ÖBB: Brisantes Gutachten belastet Ex-Chefs

Schnellzug
Schwere Vorwürfe gibt es gegen Ex-ÖBB-Chef Huber und Manager. Huber bestreitet den Untreue-Verdacht.

Die Information des Aufsichtsrats über die Transaktion war nicht nur unvollständig, sondern entsprach auch nicht der Realität, da die Absicherungskomponente weder ausverhandelt noch abgeschlossen war“, heißt es im Gutachten des Sachverständigen Franz Ledochowski. Ledochowski wurde von der Staatsanwaltschaft Wien mit der Aufarbeitung der Millionen-Spekulationsverluste bei den ÖBB beauftragt. Im Ermittlungsverfahren gegen Ex-ÖBB-Chef Martin Huber und neun weitere Ex-Bahn-Manager hatte er den tatsächlichen Schaden der Bahn zu bestimmen, der durch den Erwerb von derivativen Finanzprodukten mit einem Transaktionsvolumen von fast 613 Millionen Euro im Jahr 2005 entstanden ist.

Auch musste er prüfen, ob die „17 Absicherungsvereinbarungen“ im Zusammenhang mit den Cross-Border-Leasing-Verträgen „wirtschaftlich und risikotechnisch sinnvoll waren“. Zugleich musste der Sachverständige klären, ob die Vorstände der ÖBB Holding AG den Aufsichtsrat ausreichend informiert hatten.

Huber & Co stehen im Verdacht der Untreue und falscher Angaben nach dem Aktiengesetz. Die Vorwürfe werden bestritten.

Schwere Geschütze

„Aus diesem Geschäft resultierte ein Schaden von insgesamt 285 Millionen Euro“, heißt es im 115 Seiten starken Gutachten, das dem KURIER vorliegt. „Die ursprüngliche Zielsetzung des Finanzgeschäftes war die Erzielung einer Gewinnspanne durch einen Risikotausch. Das abgeschlossene Geschäft war jedoch kein Risikotausch, sondern die einseitige Übernahme von Risiken aus dem Finanzinstrument Portfolio Credit Default Swap (PCDS) gegen Erhalt einer Prämie.“ Nachsatz: „Im Nachhinein betrachtet hätte der Schaden bei einem Ausstieg im Jahr 2005 ,nur‘ einen zweistelligen Millionenbetrag ausgemacht.“ Der Gutachter räumt aber ein, dass für Huber & Co „Verringerungsmöglichkeiten des Schadens nicht abschätzbar waren“. Denn: „Es konnte im Vorhinein nicht bekannt sein, zu welcher Schadenshöhe der Ausstieg erfolgen würde.“ Die 17 Absicherungsvereinbarungen, mit denen die Bahn den etwaigen Ausfall von Tilgungsträgern aus den Cross Border Leasing abfedern wollte, „waren aus risikotechnischer Sicht nicht sinnvoll, da nur ein Totalausfall, aber nicht das Hauptrisiko, eine Bonitätsherabstufung, versichert war.“ Ein niedrigeres Rating gehe aber in der Regel einem Konkurs voraus, meint der Experte. Auch wurde dem Aufsichtsrat offenbar erst im Nachhinein mitgeteilt, dass die Verträge über „Absicherungskomponenten“ aufgehoben und Abänderungen verhandelt werden mussten. Laut Gutachter war ein solches „spekulatives Geschäft ohne Verbindung mit dem Grundgeschäft der Genehmigung des Aufsichtsrats vorbehalten“.

„Keine Untreue“

„Für die Information des Aufsichtsrats war nicht mein Mandant, sondern der Finanzvorstand zuständig“, kontert Meinhard Novak, Anwalt von Ex-ÖBB-Chef Martin Huber. „Mein Mandant war der Ansicht, dass es um die Fortführung bestehender Verträge geht und das Risiko nicht höher wird.“ Nachsatz: „Das ist für mich keine Untreue, es war ein schlechtes Geschäft.“

ÖBB-Deal: Dreistelliger Millionen-Schaden

2005 erwarben die ÖBB von der Deutschen Bank (DB) zwecks Optimierung ihrer Finanzen ein Geschäft namens Portfolio Credit Default Swap. Volumen: 612,9 Millionen Euro. Dabei tauschten die ÖBB Finanz-Risiken mit dem Kreditrisiko des Portfolios. Dafür sollten die ÖBB Millionen-Zahlungen pro Jahr erhalten, die ÖBB bei Verlusten des Portfolios Zahlungen an die Bank leisten. Mitte 2009 betrug der prognostizierte Verlust für die ÖBB schon 466 Millionen Euro. Im schlimmsten Fall drohte überhaupt der Totalverlust. Die Bahn klagte die Bank – erfolglos. 2010 wurde der Vertrag dann im Zuge eines Vergleichs aufgelöst, die Bank erhielt 295 Millionen Euro.

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