OECD-Studie: Wien hat seit 2008 Wirtschaftskraft eingebüßt

OECD-Studie: Wien hat seit 2008 Wirtschaftskraft eingebüßt
Regionen: Wiens Produktivität ist seit der Krise gesunken. Beim Einkommen liegen alle Bundesländer im besten OECD-Viertel.

Die Bundeshauptstadt Wien ist im neuesten OECD-Ranking des regionalen Wohlstandsvergleichs (Regions and Cities at a Glance 2018) deutlich zurückgefallen. Gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf büßte Wien seit dem Jahr 2000 gleich 20 Plätze ein und rutschte auf Rang 104 ab. Insgesamt hat die OECD international 329 Großstädte und Ballungsräume miteinander verglichen.

Die OECD erwähnt, dass sich in Wien die Jugendarbeitslosigkeit nachteilig entwickelt hat und inzwischen knapp über dem Schnitt der Industriestaatengemeinschaft liegt. Die Produktivität hatte in Wien 2008 einen Höchstwert erreicht und ist seit der Krise deutlich gefallen. Das dürfte auch mit dem Zuzug zusammenhängen - die Wirtschaftsleistung  ist nicht im selben Ausmaß mitgewachsen.

Sehr ausgeglichen

Das wurde prompt für politisches Kleingeld verwendet. Wiens FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus sprach am Mittwoch in einer Aussendung von „dramatischen Auswirkungen“ einer „verfehlten Zuwanderungspolitik“ der rot-grünen Stadtkoalition, die „deutlich erkennbar“ seien. Eine „unkontrollierte Massenmigration“ habe zu einem dramatischen Anstieg der Einwohnerzahl geführt, ohne dass die Bruttowertschöpfung steige.

Laut einer Sonderauswertung der OECD zählt Österreich von 30 untersuchten Ländern zu den zehn Staaten mit relativ kleinen regionalen Unterschieden bei der Wirtschaftsleistung (BIP). Zwischen 2000 und 2016 ist das BIP pro Kopf in der ärmsten Region, dem Burgenland (29.870 US-Dollar) um 20 Prozent gestiegen, während jenes in Salzburg, dem reichsten Bundesland (51.990 US-Dollar), sogar etwas zurückgegangen ist. (Der österreichweite Durchschnitt ist seit 2000 von knapp unter 40.000 auf 43.142 Dollar gestiegen).

Was das Einkommen betrifft, liegen alle neun Bundesländer unter den Top 25 Prozent der OECD-Regionen. Und auch in Sachen Lebensqualität sind sogar jene Regionen Österreichs, die am schlechtesten abschneiden, meist besser platziert als der Durchschnitt der Industriestaaten. Das betrifft beispielsweise das Einkommen pro Kopf, die Verfügbarkeit von Breitband-Datenleitungen, die Wahlbeteiligung, Lebenszufriedenheit oder Mordraten. Ausnahme: Die Luftqualität ist wegen der regional hohen Feinstaubbelastung in manchen Teilen Österreichs schlechter.

Schere schließt sich

Generell wurde nicht nur in Österreich, sondern auch in anderen europäischen Ländern wie Finnland oder Belgien sowie in Kanada, Australien und Japan die Differenz zwischen ärmeren und reicheren Regionen kleiner. In 15 von 30 Ländern schlossen die abgehängten Regionen zu den wohlhabenderen auf. Vergrößert hat sich die Kluft im Untersuchungszeitraum 2011 bis 2016 dagegen in Irland, Großbritannien, den USA und Italien.

Die größten Unterschiede bei Wohlstand und Wirtschaftsleistung gibt es im Vereinigten Königreich, in Deutschland, den USA, Frankreich und der Schweiz. Als Extrembeispiel wird angeführt: In der City of London ist die Wirtschaftsleistung pro Kopf 23-mal höher als auf der Insel Anglesey vor der Küste von Wales. Im OECD-Schnitt ist sie in der reichsten Region eines Landes pro Kopf durchschnittlich viermal so hoch wie in der ärmsten.

Als städtische Ballungsgebiete hat die OECD Räume mit zumindest 500.000 Einwohnern definiert. In diesen Gebieten wuchs die Bevölkerung im OECD-Schnitt seit 2000 um 0,75 Prozent pro Jahr - heute machen sie etwa 60 Prozent des nationalen BIP aus.

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