Niedrigverdiener zahlen zu viel Lohnsteuer

Es zahlt sich für Arbeitnehmer nicht aus, mehr zu arbeiten, kritisieren Wirtschaftsforscher.

Die Steuerkeule trifft Niedrigverdiener in Österreich härter als überall sonst in Europa. Der Verlauf unserer Steuersätze ähnelt eher einer chinesischen Mauer als einer Treppe: Schon ab 1191 Euro Monatseinkommen (brutto) springen Steuern und Sozialabgaben für den Arbeitnehmer von 15,6 auf 41,3 Prozent hoch. Ab 2625 Euro erreichen sie den Höchstwert von 49 Prozent.

"Das entspricht einer Flat-Tax (Einheitssteuer) auf hohem Niveau", kritisiert Wirtschaftsforscher Thomas Url. Die hohe Steuer-Eingangsstufe bei geringen Einkommen bremse das Wachstum, kritisieren die Ökonomen von ProMarktwirtschaft: Es zahle sich für Arbeitnehmer nicht aus, mehr zu arbeiten, wenn sie in die höhere Steuerklasse fallen würden. Somit bleiben sie gleich arbeitslos oder arbeiten nur Teilzeit.

Teilzeit-Boom

Das Steuersystem sei einer der Gründe, warum kaum neue Vollzeitjobs entstehen, behaupten die wirtschaftsliberalen Ökonomen. Der Teilzeit-Boom relativiert nämlich die vielfach beschworenen Beschäftigungsrekorde: Seit 2004 sind 356.000 neue Jobs entstanden. Die Zahl der Österreicher, die 36 Stunden oder mehr arbeiten, ist aber um 37.000 gesunken.

Eine zügige Steuerreform sollte deshalb für Kleinverdiener den Übergang zwischen den Steuerstufen fließend gestalten und die Sprünge ausbügeln: Eine Rampe soll den Aufstieg auf die Mauer erleichtern. Das Argument, das sei nicht leistbar, lassen die Experten nicht gelten. "Eine Steuerreform kann wachstumsfördernd wirken", sagt Finanzexperte Peter Brandner. Ideal wäre die Gegenfinanzierung über Einsparungen in der Verwaltung. Denkbar sei aber auch die volle Besteuerung des 13. und 14. Monatsgehalts – das allein würde fünf Milliarden Euro bringen.

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