ÖBB: Kampf um Großauftrag spitzt sich zu

ÖBB: Kampf um Großauftrag spitzt sich zu
Siemens und Bombardier rittern um eine lukrative Großorder – die Bandagen waren selten so hart.

Der Kampf zwischen Siemens und Bombardier um eine ÖBB-Ausschreibung über 160 Reisezug-Waggons in Höhe von mehreren hundert Millionen Euro geht in die nächste Runde. Siemens hat gegen die Auftragsvergabe vor kurzem wegen Qualitätsbedenken Einspruch erhoben, das Bundesverwaltungsgericht gab dem statt.

Die Bedenken von Siemens gehen laut einem Insider aber wesentlich weiter. Demnach laufe der Ausschreibungsprozess seit Dezember 2014, kurz vor der Vergabe seien die Qualitätskriterien gesenkt worden, sodass Bombardier leichter habe mithalten können. Ein Zuschlag an Bombardier wäre fast sicher gewesen.

Neben dieser angeblichen "kurzfristigen Änderung" soll bei Siemens auch ein weiterer Punkt für Verstimmung gesorgt haben. Bei einer Vergabe an Siemens bliebe mehr Wertschöpfung in Österreich, im anderen Falle würde viel Geld an einen Bombardier-Standort in China abfließen.

Aus Branchenkreisen hört man, dass Siemens in einem Brief an die ÖBB droht, aus dem Verfahren auszusteigen: "Wir bedauern, (dass wir) zur Wahrung der Wettbewerbsgleichheit rechtliche Schritte setzen mussten, möchten aber auch festhalten, dass wir es derzeit nicht als sinnvoll erachten, bei vorliegenden Rahmenbedingungen, ein Angebot zu legen", heißt es in dem Schreiben. Das Drohpotenzial für die ÖBB: Als Alleinbieter könnte Bombardier die Preise hochfahren.

"Uns ist es wichtig, dass es reale Wertschöpfung in Österreich gibt", sagt Ronald Chodász, Geschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie. Fakt sei, dass Siemens eine deutlich größere Wertschöpfung in Wien als Bombardier habe. Es solle nicht der Geruch eines primitiven Protektionismus entstehen, doch müsse man sich fragen, ob das Geld für Züge, die von der öffentlichen Hand mitfinanziert werden, in China und nicht in der heimischen Wirtschaft landen solle.

Drohgebärden

"Das muss man in seiner Gesamtheit betrachten", sagt Chodász. Bahnbetrieb, Bestellung, Finanzierung, Industriestandort bis hin zur Ausbildung hingen eng miteinander zusammen.

Dass beide Anbieter im Fall einer Ausschreibungsniederlage immer wieder drohen, ein Werk in Wien zu schließen, hält Chodász eher für Säbelrasseln. "Ich rechne nicht damit, dass in näch-ster Zeit etwas geschlossen wird." Da würden zu viele Zulieferer, Dienstleistungen etc. daran hängen, die Politik könnte sich das nicht leisten.

"Uns ärgert, wenn nicht rüberkommt, dass auch wir in Österreich viel Wertschöpfung haben", sagt Simone Fankhauser, Pressesprecherin von Bombardier Österreich. Man habe mehr als 600 Beschäftigte in Wien und biete ein breites Portfolio. Zwar arbeite man mit chinesischen Unternehmen als Partner zusammen, man sei mit ihnen aber auch immer wieder in einer Konkurrenzsituation.

Schärfer geschossen wird von einem weiteren mit dem Verfahren Betrauten. Siemens biete ein ähnliches Modell wie den Railjet an, wolle quasi das Produkt noch einmal verkaufen. Der Alu-Kasten der Bombardier-Waggons sei leichter und würde bei gleicher Sicherheit weniger Energie verbrauchen.

Bei den ÖBB ist man über die Intensität der Auseinandersetzung überrascht. "Solche Ausschreibungen gibt es alle zwei, drei Jahre", sagt ÖBB-Sprecher Bernhard Rieder. Es sei legitim, dass der Unterlegene Einspruch erhebe, bisher seien die Entscheidungen und Ausschreibungen aber immer akzeptiert worden. Rieder betont, dass das Gericht keine inhaltliche Entscheidung getroffen, sondern das Verfahren gestoppt habe und dieses nun prüfe.

Fusion geplant

Eigentlich basteln Siemens und Bombardier schon länger an einer Zusammenlegung ihrer Bahnsparten. "Die Verhandlungen sind schon sehr weit gediehen, und in beiden Konzern geht man davon aus, dass diese Fusion erfolgreich über die Bühne gehen wird", sagt ein Insider zum KURIER. Das Match um österreichische Aufträge zwischen dem kanadischen Konzern und dem deutschen Elektro-Riesen ist schon legendär. "Siemens ist es in der Vergangenheit eher gewohnt gewesen, in Österreich oft zum Zug zu kommen", fügt der Branchenkenner hinzu. "Die werden alle Register ziehen, weil es um die Erhaltung des Österreich- Standortes geht. Die Belegschaftsvertreter haben große Sorgen. Bei der Vergabe von Großaufträgen sind Querschüsse und Anfechtungen der unterlegenen Mitbieter heute die Regel." Nachsatz: "Im beinharten Wettbewerb um Bahnaufträge wird mit scharfen Messern gekämpft, bis einer der Konkurrenten tot auf dem Boden liegt." Diese Auseinandersetzungen kosten einen Haufen Geld.

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