Chip-Krise: Muss die Autoindustrie wegen Nexperia zittern?

Zusammenfassung
- Lieferprobleme beim niederländischen Chiphersteller Nexperia führen zu Engpässen bei deutschen Autobauern, ausgelöst durch geopolitische Spannungen zwischen China, den USA und Europa.
- VW bestreitet einen direkten Zusammenhang zwischen Produktionspausen und Nexperia-Lieferengpässen, schließt aber kurzfristige Auswirkungen nicht aus.
- Auto-Expertin warnt vor ernsthafter Lage, da schnelle Umstellung auf andere Lieferanten schwierig ist und diplomatische Lösungen gefordert sind.
Seit September 2025 hat die niederländische Regierung die Kontrolle über den Chiphersteller Nexperia übernommen. Dieser gehört einem chinesischen Konzern. Die Regierung begründete den Schritt mit niederländischen und europäischen Sicherheitsinteressen. Inzwischen ist klar: Auch die USA haben Druck gemacht, weil der betreffende chinesische Konzern auf der US-Sanktionsliste steht.
Daraufhin belegte China Nexperia Anfang Oktober mit einem Exportverbot für bestimmte Bauteile. Laut dem Branchenverband VDA erhielten Automobilhersteller und Zulieferer am 10. Oktober eine Mitteilung des Unternehmens, in der es hieß, dass dieses die Belieferung mit Chips "nicht mehr in Gänze gewährleisten" könne.
Europa zwischen China und den USA
Dies zwingt nun die deutsche Autoindustrie in die Knie, denn die EU scheint mitten im Handelskrieg zwischen China und den USA zu stecken. Laut Handelsexperte Harald Oberhofer vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo sei es wichtig, den Konflikt nicht weiter hochschaukeln zu lassen.
"Automobile sind in Europa für die Industrie essenziell, und da hängen sehr viele Arbeitsplätze und Wertschöpfung dran. Wir müssen schauen, das irgendwie konstruktiv zu lösen, weil sonst möglicherweise der Schaden, den wir haben, zu groß wird", sagt der Experte im Ö1-Morgenjournal.
Was macht VW?
VW lässt in Wolfsburg die Produktion zeitweise ruhen, weist aber einen Zusammenhang mit den Lieferengpässen bei Nexperia zurück. "Im Rahmen einer vorgesehenen Inventurmaßnahme auf den Fertigungslinien der Modelle Golf und Tiguan im Werk Wolfsburg, wird am kommenden Freitag, 24. Oktober, die Produktion temporär ruhen", sagte ein Sprecher.
In der Woche darauf solle die Fertigung im Regelbetrieb wieder aufgenommen werden. "Etwaige Auswirkungen aufgrund eines möglichen Engpasses bei der Verfügbarkeit von Bauteilen stehen mit der Inventurmaßnahme in keinem Zusammenhang", so der Sprecher weiter.
Zuvor hatte die Bild berichtet, VW habe einen Produktionsstopp wegen Nexperia verhängt. Laut VW ist Nexperia zwar kein direkter Lieferant des Konzerns. Einige Nexperia-Bauteile würden allerdings "in unseren Fahrzeug-Komponenten verwendet, mit denen uns unsere direkten Lieferanten versorgen."
Aber: Die Lage sei dynamisch. Und: Auswirkungen auf die Produktion könnten kurzfristig "nicht ausgeschlossen" werden, ergänzte der Sprecher.
Expertin: "Die Lage ist ernst"
Laut Auto-Expertin Beatrix Keim, die am Center of Automotive Research (CAR) in Duisburg tätig ist, sei die Lage ernst. "Es ist keine Hochtechnologie, aber die Chips sind nun mal in fast allen europäischen Herstellern und in Amerika auch verbaut. Insofern fehlen sie dann eben einfach in den Teilen an sich. Sehr schnell auf andere Lieferanten umzuschwenken, ist nicht möglich, da es ja auch um Produktionsplanung geht", so Keim im Morgenjournal.
Für Keim müsste es hier eine geopolitische, diplomatische Lösung geben. Die Expertin zieht einen Vergleich zur Corona-Krise, als in China die Produktionskapazitäten heruntergefahren worden sind, da es keine Möglichkeiten gab, die Menschen in den Fabriken zu beschäftigen. Nun sei die Lage anders – hier gehe es um einen "Schuss vor den Bug" seitens Chinas: quasi ein Zeichen, dass man es sich nicht gefallen lässt und dass man ins Gespräch kommen möchte.
Laut Keim sind die Niederlande und damit auch Europa zwischen die Stühle der USA mit ihren Sicherheitsinteressen und den wirtschaftlichen Interessen Chinas geraten. Laut Keim könnten Lieferverzögerungen entstehen, sollte es zu einem Produktionsstopp kommen. Die Automobilhersteller stehen jedoch hierbei täglich mit ihren Lieferanten und Zulieferern in Austausch, so die Expertin.
Nexperia liefert wieder Chips an chinesische Kunden
Die chinesische Tochter des niederländischen Chipherstellers Nexperia darf Insidern zufolge ihre Lieferungen an Kunden aus der Volksrepublik wieder aufnehmen. Die Bedingung der dortigen Behörden sei jedoch, Geschäfte künftig ausschließlich in Yuan statt wie bisher in US-Dollar abzuwickeln, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen am Donnerstag. Damit solle der China-Ableger offenbar unabhängiger vom niederländischen Mutterkonzern gemacht werden.
Nexperia wollte sich zu diesem Thema nicht äußern, warnte aber vor möglichen Qualitätsproblemen bei Produkten aus dem chinesischen Werk.
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