Das machte ein Arbeitsbesuch samt Publikumsdiskussion des Schweizer Finanzministers Ulrich Maurer (SVP) bei seinem Amtskollegen in Wien, Magnus Brunner (ÖVP), deutlich.
Die Inflation liegt bei 2,5 Prozent
Während die Teuerung in Österreich wie in der Eurozone längst die Marke von sieben Prozent übersprungen hat, liegt die Inflation in der Schweiz bei gerade einmal 2,5 Prozent. Ausschlaggebend dafür ist der starke Franken, der vor allem die Energieimporte wesentlich günstiger macht. Am starken Franken bzw. umgekehrt schwachen Euro ist aus Expertensicht die ultralockere Geldpolitik der EZB (mit)schuld. Daher häufen sich die Stimmen, die eine rasche Zinsanhebung auch in der Eurozone fordern.
Gewinn abschöpfen ist undenkbar
Wie Maurer in Wien ausführte, ist trotz der Energiekrise der Neubau von Atomkraftwerken auch in der Schweiz nicht mehrheitsfähig. Aber es werden die Laufzeiten verlängert – solange die fünf Kernkraftwerke als sicher gelten und das sind in der Regel weitere rund 20 Jahre.
Brunner musste sich in der Energie-Debatte den Vorwurf von Agenda-Austria-Chef Franz Schellhorn gefallen lassen, hierzulande Sondergewinne bei Verbund & Co abzuschöpfen, sei der völlig falsche Weg. Der Verbund solle lieber den Strom billiger anbieten. In der wirtschaftsliberalen Schweiz ist es undenkbar, dass der Staat einem börsenotierten Konzern per Gesetz einen Teil des Gewinnes entzieht. Maurer sagte: „Wir haben eine Strom-Lücke. Wir müssen die Unternehmen motivieren, dass sie mehr investieren und produzieren. Den Gewinn abzuschöpfen, ist kein gutes Signal an die Industrie.“ Brunner versprach zumindest, dass es bei einer einmaligen Aktion bleiben wird, an der Umsetzung werde aber gearbeitet.
Kalte Progression ist abgeschafft
Brunner stellt jetzt einmal mehr in Aussicht, dass die kalte Progression ab 2023 abgeschafft wird. In der Schweiz wurde das schon 2011 umgesetzt. Freilich mussten die Steuersätze bei den Eidgenossen erst ein Mal (2012) an die damals etwas höhere Inflation angepasst werden, um diese Art der schleichenden Steuererhöhung auszugleichen. Denn danach gab es für weitere zehn Jahre de facto gar keine Teuerung.
Steuern sind niedrig, Löhne dafür hoch
Was die Schweiz auch so attraktiv macht, ist das wesentlich höhere Lohnniveau bei einem gleichzeitig deutlich niedrigerem Steuerniveau. Das mittlere Bruttojahresgehalt (Medianeinkommen) lag 2020 bei 78.000 Franken (rund 74.650 Euro), in Österreich beträgt es mit rund 30.260 Euro weniger als die Hälfte. Und während sich die Kantone untereinander matchen (im Kanton Zug z. B. nur 22,35 Prozent Einkommenssteuer), ist Österreich nach der Steuerreform immer noch das viertteuerste EU-Steuerland nach Belgien, Deutschland und Frankreich, wie Schellhorn kritisiert.
Starke Unternehmen etwa bei Pharma
Die Stärke der Schweiz rührt natürlich auch von ihren Großbanken und -konzernen her. Maurer verwies auf die Pharmaindustrie, die heute 30 Prozent der Exporte trage („Kopfweh haben die Leute immer“). Unterm Strich zeigt sich, dass die Staatsverschuldung – auch dank der Schuldenbremse – in der Schweiz bei rund 28 Prozent liegt (in Österreich bei 80 Prozent).
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