OECD warnt vor einer Dauerflaute der Weltwirtschaft

OECD warnt vor einer Dauerflaute der Weltwirtschaft
Klima, Handel, Investitionen, Digitalisierung: Nach den Notenbanken ist die Politik gefordert. Sonst gehe es weiter bergab.

Seit zwei Jahren verschlechtern sich die wirtschaftlichen Bedingungen, mit den Prognosen geht es kontinuierlich bergab.

Und das könnte so weitergehen, wenn die Politik nicht endlich entschlossen handelt, warnt OECD-Chefökonomin Laurence Boone im jüngsten Wirtschaftsausblick der Industriestaaten-Organisation mit Sitz in Paris.

Die OECD erwartet jetzt für heuer nur noch ein globales Wachstum von 2,9 Prozent. Und auch in den Folgejahren 2020 und 2021 werde das mit rund 3 Prozent kaum besser. Zum Vergleich: Das sind die schwächsten Raten seit der großen Finanzkrise von 2008/`09.

OECD warnt vor einer Dauerflaute der Weltwirtschaft

OECD-Chefökonomin Laurence Boone

Vorwurf der Untätigkeit

Einzig die Notenbanken werden vom Vorwurf, untätig geblieben zu sein, ausgenommen: "Die Zentralbanken haben die Geldpolitik zeitgerecht und entschlossen gelockert. Das hat die negativen Folgen der Handelsspannungen zumindest teilweise kompensiert und eine noch gröbere Verschlechterung der Prognosen verhindert", heißt es im aktuellen OECD-Ausblick.

Boone sorgt sich allerdings, dass es weiter bergab geht. Das sei keine zyklische Abschwächung mehr, sondern hänge mit tiefergehenden, strukturellen Faktoren zusammen.

An Herausforderungen mangelt es nicht - die Ökonomin zählt exemplarisch den Klimawandel auf, den technologischen Umbruch durch die Digitalisierung, die vielen Handelskonflikte und Strafzölle sowie die Abkehr der Weltgemeinschaft von gemeinsamen Regeln und Institutionen, welche in den 1990er-Jahren noch selbstverständlich waren.

Aufträge an die Politik

Was wäre zu tun?

  • Klimawandel

"Der Mangel an politischem Willen lastet auf den Investitionen", rügt Boone. Die Anzahl und Schwere von Extremwetter-Ereignissen nehme bereits zu. Ohne Gegensteuern werden sich die Folgen verschlimmern.

Das belaste die Wirtschaft nicht nur kurzfristig, sondern habe auch langfristige Schäden für die Produktionsfaktoren Kapital und Land zur Folge. Abgesehen davon würden sich auch chaotische Migrationsströme vervielfachen.

"Die Regierungen müssen rasch handeln: ohne klare Signale über die Richtung der CO2-Preise, über die Vorschriften und Regulierungen - und ohne öffentliche Investitionen - werden die Unternehmen ihre eigenen Investitions-Entscheidungen verschieben. Das hat schlimme Folgen für das Wachstum und die Beschäftigung", warnt Boone.

  • Digitalisierung

Geschäftsmodelle, Finanzwelt, traditionelle Wertschöpfungsketten: all das werde vom technologischen Umbruch über den Haufen geworfen. "Bisher ist nur ein kleiner Bruchteil der Unternehmen darauf vorbereitet, das große Produktivitätspotenzial der digitalen Technologien erfolgreich zu nützen."

Und auch die Arbeiterschaft benötigt Schutz und Zuwendung: Besonders Routine-Tätigkeiten würden abgelöst und ersetzt, die neue Arbeitswelt bringe zudem Beschäftigte hervor, die aus den bestehenden sozialen Netzen hinausfallen. Weiterbildung, neue soziale Absicherungsformen, intensivierte Wettbewerbspolitik und Regulierung der Datenströme seien die Gebote der Stunde.

  • Handel und Institutionen

Seit der großen Krise von 2008 hätten die zwanzig wichtigsten Volkswirtschaften (G20) in Summe 1.500 neue Handelsbeschränkungen eingeführt, kritisiert die OECD. Das geht somit weit über die maßgeblich von US-Präsident Donald Trump angestoßenen Strafzölle und die jeweilige Retourkutsche hinaus.

In den vergangenen zwei Jahren habe sich die Tendenz aber noch verschärft, so die OECD-Experten. Weil dazu in vielen Ländern noch eine Vielzahl von staatlichen Hilfen und Subventionen kommt, leidet darunter das mittelfristige Wachstum.

Der sogenannte "Multilateralismus", also die Existenz eines global verbindlichen Sets an Regeln und Institutionen, etwa für die Streitbeilegung in Handelsfragen in Form der Welthandelsorganisation (WTO), befinde sich in fortschreitender Erosion.

  • Investitionen

Die Staaten sollten das Geldausgeben nicht nur als Form des kurzfristigen Konjunkturstimulus verstehen, sondern langfristig wirksame Großprojekte angehen, fordert die OECD.

Nationale Investitionsfonds, die auf zukunftsträchtige und nachhaltige Ausgaben fokussieren, könnten Investitionschancen mit positiven Nebeneffekte für die Gesellschaft als Ganzes darstellen.

China schwächelt

Die kargen Aussichten für die Wirtschaft betreffen laut OECD vor allem jene Volkswirtschaften, die stark von Exporterfolgen abhängig sind. Das erklärt, warum für Deutschland heuer, 2020 und 2021 nur Zuwächse von 0,6 Prozent bzw. von 0,4 und 0,9 Prozent veranschlagt sind.

Für die Eurozone erwartet die OECD etwas bessere Zahlen: 1,2 Prozent für heuer und 1,1 Prozent sowie 1,2 Prozent Plus für 2020 und 2021.

Österreich soll diese Daten noch etwas übertreffen können. Die Experten prognostizieren nach heuer 1,5 Prozent Plus eine geringfügige Abschwächung auf jeweils 1,3 Prozent in den Folgejahren.

Deutlich getroffen wird vom Handelsstreit China, das zusätzlich noch seine Wirtschaft umbaut. Das Reich der Mitte, das bisher Zuwachsraten von rund 6 Prozent für nötig hielt, um soziale Unruhen zu vermeiden, muss sich auf weniger Wachstum einstellen. Die OECD rechnet für heuer mit +6,2 Prozent, aber nur noch mit 5,7 bzw. 5,5 Prozent Plus in den Jahren 2020 und 2021.

 

Kommentare