ÖBB-Ergebnis wieder auf Vorkrisenniveau - Passagierzahlen noch nicht

ÖBB während der COVID-19-Pandemie
Finanzvorstand Schiefer: Senkung des Schienenbenutzungsentgeltes 2021 verhinderte Gütertransport-Verlagerung auf die Straße

Die ÖBB wollen in den kommenden fünf Jahren bis 2027 insgesamt 28 Mrd. Euro in den Bahnausbau investieren. "Es geht um die Digitalisierung und die Modernisierung der Flotte, aber auch um Energiethemen", sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä am Freitag in Wien. "Eine Milliarde Euro wird in Wasserkraft, 30 neue Photovoltaikanlagen und zusätzliche Windkraft investiert." Auch Großprojekte wie der Semmeringtunnel gehören zu den Investitionen. Wann dieser fertig wird, ist derzeit offen.

"Wir brauchen eine Energiewende und diese hängt mit der Verkehrswende zusammen", sagte Matthä bei der Bilanzpressekonferenz der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vor Journalistinnen und Journalisten. Bis 2030 wolle man die Energie-Eigenproduktion um 280 Gigawattstunden Strom aus Erneuerbaren Energieträgern steigern. Das ist in etwa so viel, wie 70.000 Haushalte - so viele gibt es etwa in Klagenfurt Stadt und Land zusammen - verbrauchen, rechnete der oberste Eisenbahner vor. Derzeit errichtet bzw. erneuert werden etwa Wasserkraftwerke in Salzburg (Tauernmoos, Pinzgau) und Kärnten (Obervellach, Bezirk Spittal).

Stromproduktion verdreifacht

In den beiden vergangenen Jahren haben die ÖBB ihre Jahresstromproduktion im Solarenergiebereich immerhin auf rund 10.000 MWh verdreifacht. Dafür wurden 20 neue Photovoltaikanlagen in Betrieb genommen, somit werden insgesamt derzeit 45 Anlagen betrieben. Für heuer sind mehr als 30 Anlagen in Planung. Auch geht 2022 die weltweit erste Windkraftanlage ans Netz, die grünen Strom direkt in die Oberleitung speist. "Somit sparen wir uns auch die Netzkosten", sagte Matthä. Pilotprojekte gibt es zur Erprobung von Photovoltaikanlagen auf der Verkehrsinfrastruktur, darunter zum Beispiel Bahnsteigdächer aus Photovoltaikelementen oder beheizte Solarmodule für schneereiche Regionen.

Um solcherlei Investitionen zu tätigen, ist es laut ÖBB-Finanzvorstand Arnold Schiefer wichtig, dass die ÖBB jährlich Gewinn machen oder eine schwarze Null verzeichnen, um die Investitionen zu refinanzieren. Daher seien staatliche Zuschüsse auch sinnvoll: Denn die Refinanzierung würde teurer als der Zuschuss, schreibe man ein Minus, spielte er auf die Corona-Hilfen in Höhe von 150 Mio. Euro im Vorjahr vom Staat an, die der ÖBB das operative Ergebnis von 170 Mio. Euro mit-ermöglichten.

Gesamtschuldenstand rund 27 Mrd. Euro

Der Gesamtschuldenstand der ÖBB beträgt rund 27 Mrd. Euro, 22 Mrd. Euro entfallen aber auf die Infrastruktur, also schlussendlich den Staat. Für Infrastruktur-Invests holen sich die ÖBB die Gelder auch über die Bundesfinanzierungsagentur ÖBFA.

Teuer ist beispielsweise der Semmeringbasistunnel. Der ist für Matthä unverzichtbar für einen modernen Personen- und Güterverkehr in Europa und "einen gewaltigen Impuls für Südösterreich". Wann dieser aber fertig wird, ist derzeit offen. Der Bahnchef wollte kein Jahr der Fertigstellung nennen. Er erläuterte aber, dass man sich derzeit in Gesteinsschichten befindet wo "derzeit ein Vortrieb von 900 Metern zwei Jahre braucht". "Auf den Semmering warten wir schon hart, er wehrt sich ziemlich. Aber schlussendlich werden wir den Tunnel mehr als 100 Jahre nutzen."

 

Die Mega-Investitionen von 28 Mrd. Euro setzen sich zusammen aus knapp 19 Mrd. Euro aus dem Rahmenplan des Bundes, 6 Mrd. Euro für Infrastruktur, Kraftwerke und Immobilien, 4 Mrd. Euro für rollendes Material und 1,4 Mrd. Euro für Loks und Werkstätten, erläuterte Finanzvorstand Schiefer.

Mehr Fahrgäste als 2019

Im zweiten Coronajahr 2021 haben die ÖBB indes zwar wieder mehr Fahrgäste transportiert als 2020. An die Zahlen von 2019 (477 Mio. Fahrgäste im Nah-, Fern- und Busverkehr) kam man mit insgesamt 323 Mio. Passagieren, die ÖBB-Dienste nutzten, aber bei weitem noch nicht heran. Das operative Ergebnis (EBT) hingegen erreichte 170 Mio. Euro und überstieg auch den Wert von 2019, nicht nur jenen von 2020 (2020: 59 Mio. Euro; 2019: 169 Mio. Euro).

Beim Ergebnis mitgeholfen haben 150 Mio. Euro an verschiedenen Hilfen - ein Paket für den Personen- und Güterverkehr - wegen der Coronapandemie, hieß es auf Nachfrage bei der Bilanzpressekonferenz am Freitag. Im Jahr davor waren es noch 200 Mio. Euro gewesen. Heuer rechnet der Konzern mit einem weiteren ausgleiten der Hilfen. Auch andere Verkehrsbetriebe erhielten Coronahilfen.

"Coronapandemie aus wirtschaftlicher Sicht hinter sich gelassen"

Wirtschaftlich betrachtet habe man mit diesen Finanzzahlen die Coronapandemie hinter sich gelassen, so Matthä und Schiefer. An die Fahrgastzahlen von vor der Krise 2019 wolle man im heuer wieder aufschließen. "Das Ergebnis wird aus positiven Ergebnissen aller Konzernbereiche gespeist", betonte der ÖBB-Chef. Das Ergebnis füge sich gut in die Reihe der vergangen Jahre ein, lasse man das Corona-Krisenjahr 2020 "außen vor".

Matthä sagte man sei "wieder auf Kurs. Das sichert unsere Investitionsfähigkeit." Finanzvorstand Schiefer hob ein positives Ergebnis in allen drei Teilkonzernen (Personenverkehr, Güterverkehr und Infrastruktur) hervor.

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