", meint Attac-Pressesprecher David Walch. Und die Chancen, dass der Vorstoß auch im Rat durchgehen könnte, stünden gut, zumal er nicht unter das Steuerrecht fiele und damit im Rat keine Einstimmigkeit, sondern nur eine qualifizierte Mehrheit benötige. Einziger Kritikpunkt: Bei EU-Banken ab einem Umsatz von 40 Millionen Euro gilt seit drei Jahren Berichtspflicht. "Es gibt keinen Grund, warum man bei Konzernen nicht auch ab einem Umsatz dieser Höhe und nicht erst ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro beginnen sollte", sagt Walch.

Juncker vor Ausschuss

Harte Fragen musste sich gestern Jean-Claude Juncker von EU-Abgeordneten vor dem Untersuchungsausschuss des Europaparlaments zur Panama-Affäre gefallen lassen. Steuerbetrugsvorwürfe wies der Chef EU-Kommission in Brüssel behände zurück. Als früherer, langjähriger Premier von Luxemburg sei er politisch nicht für die massive Steuerhinterziehung durch Briefkastenfirmen in seinem Heimatland verantwortlich. Vielmehr, sagte er „habe ich eine Revolution im Kampf gegen Steuerbetrug angezettelt.“ So haben man bereits den automatischen Informationsaustausch zu den Steuervorbescheiden erreicht. Bis Jahresende will die EU-Kommission auch eine aktualisierte Liste von Steuerparadiesen außerhalb der EU vorlegen.

Juncker unterstrich die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen. Dazu zähle etwa die gemeinsame Körpersteuer-Bemessungsgrundlage und die Konsolidierung der KöSt. Dies werde in zwei Stufen erfolge, sagte er. Es müsse auch daran gearbeitet werden, eine europäische Liste von Ländern zu ermöglichen, die sich nicht für den Dialog öffnen und nicht mit der EU kooperieren wollten. "Jetzt geht es darum, dass der Druck nicht nachlässt."

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