Nur jede dritte Zielpunkt-Filiale erzielte Gewinn
Einen "Masterplan" vermutet Gewerkschafter Wolfgang Katzian hinter der "eigenartigen" Vorgangsweise des Zielpunkt-Managements, die gestern kurzfristig die angeschlagene Supermarkt-Kette in Konkurs schickte (der KURIER berichtete). GPA-Chef Katzian wartet jetzt darauf, dass sich der Masseverwalter die Dinge anschaut, vermutete aber im ORF-Radio, dass die Geschäftsführung unrentable oder schwierige Standorte auf Kosten der öffentlichen Hand loswerden will.
Auch Johann Kalliauer, Präsident der AK Oberösterreich, wundert sich: Noch Anfang November hieß es, die wirtschaftliche Entwicklung der Supermarktkette laufe besser als geplant. Jetzt, also nur drei Wochen später, behaupten Geschäftsführung und Eigentümer, es gebe keine Alternative zur Insolvenz.
Nur ein Drittel der Filialen warf Gewinn ab
Wie viele der 229 Zielpunkt-Filialen als Unimarkt weiter betrieben werden, ist derzeit noch ungewiss. Auch Spar und Rewe wollen die Übernahme einzelner Standorte überprüfen. Ebenso die Diskonter Hofer und Lidl, die sich auf Expansionskurs befinden. Maximal ein Drittel der Filialen lief laut Pfeiffer gewinnbringend.
Pfeiffer wehrt sich gegen Kritik
Die Zielpunkt-Mutter Pfeiffer wies die Kritik der GPA zurück. Es seien die Gewerkschafter gewesen, die Gesprächstermine wiederholt nicht wahrgenommen hätten. "Zuletzt hat es maßlos überzogene Sozialplan-Forderungen gegeben und der letzte Gesprächstermin vorige Woche wurde von der Gewerkschaft abgesagt", erklärte Erich Schönleitner seine Vorgangsweise als Geschäftsführer der Pfeiffer Holding - und er hält fest: "Zielpunkt ist hochgradig überschuldet. Das ist Faktum."
Pfeiffer: "Wir haben sehr, sehr viel Geld selbst schon in Zielpunkt versenkt"
Die Pfeiffer Handelsgruppe bezeichnete sich selbst mit Abstand als Hauptgläubiger: "Wir haben sehr, sehr viel Geld selbst schon in Zielpunkt versenkt. Wir müssen 30 Millionen Euro Forderungen abschreiben." Prinzipiell sei das Image von Zielpunkt im Keller gewesen und die Marke ramponiert - man sei im Nachhinein wohl auch zu optimistisch gewesen, habe aber an die Möglichkeit der Sanierung geglaubt.
Abverkauf in den Filialen
"Die Märkte gehen ab kommender Woche in Abverkauf. Entsprechend wird es attraktive Angebote für die Kunden geben, damit die Filialen so rasch wie möglich abverkauft sind. Dann erfolgt die Schließung." Die Hoffnung sei, dass "so bald wie möglich" neue Mieter einziehen. In den Zielpunkt-Filialen war die Pleite der Supermarktkette am Donnerstag Gesprächsthema Nummer eins bei Kunden und Angestellten (siehe Reportage).
Logistik-Mitarbeiter nach Hause geschickt
Insgesamt seien von der Zielpunkt-Insolvenz fast 3.000 Beschäftigte betroffen, erläuterte die GPA. Zu den vom Unternehmen genannten 2.500 Beschäftigten kämen nämlich noch 200 weitere, die derzeit in Karenz seien. Hinzu kommen außerdem fast 300 Mitarbeiter des Logistik-Zentrums, die heute schon nach Hause geschickt wurden.
Weihnachtsgeld erst nach Weihnachten?
Bei den Mitarbeitern geht es nach wie vor um die November-Gehälter, die nach Mitteilung des Unternehmens ja nicht mehr ausbezahlt werden sollen - und um das Weihnachtsgeld. Ab Anfang kommender Woche soll die Belegschaft in Betriebsversammlungen genau informiert werden. Die Gewerkschaft will helfen, dass die Gelder möglichst vor Ende Dezember ausbezahlt werden. „Das wird knapp“, ließ Wolfgang Pfabigan, Geschäftsführer des Insolvenz-Entgelt-Fonds, wissen. Die Forderung der FPÖ, die Regierung solle die ausstehenden November-Gehälter vorschießen, wies Sozialminister Hundstorfer zurück. "Ich darf das gar nicht tun, die Gesetzeslage ist hier eindeutig", sagte Hundstorfer in der 13-Uhr-ZiB des ORF. Niemand müsse sich aber Sorgen machen, dass er oder sie um sein/ihr Geld umfalle.
Hundstorfer warnt vor "Marktkonzentration"
Der Sozialminister sprach von einem schweren Schlag, geht aber davon aus, dass etliche Standorte von anderen Unternehmen übernommen werden und viele Zielpunkt-Mitarbeiter daher ihre Jobs behalten werden. "Im Auge behalten" will Hundstorfer die Marktverhältnisse im Lebensmitteleinzelhandel. Preiserhöhungen durch Marktkonzentration wolle man einen Riegel vorschieben.
Bio-Markt statt Billa?
Angesichts der jetzt schon hohen Konzentration am Lebensmittelmarkt (siehe Grafik), kann sich Kartellrechtsexperte Martin Oder nicht vorstellen, dass in Wien Rewe oder Spar Zielpunkt-Märkte übernehmen. Die Standorte dürften eher an kleinere Player, etwa Bio-Supermarktketten gehen. Infrage kämen je nach regionaler Situation aber auch Hofer und Lidl.
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