ÖBB schieben Imbiss-Wagerl aufs Abstellgleis
Das Wagerl, das mit Speisen und Getränken durch die ÖBB-Züge geschoben wird, ist Geschichte. Mit dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember wurde es abgeschafft. Wer dann etwas zum Essen oder Trinken haben möchte, muss sich im Speisewagen etwas holen. Nur in Zügen, in denen es keine Speisewagen gibt, bleibt der Trolley erhalten. Dies betrifft jedoch nur kleinere Verbindungen und einen geringen Teil der Züge.
Zu hohe Kosten
„Während einer Zugfahrt hat der Umsatz der Trolleys durchschnittlich 110 Euro nicht überschritten“, sagt Michaela Huber, Vorständin der ÖBB Personenverkehr AG. Für jeden Euro Umsatz hätten die ÖBB zwei Euro drauflegen müssen, um die Kosten zu decken. Dazu kam der Umstand, dass durch den Transport im Wagerl die Kühlkette unterbrochen wurde und viele Produkte entsorgt werden mussten. Die Entscheidung habe also ökologische und wirtschaftliche Hintergründe.
Passagiere, die sich etwas zu essen holen, aber nicht aus Sicherheitsgründen ihr Gepäck mitnehmen wollen, werden nicht im Stich gelassen. Künftig soll es in den Zügen die Möglichkeit geben, das Gepäck anzuketten, das Schloss lässt sich durch einen Code öffnen. Ab Anfang 2020 werden sie angebracht. Im Speisewagen selber ändert sich nichts, dort werden weiterhin sämtliche Produkte angeboten, die es auch im Trolley gab, sagt Josef Donhauser, der für die ÖBB das Catering macht. Am meisten verlangt werden Wasser, Kaffee, Bier und Sandwiches.
Unberechenbar
Zug-Catering ist viel unberechenbarer als Flugzeug-Catering, sagt Huber. „Wir wissen durch die Reservierungen und aus Erfahrung, wohin jemand fährt, aber wir wissen nicht, wie viele Lebensmittel nachgefragt werden.“ Wenn eine Hobby-Fußballmannschaft mitfährt, kann der Konsum an Sandwiches und Bier deutlich höher liegen als bei einer Schulklasse.
Die Nachfrage sei sehr unterschiedlich, daher müsse man immer das gesamte Angebot mitführen. Die neuen Speisewagen seien kompakter gebaut und würden mehr Platz für die Gäste bieten. Allerdings geht der Trend laut Huber ohnehin in Richtung Essen auf dem Sitzplatz. Das gelte vor allem für die Erste- und die Business-Klasse. Dort bringen Stewards das Essen zum Tisch, die beiden Klassen könnten als fahrendes Restaurant betrachtet werden.
Änderungen gibt es auch bei den Nachtzügen. Das Angebot wird von derzeit 26 Linien auf 28 ausgebaut – die Destinationen Brüssel und Amsterdam kommen 2020 und 2021 dazu. Während die Deutsche Bahn beim Nein zu Nachtzügen bliebt, setzen die ÖBB weiter auf diese Schiene. 1,4 Millionen Kunden nutzen jährlich das Angebot, Tendenz stark steigend. Auch prominente Personen, wie die Klimaaktivistin Greta Thunberg, nutzen es. Thunberg reiste damit im Mai zum „R20 Austrian World Summit“, erst vor wenigen Tagen war sie wieder mit einem ÖBB-Nachtzug unterwegs.
Neue Nachtzüge
Gewinn werfen die Night-Jets noch nicht ab: „Wir tasten uns an die Wirtschaftlichkeit heran“, sagt Huber. Nächstes Jahr soll man in den schwarzen Zahlen sein. Die Nachfrage steige, früher sei die Zeit Anfang Dezember eine tote in den Nachtzügen gewesen, heuer seien sie voll. Man müsse früh buchen, wenn man einen Platz ergattern wolle.
Nächste Generation
Ab 2022 soll ein völlig neues Zugdesign eine neue Generation von Nachtzügen bringen. Die derzeit genutzten sind bis zu 30 Jahre alt. Für den Nachtzug spreche, dass man sich ein Hotel sparen und so viel Gepäck mitnehmen könne, wie man wolle. Außerdem würde man oft im Zentrum aussteigen. Voraussetzung für den Erfolg sei aber ein passendes Service. Eine weitere Herausforderung sei, dass der Zug nicht länger als 14 Stunden fahren und zwischen acht und neun Uhr ankommen solle. Dafür müsse man die entsprechenden Trassen finden, was in der Früh oft nicht einfach sei. Die Unterstützung durch Partnerbahnen sei hier oft wichtig.
Autozüge befinden sich dagegen auf dem Abstellgleis. Die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h passt nicht ins Konzept der schnellen Fernzüge mit 230 km/h und mehr. Außerdem werden in vielen Bahnhöfen die Verladerampen abgebaut und in neuen Bahnhöfen nicht mehr eingeplant. Die ÖBB setzen stattdessen auf ein Rail&Drive-Konzept. Reisende können für die Weiterfahrt einen Wagen mieten.
Das Reisevergnügen mit dem Zug wird in letzter Zeit allerdings öfter getrübt: Naturphänomene, etwa extrem starker Schneefall wie im Jänner dieses Jahres, oder Muren durch starken Regen wie in den vergangenen Wochen, legen Bahnstrecken lahm oder zerstören sie. „Hier kann man nur stärker in die Infrastruktur investieren, wie in Lawinen- und Murenverbauungen“, sagt Huber. Hundertprozentig werde man sich aber nie darauf vorbereiten können.
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