Nächstes Sparpaket für die Griechen

Nächstes Sparpaket für die Griechen
Vor dem Parlament tobten Straßenschlachten, drinnen verabschiedeten die Abgeordneten das drastische Sparpaket.

Jeden Morgen das gleiche Bild: Mit Tüchern vor Mund und Nase kehren die Kaffeehausbesitzer in Athens Innenstadt die Scherben und Ascheberge vor ihren Lokalen weg. Nach zwei Tagen Generalstreik mit schweren Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Polizei hängt das beißende Tränengas noch immer in den Gassen. Auch am Donnerstag war es wieder zu heftigen Krawallen gekommen, junge Männer in schwarzen Kaputzenpullovern droschen mit Holzstöcken auf Schaufenster ein und warfen mit Steinen gegen die Polizisten. Dabei wurden mindestens vierzig Menschen verletzt, ein Mann offenbar so schwer, dass er später im Spital starb.

Sprechchöre

Schon am Vormittag waren die Gewerkschaftsverbände in Richtung Syntagma-Platz marschiert. Dort, wo das Parlament seinen Sitz hat, wollten sie so viel Druck wie möglich machen, um die letzte Lesung des neuen Sparpaketes doch noch zu verhindern. "Wir haben diese Regierung nicht gewählt, damit sie uns arm macht", schimpft Giorgis Pastra.

Der Gemeindebedienstete eines kleines Dorfes nahe Athen hat sich trotz des Streiks aller öffentlichen Transportmittel in die Hauptstadt aufgemacht, um hier seiner Wut "auf diese ganze Plutokratie (Herrschaft der Reichen) " Luft zu machen. Zwei Lohnkürzungen hat Patras schon hinter sich. Nach Verabschiedung des neuen Reformpakets werden ihm wie allen anderen Staatsdienern neuerlich 20 Prozent des Monatseinkommens gekürzt. Pensionisten müssen mit Einschnitten von 20 bis zu 40 Prozent rechnen. Besonders die Bezieher niedriger Löhne trifft dies hart, zumal auch die Preise für Alltagsgüter nach einer Serie von Steuererhöhungen in die Höhe schnalzten und deutlich über österreichischem Niveau liegen.

Zusätzliches Ungemach flatterte den Griechen in den vergangenen Wochen mit der Stromrechnung ins Haus. Mit ihr kam die Vorlage zur neuen Immobiliensteuer. Wer sie nicht binnen vier Wochen zahlt, dem wird kurzerhand der Strom abgedreht.

Steuersünder

Doch trotz der größten Proteste, die Griechenland seit fast 40 Jahren erlebt, hatte das Parlament keine Wahl: Donnerstagabend verabschiedeten die Abgeordneten mit knapper Mehrheit das Reformpaket. Es ist eine Voraussetzung für die nächste Geldspritze der EU. Ohne diese wäre Hellas binnen Wochen bankrott. Alle Appelle der sozialistischen PASOK-Regierung, die Krise gemeinsam zu meistern, prallten an den Demonstranten ab. "Wir kämpfen die Schlacht aller Schlachten", rang Finanzminister Venizelos um Verständnis.

Als Zeichen einer neuen Transparenz liegt seit gestern im Parlament eine Liste von 2495 Steuersündern auf, die Geld ins Ausland geschafft oder dem Staat hohe Summen vorenthalten haben. 40 Griechen schulden dem Fiskus mehr als 100 Millionen Euro, die höchste einzelne Steuerschuld beläuft sich auf sagenhafte 636 Millionen. Die Namen sollen demnächst veröffentlicht werden.

Junge wandern aus

Evgenia besänftig das nicht. Die junge Krankenschwester ist seit einem Jahr arbeitslos und völlig verzweifelt: "Ich habe überhaupt keine Zukunft hier, ich möchte am liebsten auswandern", schimpft sie, während sie an ihrem Mundschutz nestelt. 80.000 junge Griechen haben das Land angesichts ihrer aussichtslosen Lage bereits verlassen - die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 40 Prozent.

Auch Gregory Mitsacopoulos bestätigt, wie schwierig die Lage geworden ist. "Früher dachten die Jungen, mit einem Universitäts-Diplom haben sie die Garantie für einen Job. Vor drei Jahren hätte keiner von ihnen je für ein Call-Center gearbeitet", schildert der Chef der Job-Vermittlungsagentur Trenkwalder Job Centres in Athen. "Das ist heute vorbei. Die Leute nehmen jetzt jeden Job."

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