Der 1. Mai ist Tag der Arbeit. Aber welche Arbeit? Hausarbeit, Heimarbeit, Hybridarbeit, Klickarbeit, systemrelevante Arbeit? Nach mehr als einem Jahr Pandemie ist die Definition von Arbeit und die Suche nach dem Sinn der Arbeit größer denn je. Die Krise hat den Arbeitsmarkt durcheinandergewirbelt. Aber was wird davon bleiben?
1. Rückkehr der Heimarbeit
Quasi über Nacht wurden für Millionen Österreicher die eigenen vier Wände zum Arbeitsplatz. Das Homeoffice wird bleiben, offen nur, in welchem Ausmaß. Laut Wifo liegt das Heimarbeitspotenzial in Österreich bei 45 Prozent aller Beschäftigten inkl. Lehrpersonal. Umfragen zufolge dürften künftig ca. eine Million Arbeitskräfte ihren Arbeitsplatz regelmäßig – zumindest fallweise – zu Hause haben. Vor allem Frauen lockt das Homeoffice. Dem Vorteil der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf steht der Nachteil der „Hausfrauisierung“ samt unbezahlter Hausarbeit gegenüber.
2. Arbeitszeit, was ist das?
Gravierende Folgen haben Digitalisierungsschub und Auflösung der Büroinfrastruktur auf die Arbeitszeit. Corona hat dem Arbeitstag seine gewohnte Struktur genommen. Beim neuen, hybriden Arbeiten mit digitalen Geräten verschwindet die Grenze zur Freizeit, bestehende Gesetze passen nicht mehr. Diese Entgrenzung wird neue Vergütungsformen hervorbringen, die nicht mehr auf Arbeitsstunden abzielen, sondern auf Leistungserbringung oder anderer Parameter.
3. Kollege Roboter, bitte übernehmen!
„Click&Collect“, erste Supermarkt-Automaten, Chat-Bots statt Berater: Die durch die Lockdowns angeheizte Automatisierung erfasst nach den Banken jetzt voll den Einzelhandel und die Dienstleister. Der Jobabbau und -umbau wird in diesen Branchen verstärkt stattfinden. Laut Prognose des Weltwirtschaftsforums werden bis 2025 Roboter weltweit 75 Millionen Jobs übernehmen. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite werden durch die Digitalisierung aber 133 Millionen neue Jobs geschaffen. Unterm Strich entstehen also mehr Arbeitsplätze als wegfallen, nur die Berufsbilder und Branchen verändern sich.
Digitales Proletariat
Gefragte Dienstleister in der Krise: Fahrradboten, Express-, Paket- und Essenszusteller, Taxidienste. Oft Einzelkämpfer ohne ordentliches Einkommen und vernünftige Arbeitsbedingungen. „Clickworker“ buhlen via Internet um Aufträge, die sie von zu Hause erledigen können. Der Billigstbieter erhält den Zuschlag. Gewerkschaften warnen vor einem neuen digitalen Proletariat, können aber immer weniger dagegen ausrichten. Die Individualisierung führt auch zur Entsolidarisierung.
Dienst am Menschen
Die Pandemie führte vor Augen, welche Berufe für das Aufrechterhalten einer Gesellschaft wirklich wichtig sind. Rund eine Million Arbeitskräfte gelten seither als systemrelevant: Ärzte, Polizei, Pflege- und Reinigungskräfte zählen ebenso dazu wie Lebensmittelverkäufer/innen, um nur einige zu nennen. Es sind Jobs, die vor allem Frauen erledigen, die zu Beginn der Pandemie als „Heldinnen“ gefeiert wurden. Angesichts der demografischen Entwicklung wird der Gesundheits- und Pflegesektor ein stark wachsender Jobmarkt bleiben. Um genug Arbeitskräfte zu finden, wird es bessere Arbeitsbedingungen brauchen. Die Digitalisierung kann diese Tätigkeiten nicht ersetzen.
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