Niki-Pleite: 40.000 Passagiere gestrandet

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Der Flugbetrieb ist nach der Insolvenzanmeldung komplett eingestellt. Bis zu 40.000 Passagiere sind gestrandet. Der Masseverwalter versucht noch einen Notverkauf.

Wenige Monate nach der Insolvenz der Air Berlin hat es auch deren Österreich-Tochter Niki erwischt. Nachdem ein Verkauf an die Lufthansa geplatzt ist, wurde der Flugverkehr der Niki Luftfahrt GmbH unter dem IATA-Airlinecode "HG" eingestellt. Alle Maschinen der Fluglinie bleiben seit Donnerstag am Boden.

Betroffen sind auch tausende Kunden, die einen Flug mit Niki geplant haben. Mit Einstellung des Flugbetriebs verlieren nach Angaben des Masseverwalters rund 350.000 ausgestellte und bezahlte Einzeltickets ihre Gültigkeit. Dazu kommen 410.000 über Reisebüros und -veranstalter gebuchte - aber in der Regel noch nicht ausgestellte - Tickets.

Dem Insolvenzverwalter zufolge hatten in den nächsten 14 Tagen knapp 40.000 Passagiere ihren Heimflug mit Niki geplant, von diesen hatten 15.500 selbst gebucht, die restlichen 25.500 über Reisebüros. Das Niki-Grounding kam genau zur Weihnachtsreisezeit.

Warten am Flughafen Wien

Fünf Uhr früh, Flughafen Wien, Ratlosigkeit. Um 6:00 hätte ein Niki-Flug nach Marrakesch gehen sollen, der einzige des heutigen Tages. „Ich hab gestern bemerkt, dass die Flüge nicht gehen werden“, sagt Gerhard Hackl gegenüber kurier.at. Er ist einer von vier Wartenden vor dem Niki-Check-In-Schalter, der unbesetzt bleibt. Er hat sich gestern noch bei der Hotline seines Reisebüro erkundigt, ob er überhaupt zum Flughafen fahren soll. Denn bereits gestern wurde bekannt, dass Niki den Flugbetrieb einstellt. Aber jetzt steht er hier, weil es hieß, es werde versucht, ihn umzubuchen. Aber bislang ist noch niemand aufgetaucht; vom Reisebüro nicht und von Niki auch nicht. Seit 4:30 wartet er schon.

Niki-Pleite: 40.000 Passagiere gestrandet

Sonst ist kaum jemand aufgetaucht, ein halbes Dutzend verhinderte Reisende trifft auf ungefähr genauso viele auf verhinderte Reisende wartende Journalisten. Das Gespräch unter den Wartenden schweift ab auf Niki Laudas legendäre Geizigkeit und gegen 5:30 schwindet die Hoffnung, dass aus dem verlängerten Wochenende in Marokko noch etwas wird.

Niki-Pleite: 40.000 Passagiere gestrandet

Rückholaktion geplant

Passagiere, die über einen Reiseveranstalter gebucht haben, müssen sich jetzt mit ihrem Reiseveranstalter in Verbindung setzen. Wer direkt bei Niki gebucht hat, muss noch warten, wie es weiter geht. Im Ausland gestrandete Passagiere sollen von der Konkurrenz zurückgeholt werden, der österreichische Staat hat wie berichtet entsprechende Zusagen gemacht.

Laut Niki organisieren mehrere Fluggesellschaften derzeit eine Rückholaktion auf Standby-Basis gegen ein geringes Entgelt aus dem Ausland nach Deutschland, Österreich und die Schweiz. Der Ferienflieger TUIfly "wird sich zu unserem Bedauern nicht an dieser Lösung beteiligen", schrieb Niki am Mittwochabend.

Zuvor hatte die Regierung am frühen Abend bereits zugesagt, für aktuelle Rückholungen die AUA oder andere Airlines zu beauftragen - vorerst auf Staatskosten.

Leichtfried sichert Passagieren Unterstützung zu

"Das wichtigste ist jetzt einmal, dass diese Passagierinnen und Passagiere, wo's nicht anders geht, auch nach Hause geholt werden", so Leichtfried im Ö1-Frühjournal. Es habe schon mehrere Gespräche auf Regierungsebene gegeben. "Ich bin der Meinung, das muss geschehen und ist insbesonders jetzt knapp vor Weihnachten natürlich unbedingt notwendig." Es werde mit der AUA gesprochen, "inwieweit das möglich ist". Die Umstände müssten noch geklärt werden.

Masseverwalter plant Notverkauf

Nach Insolvenz und Einstellung des Flugbetriebs der Fluglinie Niki versucht der bestellte deutsche Masseverwalter Lucas Flöther einen Notverkauf. Man versuche nun, den Geschäftsbetrieb von Niki durch einen Schnellverkauf, einen sogenannten Fire Sale, doch noch zu retten. Laut Flöther habe man "noch ein paar Tage Zeit". Der Insolvenzverwalter kündigte an, umgehend Gespräche mit infrage kommenden Investoren aufzunehmen.

GPA-Chef Wolfgang Katzian hofft auf eine Rettung. Er sagte im Ö1-Morgenjournal, es gebe nach der Insolvenz drei bis vier potenzielle Interessenten für Niki.

Die Mitarbeiter von Niki - insgesamt sind rund 790 Beschäftigte in Österreich und 210 in Deutschland von der Insolvenz betroffen - erhalten um 10.00 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat erste Infos von der Geschäftsführung. Es finde eine Mitarbeiterversammlung statt, sagte GPA-Gewerkschafter Peter Stattmann zur APA.

Chaos in Berlin-Tegel ausgeblieben

Nach der Insolvenz der heimischen Air-Berlin-Tochter Niki ist das große Chaos am Flughafen Berlin-Tegel am Donnerstagmorgen ausgeblieben. Rund zwei Dutzend Niki-Kunden waren am frühen Morgen zum Flughafen gekommen, obwohl die Airline den Flugbetrieb am Vorabend eingestellt hatte.

"Wir haben von nichts gewusst", sagte ein zorniger Familienvater, der mit Frau und Tochter in der Nacht aus Polen angereist war.

Anderen Kunden war von ihren Reisebüros geraten worden, trotz Insolvenz zum Flughafen zu fahren, um Entschädigungsansprüche geltend zu machen. "Sie haben mir gesagt, wir sollen trotzdem zum Flughafen kommen", sagte der Kunde Wolfgang Sonne aus Rathenow im deutschen Brandenburg, der mit seiner Frau in Tegel wartete. "Ich habe keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht."

1000 Jobs verloren

Schmerzhaft ist der Schritt für die Belegschaft: 1.000 Beschäftigte von Niki verlieren ihren Arbeitsplatz. Damit ist das worst-case-Szenario kurz vor Weihnachten Wirklichkeit geworden.

Am Mittwochnachmittag hatte die deutsche Lufthansa ihr Kaufangebot für obsolet erklärt. Davor hatte die EU-Kommission klargemacht, dass sie dem Deal aus Wettbewerbsgründen die Zustimmung versagen werde. Daraufhin hat die Lufthansa die im Kaufvertrag bis zum Abschluss der kartellrechtlichen Untersuchung vereinbarten Übergangszahlungen an Niki mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Damit fehlte der Niki Luftfahrt GmbH das Geld, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, auch mit der Fortbestandsprognose war es vorbei. Der Insolvenzantrag war daher alternativlos, bedauerte Niki am Abend. Von einem "nationalen Desaster für Österreich" sprach der Geschäftsführer von Niki, Oliver Lackmann.

Theodor Thanner (Bundeswettbewerbsbehörde) über Niki-Insolvenz

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