Nationalbank-Vize Haber gibt Entwarnung bei Inflation
Die Inflation in Europa steigt derzeit so rasch an wie seit Jahrzehnten nicht mehr, mittlerweile liegt sie deutlich über den von der EZB angestrebten zwei Prozent. Für den Vizegouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Gottfried Haber, ist jedoch Angst vor einer großen Inflation derzeit nicht gerechtfertigt. Denn es stehe nicht notwendigerweise die aktuelle Teuerungsrate, sondern vielmehr die Frage nach der Langlebigkeit der Dynamik im Vordergrund.
Als Konsument habe man derzeit zwar "den Eindruck, dass es einen Inflationsdruck gibt," so Haber am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. Es gebe derzeit einige Preistreiber wie die stockenden Lieferketten bei gleichzeitig steigender Nachfrage - beispielsweise bei Baustoffen - oder den wieder anziehenden Tourismus nach den Lockdowns im Vorjahr. Auch die befristet gesenkte Mehrwertsteuer in der größten Volkswirtschaft der EU, Deutschland, sei ein europaweit preistreibender Faktor.
Die Frage sei jedoch, wie nachhaltig diese Faktoren seien. "Die eigentlich überraschende Antwort - wenn man es anders spürt emotional - ist: Sehr viele dieser Komponenten sind temporäre Preisanstiege und Basiseffekte," sagte Haber. Es seien also Effekte, bei denen man davon ausgehen könne, dass sie die mittelfristige Inflationserwartung nicht maßgeblich nach oben treiben.
"Keine Angst vor großer Inflation, das wäre derzeit nicht gerechtfertigt", empfiehlt Haber. Ein gewisses Anziehen der mittelfristigen Inflationstendenzen sei zwar feststellbar, allerdings nicht in dem zur Zeit sichtbaren starken Ausmaß. Die EZB sowie die OeNB würden die Entwicklung aber weiterhin kritisch beobachten. Derzeit seien aus Sicht der EZB die mittelfristigen Inflationserwartungen noch nicht über das Zwei-Prozent-Ziel gestiegen, sollten sich die preistreibenden Komponenten und damit die Erwartungen jedoch verändern, müsse über eine Anpassung der Geldpolitik durchaus diskutiert werden.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel hatte bereits am gestrigen Montag vor den Folgen einer voreiligen Reaktion der EZB auf die erhöhte Inflation gewarnt. "Eine verfrühte Straffung der Geldpolitik in Reaktion auf einen vorübergehenden Inflationsanstieg wäre Gift für den derzeitigen Aufschwung und würde gerade denen noch mehr schaden, die auch unter dem jetzigen Inflationsanstieg leiden", hatte Schnabel gesagt.
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