Neue Drohnen: "Luftangriff" aus Oberösterreich

Derzeit noch Fiktion – Ende 2015 in Produktion: Eine turbinenbetriebene 200-Kilogramm-Drohne mit acht Metern Flügelspannweite. Kostenpunkt: rund 900.000 Euro.
Bis zu 24 Stunden fliegen soll ein neu entwickeltes Gerät aus Oberösterreich.

Schon als kleiner Bub wollte Johannes Reiter Flugzeugkonstrukteur werden. "Meine Eltern haben eine Landwirtschaft, deshalb musste ich als Kind öfters auf dem Feld mithelfen. Wenn ein Flugzeug über uns geflogen ist, wurde die Arbeit meistens kurz unterbrochen – weil auch mein Vater dem Flugzeug nachgeschaut hat", blickt der mittlerweile 32-Jährige auf die Anfänge seiner Leidenschaft zurück. Heute baut er im oberösterreichischen Laakirchen nahe Gmunden unbemannte Fluggeräte, umgangssprachlich besser bekannt als Drohnen.

Nach der HTL für Landmaschinenbau in Wieselburg folgte ein Luftfahrt-Studium in Graz. Der berufliche Werdegang führte ihn unter anderem zu Eurocopter (mittlerweile Airbus Helicopters), einem der größten Hubschrauber-Hersteller weltweit. 2009 kam ihm schließlich jene Geschäftsidee, die heute sein Leben bestimmt. "Es gibt eigentlich nichts anderes mehr – ich war die letzten drei Jahre nicht mehr Schwimmen", illustriert Reiter seine mangelnde Freizeit. 2011 gründete er die Firma Aerie – englisch für Adlerhorst. Die Fluggeräte tragen passend dazu Namen von Vögeln.

Neue Drohnen: "Luftangriff" aus Oberösterreich
Johannes Reiter
Einzigartig ist die Senkrechtstart-Technologie. Die beiden Flügel fungieren beim Start zunächst als Rotorblätter, im Flug dann als Tragflächen – gewissermaßen eine Kombination aus Hubschrauber und Flugzeug, die die Vorteile beider Fluggeräte vereint. Bis zu 24 Stunden können sich die Drohnen durchgehend in der Luft halten. "Das ist drei Mal so lange, wie alle auf dem Markt befindlichen unbemannten Fluggeräte schaffen." Der Antrieb erfolgt mittels Verbrennungsmotor. Etwa einen halben Liter Benzin pro Stunde verbraucht der Motor während des Flugs. Zwei verschiedene Modelle dieser Bauart stehen zum Verkauf, bis Ende nächsten Jahres sollen zwei weitere folgen. Das Auftragsvolumen für die nächsten Monate betrage an die fünf Millionen Euro.

Aerie beschränkt sich mit seinen Drohnen auf zivile Anwendungen – anders als der global etablierte Hersteller Schiebel aus Wien, der auch Aufträge für Streitkräfte erfüllt. Da die militärische Verwendung von Drohnen nicht zuletzt durch den waffengestützten Einsatz in der amerikanischen Kriegsführung ins Zwielicht geraten ist, will sich Schiebel künftig stärker auf den zivilen Bereich konzentrieren – etwa für die Erdöl- oder die Filmindustrie.

Die Geräte von Aerie können nach Reiters Vorstellungen beispielsweise nach Bränden oder Chemieunfällen für das Aufspüren von Giftstoffen in der Luft eingesetzt werden. Oder für großräumige Suchaktionen in schwer zugänglichem Gelände, etwa durch die Bergrettung. Bei der Paketzustellung über den Luftweg, wie es Amazon künftig anstrebt, wolle man ebenfalls experimentieren, sagt Reiter.

Spionage aus Amerika

Durchgehende Flugzeiten bis zu 24 Stunden sind für militärische Operationen von großem Interesse. In den USA ist kürzlich eine offensichtliche Kopie einer Aerie-Drohne auf dem Markt aufgetaucht. Auftraggeber ist das US-Militär. Wie das Konkurrenz-Unternehmen dabei vorgegangen ist, weiß Reiter nicht. Der Schutz vor Industrie- und Wirtschaftsspionage ist jedenfalls eine unerlässliche Maßnahme in der Branche. Jede Anfrage wird daher sorgfältig überprüft. "Verdächtig sind zum Beispiel Kontaktaufnahmen mit jüngeren, unerfahreneren Mitarbeitern." Rivalisierende Unternehmen würden ihre Produkte durch neue Mitbewerber gefährdet sehen – und zum Teil mit Einschüchterung reagieren.

Dass der Oberösterreicher nun doch keine Flugzeuge konstruiert, hat strategische Gründe. "Wir haben den Markt nicht erschlossen, weil Drohnen gerade so gefragt sind, sondern weil wir eine Nische vorgefunden haben." Für bemannte Fluggeräte sei der Markt dermaßen umkämpft, dass ein Neueinsteiger kaum Überlebenschancen habe, erklärt Reiter.

Bei der Ausspähung von Unternehmen wird zwischen Industrie- (durch Mitbewerber) und Wirtschaftsspionage (von ausländischen, staatlich gelenkten Nachrichtendiensten) unterschieden.

Eine kürzlich vom Beratungsunternehmen Corporate Trust veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass jedes zweite österreichische Unternehmen in den vergangenen beiden Jahren Opfer von Spionage war. Die meisten Bespitzelungen finden demnach in der Automobil-, Luftfahrzeug-, Schiffs- und Maschinenbaubranche statt. Knapp ein Fünftel der Fälle entfallen auf diese Bereiche. Den jährlich entstehenden Schaden für die österreichische Wirtschaft schätzt Corporate Trust auf bis zu 1,6 Milliarden Euro.

Für realistisch hält diese Größenordnung Burkhard Neumayer, Geschäftsführer von Risma Management. Das Unternehmen bietet Schulungen zur Spionageabwehr an. Die Methoden, um an Informationen zu kommen, sind vielfältig. „Es gibt hier eine unendliche Kreativität“, sagt Neumayer. Der überwiegende Teil der Spionageaktivitäten geschehe über IT-Einrichtungen. „Die präventivste aller Maßnahmen ist daher die IT-Sicherheit. Dann kommen Schulungen und Verhaltensanweisungen für Mitarbeiter.“ Präparierte Kugelschreiber und Krawattennadeln mit Kameras oder Wanzen kommen bei zwischenmenschlichen Ausspähungsversuchen und in Produktionsstätten zum Einsatz. Was an Szenen aus einem Agentenfilm erinnert, sei gelebte Praxis, sagt der Experte.

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